Was geschah wirklich bei jenen Vorfällen, die einem Ex-Polizeibeamten als Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und Körperverletzung zur Last gelegt werden? Der...
Was geschah wirklich bei jenen Vorfällen, die einem Ex-Polizeibeamten als Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und Körperverletzung zur Last gelegt werden? Der 55-jährige Angeklagte aus dem Landkreis Kronach hat wohl mehrere sexuelle Bekanntschaften gleichzeitig gepflegt und zum Kennenlernen der Frauen seinen Status als Polizist genutzt. Viele seiner Ex-Frauen und Freundinnen hatten Angst vor ihm. Er wurde als dominant und aufbrausend geschildert und war das wohl ebenso im Privaten wie auch im Dienst. Da allerdings sei er auch ein zuverlässiger Kollege gewesen. Das ist das vorläufige Ergebnis von zahlreichen Zeugenaussagen im Lauf von sechs Verhandlungstagen.
Die Vorwürfe wiegen schwer: Die Staatsanwaltschaft listet in ihrer Anklageschrift vom 18. Juli 2017 Vergehen wie Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und vorsätzliche Körperverletzung auf. Das Landgericht Coburg hat es nicht leicht mit der Aufgabe, die Wahrheit herauszufinden. Viel zu viel Dubioses und Verworrenes ist mit im Spiel.
Sicher ist: Die Frauen waren eifersüchtig und intrigierten fleißig mit- und gegeneinander. Ob die dritte Ehefrau, die als Nebenklägerin auftritt, aber wirklich so weit gehen würde, den 55-Jährigen aufgrund von Geldforderungen mit falschen Aussagen ins Gefängnis bringen zu wollen, wie es in Aufzeichnungen der Mutter und einer Zeugenaussage anklang, muss das Gericht ergründen. Tatsache ist, dass die Vorwürfe von sexuellen und tätlichen Übergriffen nicht nur von der dritten Ehefrau stammen, sondern auch von deren Sohn und einer weiteren Frau.
In einem Kalender soll die Mutter des Angeklagten das Wort "Falschaussage" in Zusammenhang mit der dritten Ehefrau des Angeklagten notiert haben. Außerdem bringen Eintragungen den Verteidiger des 55-Jährigen ins Spiel, sowie eine Ärztin der dritten Ehefrau, die wiederum einer weiteren Freundin telefonisch zu einer Anzeige geraten haben soll.
Der Anwalt hat bereits angeboten, im Bedarfsfall als Zeuge zur Verfügung zu stehen. Was sich im Einzelnen wirklich abgespielt hat, bleibt der Öffentlichkeit vorläufig noch verborgen.
Eine der Zeuginnen belog augenscheinlich auch einen Journalisten, der sie interviewt hatte - die Behauptungen der Frau tauchten anschließend in diversen Zeitungsberichten auf und wurden vom Vorsitzenden Richter verlesen. Darin war von einem "Sheriff mit Dackelblick" und einer "roten Couch" die Rede. Während jene Frau im Zeugenstand berichtete, freiwilligen Sex mit dem Angeklagten gehabt zu haben, erklärte ein Zeuge, der am Montag aussagte, das Gegenteil. Er sei ein Freund von ihr, erklärte er, und sie habe ihm erzählt, von dem Angeklagten ab und zu zum Sex "genötigt" worden zu sein. Aus Angst habe sie mitgemacht.
"Position ausgenutzt"
Der Mann hatte den Eindruck, dass der ehemalige Polizist seine Position ausgenutzt habe. Einmal sei der Angeklagte mit "erhobenen Fäusten" auf ihn losgegangen. Deshalb habe er bei der Polizeidienststelle Kronach eine Dienstaufsichtsbeschwerde abgegeben. Diese habe er jedoch auf Bitte des Vorgesetzten hin wieder zurückgezogen.
Das Gericht interessierte vor allem die Frage nach den Unterhaltsforderungen der dritten Ehefrau.
Der Prozess wird fortgesetzt.