Es gibt drei neue Feldgeschworene in Herzogenaurach. Um dieses Amt ranken sich viele Mythen. Dabei ist es zunächst einmal eine wichtige Aufgabe, bei der es vor allem um Grundstücksgrößen geht.
Michael Busch
Selbstbewusst sind die drei "Frischlinge" auf alle Fälle. "Klar kennt man uns", meinen Adam Neubauer, Heinrich Hußenether und Baptist Lunz unisono. Sie meinen sich nicht wirklich als Person, obwohl die Drei in Herzogenaurach durchaus bekannt sind. Deswegen weiß man auch, dass "Frischlinge" nicht ganz zu trifft. Denn mit 67, 63 und 60 Jahren sind die Herren "der Jugend entwachsen".
Doch in der Gilde, in der sie nun per Vereidigung aufgenommen wurden, sind sie nun Neulinge. Im Rathaus wurden sie nach erfolgter Wahl als Feldgeschworene vereidigt. "Ein Amt, das irgendwie geheimnisvoll ist", sagt Bürgermeister German Hacker. Sicher auch darin begründet, dass die Siebener, wie sie im Volksmund genannt werden, bereits bei der Vereidigung einen bemerkenswerten Satz sagen. "Ich schwöre Treue dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaates Bayern, Gehorsam den Gesetzen, gewissenhafte und unparteiische Erfüllung meiner Amtspflichten, Verschwiegenheit und zeitlebens Bewahrung des Siebenergeheimnisses - so wahr mir Gott
helfe."
Existent in drei Bundesländern
Die Bewahrung des Siebenergeheimnisses ist sicher ein Teil dessen, warum die drei Männer in dieser verschworenen Gemeinschaft mitarbeiten wollen. Immerhin sind es in ganz Bayern etwa 20 000 Feldgeschworene, 50 davon sind Frauen. "Ich habe die Bedeutung der Steine natürlich schon als Kind gekannt", sagt Baptist Lunz. "Ich bin auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen" - das trifft auf die beiden anderen Neuen ebenfalls zu. Ein Selbstverständnis ist das nicht, existiert dieses für die Vermessung so wichtige Amt nur noch in Bayern, Thüringen und Rheinland-Pfalz.
Doch was machen die Mannen in Herzogenaurach, neben dem Wahren eines Geheimnisses, das die Truppe nicht einmal an den Bürgermeister weitergab. Sie setzen Grenzsteine höher oder tiefer, wechseln beschädigte Grenzzeichen aus und entfernen Grenzzeichen. Das machen sie nicht alleine, sondern in sehr enger Zusammenarbeit mit den Vermessungsbeamten zusammen. Sie sind dennoch akzeptierte und wichtige Hüter der Grenzen und Abmarkungen.
Einer der Gründe, warum die altersmäßig Jungen nicht in dieser Gemeinschaft sind. "Die Erfahrung ist wichtig, auch das Wissen um die Grenzen", erklärt der stellvertretende Obmann Gerhard Herberger. Denn "einfach" sei die Arbeit nicht. "Immerhin geht es um Grenzen", meint der Feldgeschworene. Und das die nicht jedem passen bzw. auch für Streit sorgen können, sei nicht wirklich eine Überraschung. "Wir setzen einen Stein und zwei Tage später hat ihn ein Landwirt mit seinem Traktor wieder umgefahren", meint der erfahrene Johann Batz. Das vom Bürgermeister wohlwollende eingeschmissene "Wahrscheinlich völlig unabsichtlich" konterte der in den 1980er Jahren vereidigte Geschworene mit den Worten: "Nein, mit voller Absicht selbstverständlich." Das zeigt wie kostbar Land, und wie einschränkend Grenzsteine sein können, auch in der Landwirtschaft.
Geheimnisse bleiben
Das Amt des Feldgeschworenen ist eines der ältesten noch erhaltenen Ämter der kommunalen Selbstverwaltung. Seit rund 500 Jahren gibt es Feldgeschworene. Eine eigene Feldgeschworenenordnung, die im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet wird, regelt die Aufgaben, Rechte und Pflichten. Nochmals zu dem Geheimnis: Nach dem Schwur weiht der Obmann die Neuen in die Geheimnisse ein. Diese dürfen darüber ebenso wenig Aufzeichnungen machen, wie über andere Vorgaben.
Arbeit kann anstrengend sein
Zur Arbeit selber gibt es im Grunde kein Geheimnis. Zusammen mit den Mitarbeitern des Vermessungsamtes werden die Steine, aber auch Rohre und Markierungen gesetzt, wenn die Abmessungen die Grenzen festgelegt haben. In Bayern werden dann aber die Arbeiten selber in der Regel von den Feldgeschworenen übernommen. Dort, wo Grenzsteine, etwa 50 Zentimeter lange Granitstelen, gesetzt werden, heißt dies auch körperlich zupacken. "Das kann bei größeren Baugebieten auch durchaus in anstrengende Arbeit ausarten", erklärt Batz.
Im Durchschnitt sind die Geschworenen einmal in der Woche zwischen drei und acht Stunden unterwegs.
Und was gibt es dafür? Selten ein Dank, eine kleine Aufwandsentschädigung, in der Regel aber das Wissen, dass man zu einem ganz besonderem verschworenen Kreis gehört.