Ein Ständchen zum 100.

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Anna Lindner (vorne mit Urkunde) im Kreis der Familie zusammen mit Oberbürgermeister Henry Schramm (rechts neben ihr) und Landrat Klaus Peter Söllner (Mitte, stehend) Foto: Horst Wunner
Anna Lindner (vorne mit Urkunde) im Kreis der Familie zusammen mit Oberbürgermeister Henry Schramm (rechts neben ihr) und Landrat Klaus Peter Söllner (Mitte, stehend) Foto: Horst Wunner

Man muss schon zweimal hinschauen, um es zu begreifen: Diese Dame soll schon 100 Jahre alt sein? Anna Lindner feierte dieses außergewöhnliche Ereignis in einer Weise, die staunen ließ: bei guter Gesun...

Man muss schon zweimal hinschauen, um es zu begreifen: Diese Dame soll schon 100 Jahre alt sein? Anna Lindner feierte dieses außergewöhnliche Ereignis in einer Weise, die staunen ließ: bei guter Gesundheit, einer noch ungemein geistigen Vitalität und einer verblüffenden Aufgeschlossenheit.

Ihr wacher Blick und ihr liebenswürdiges Wesen nehmen einen sofort gefangen, die Jubilarin kann mit einem reichen Schatz an Erinnerungen aufwarten. Und mit einem Zahlengedächtnis wie ein Computer. Wie's früher war ? Auf diese Frage antwortet die 100-Jährige schnell: "Mein Leben prägten viel Arbeit und manchmal große Sorgen, aber ich habe auch viele schöne Seiten kennengelernt." Vor allem sei sie bisher von guten Menschen begleitet worden und sie freue sich, dass sie immer noch im eigenen Haus wohnen kann. Tochter Ingrid und Schwiegersohn Werner kümmern sich liebevoll um sie. "Was Schöneres im hohen Alter gibt es nicht", fügte sie an.

Die Jubilarin hatte ihre glücklichste Zeit im Bayernwerk Melkendorf, denn dort arbeitete ihr Mann Karl von 1943 bis 1982 als Schaltwärter. "Wir hatten einen großen Gemüsegarten mit Obstbäumen, das war einfach herrlich." 1961 konnten sich beide einen Herzenswunsch erfüllen und in Kulmbach ein eigenes Haus bauen. Ein bisschen nachdenklich wird die gebürtige Gundersreutherin, als sie auf Karl zu sprechen kommt. "Schwer verwundet kehrte er aus dem Zweiten Weltkrieg zurück, wir haben jedoch die nicht leichte Zukunft gemeinsam gemeistert." Dabei half ihr sehr ihr Arbeitsfleiß. Erst in der kleinen, elterlichen Landwirtschaft und in der Mainleuser Spinnerei, später als Heimarbeiterin und Gärtnerin im Gartenbaubetrieb Herzog. Dort war sie noch bis zum 75. Lebensjahr tätig, eben immer emsig.

Was ihr aktuell am Leben gefällt: Zeitunglesen - die Bayerische Rundschau ist seit 80 Jahren ihre tägliche Lektüre - , ab und zu ein kleiner Spaziergang und wenn Verwandtschaft und Freunde zu Besuch kommen. Das Essen und Trinken schmeckt auch und die Tasse Kaffee.

Dass sie einmal hundert werden würde, habe sie nie gedacht. Dabei hält sie ein bisschen inne und schmunzelt: "Ich muss die Gene von der Mutter haben, die wurde 96."

Neben den vielen Verwandten und Freunden, die zum Ehrentag kamen, gehörten auch Sohn Manfred, Tochter Ingrid, die beiden Enkel Ute und Jens sowie die Urenkelkinder Mina und Franz zu den Gratulanten. Auch Oberbürgermeister Henry Schramm war gekommen. "Ich habe selten eine so fitte 100-Jährige getroffen", sagte er. Und Landrat Klaus Peter Söllner ergänzte: "Es ist eine Gnade Gottes, in dieser Verfassung so alt zu werden."

Ein Schlaglicht auf den Lebensmut von Anna Lindner wirft noch eine Episode aus dem Jahr 2019. Als sie in der Kommunbräu ihren 99. feierte, sagte sie damals zu "Telstars"-Altmeister Peter Stübinger, dass er ihr zum 100. sicher ein Ständchen spielen werde. Das machte Stübinger - und die Jubilarin klatschte dazu. Horst Wunner