Es ist Donnerstag, 20.20 Uhr. Ich fahre mit dem Auto auf der Bundesstraße 85 Richtung Kulmbach, es ist kaum Verkehr. An der ersten großen Kreuzung zeigt die Ampel Rot. Ich bin der Einzige, eigentlich ...
Es ist Donnerstag, 20.20 Uhr. Ich fahre mit dem Auto auf der Bundesstraße 85 Richtung Kulmbach, es ist kaum Verkehr. An der ersten großen Kreuzung zeigt die Ampel Rot. Ich bin der Einzige, eigentlich bräuchte es sie nicht und auch keine weiteren Verkehrsschilder in die Innenstadt, überall Leere. Überall Vorfahrt. Es hat etwas Gespenstiges, so als wäre Fliegeralarm zu Kriegszeiten.
Ich stelle das Auto am Holzmarkt ab, hole das Fahrrad raus und drehe eine langsame Runde durchs Zentrum der Bierstadt. Mit Stops, um die Wirkung zu spüren, das Ungewohnte, das einen fast ein bisschen Angst macht. Am Döner-Verkaufsstand, bis 22 Uhr offen, eine junge Dame, sie hat noch Hunger, bleibt im Abstand zum Verkäufer, kein Wort zuviel, die Bestellung und "Tschüß".
Ob noch einer kommt?
Warten auf den nächsten Kunden. Ob überhaupt noch einer kommt? Wer weiß ?
Die Rathausuhr schlägt neun Mal, ich sitze länger auf der Bank vor dem "Sanremo", keine Menschenseele, keiner, der einen Hund spazieren führt, keine Katze läuft über den Weg. Ein Hermes-Lieferauto und ein Pizza-Service unterbrechen die Stille, die Plassenburg steht da wie immer, matt angeleuchtet. Vereinshaus und Rathaus in vollem Lichterglanz.
Aber etwas ist anders. Wenn man von Corona nichts wüsste, würde man es einen paradiesischen Zustand nennen. Keine Abgase, keinerlei Verkehrslärm mehr, ein undefinierbares Nichts. Ein leichter Luftzug fährt über das Haar, es bewegt sich doch was. Selbst wenn mal ein Auto kommt, es hat ein anderes Tempo als gewohnt, fährt fast flüsternd , als wollte es die Stille nicht stören. Ein trügerischer Friede.
Dann gegen Zehn, auf demWeg in die Obere Stadt, zur Kirche Unsere Liebe Frau und zurück zum Holzmarkt. Eine Mutter mit kleiner Tochter und zwei winzigen Hunden, ein Mann, der nur kurz frische Luft schnappen will - und im nötigen Abstand ein längeres, nettes Gespräch mit einem, der schnell draußen eine raucht.
Einsteigen ins Auto und heim, die Kilometer werden wie auf einer Einbahnstraße abgespult.