"Die Tyrannei des Schmetterlings"

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Sigismund von Dobschütz Erinnerungen an Supercomputer HAL aus dem Film "2001: Odyssee im Weltraum" (1968) und an das Tor in andere Welten im Film "Stargate" (1994) werden wach beim Lesen des gerade be...

Sigismund von Dobschütz

Erinnerungen an Supercomputer HAL aus dem Film "2001: Odyssee im Weltraum" (1968) und an das Tor in andere Welten im Film "Stargate" (1994) werden wach beim Lesen des gerade bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen Thrillers "Die Tyrannei des Schmetterlings" von Bestseller-Autor Frank Schätzung (60). Sein spannender Wissenschaftsroman behandelt die Nutzung künstlicher Intelligenz, ein äußerst aktuelles Thema. Während Forschung und Industrie in deren Entwicklung unschätzbare Möglichkeiten zum Wohl der Menschheit sehen, wächst bei Kritikern die Angst vor möglichem Kontrollverlust.
Schätzing schildert auf 736 Seiten die Vielfalt nutzbringender Anwendungen zur Lösung vieler Menschheitsprobleme - um Umweltprobleme, Armut und Krankheit, vielleicht sogar den Tod zu überwinden. Was aber geschieht, wenn der von Menschenhand gebaute, mit Menschenwissen gefütterte, dann selbst lernende Supercomputer sich verselbständigt, gleich einem Schmetterling aus der Gefangenschaft seines Kokons schlüpft, vom Menschen nicht mehr aufzuhalten ist? Schätzing nutzt diese diffuse Angst vor Kontrollverlust. "Ich habe Spaß am Spiel mit dem Grauen. Die Desaster-Variante ist mir immer die liebste", sagte er im Interview.
Der Roman spielt im kalifornischen Sierra Nevada. Als Undersheriff Luther Opoku bei Ermittlungen zu einem Mordfall eine Forschungseinrichtung in den Bergen aufsucht, gerät er ins Rechenzentrum. Hier übertritt er unbemerkt eine sphärische Grenze und findet sich in einem Paralleluniversum wieder, ohne sich dessen bewusst zu sein. Mit Deputy Sheriff Ruth Underwood aus jener anderen Welt setzt Luther seine Ermittlungen fort, erlebt Beängstigendes und entdeckt Unglaubliches.
Verschiedene Szenarien nutzt Schätzing, um in der Entwicklung befindliche Anwendungen künstlicher Intelligenz aufzuzeigen. Seine Faszination für dieses Thema ist in der Detail-Verliebtheit der Schilderungen und philosophischer Diskurse zu spüren. Deren Länge geht leider häufig zu Lasten der Spannung. Kürzungen hätten dem Roman gutgetan. Dennoch ist das Buch für den Leser nicht nur ein spannender und nachdenkenswerter Wissenschaftsthriller, sondern ist dank Science-Fiction und Fantasy eine gute Vorlage für einen Hollywood-Blockbuster.