Forchheimer Frauen auf ihrem Weg zur Gleichberechtigung: Bei den Kommunalwahlen 1919 waren unter den 69 Kandidaten fünf Frauen. Zwei von ihnen, Maria Gürtler und Margarete Leisgang, schafften den Sprung ins Rathaus.
Vor 100 Jahren machten die Frauen in Deutschland in ihrem Kampf um Gleichberechtigung einen ersten wichtigen Schritt: Sie erhielten das aktive und passive Wahlrecht. Die Übergangsregierung, die nach der militärischen Niederlage im Ersten Weltkrieg revolutionär die Macht in Berlin übernommen hatte, verkündete am 12. November 1918, dass künftig "alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht" durchzuführen seien und "alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen" daran teilnehmen könnten.
Damit hatte sich die Frauenbewegung nach einem jahrzehntlangen Kampf durchgesetzt und endgültig die politische Rechtlosigkeit der Frauen beendet. Von dieser politischen Aktivität bürgerlicher und sozialistisch-proletarischer Frauenvereine war in Forchheim und in der Fränkischen Schweiz bis 1919 nichts zu spüren. Die Gattinnen der örtlichen Honoratioren waren als Vorstandsmitglieder in sozialen Organisationen wie zum Beispiel in den "Frauenzweigvereinen" des Roten Kreuzes oder den "Ortssammelkomitees für die Sammlungen von Liebesgaben" tätig, politisch aber inaktiv.
"Kriegerfrauen"
Ab 1917 durften dann zwar offiziell auch "Bäuerinnen, besonders Kriegerfrauen" an "Bauernversammlungen" teilnehmen, aber nur deswegen, um sie für die Zeichnung von Kriegsanleihen zu gewinnen. Und auch beim groß aufgezogenen "Landfrauentag" am 18. November 1917 in Forchheim ging es nicht um emanzipatorische Frauen-Forderungen, sondern um die "Hilfsdienste", die die Frauen im Krieg zu leisten bereit sein sollten, wobei der Domprediger Anton Sextl noch besonders mahnte, "ja keine Jammerbriefe an die Ihrigen draußen im Felde zu schreiben und daß im Verkehr mit den Kriegsgefangenen die deutschen Frauen und Mädchen ihre Ehre hüten und gar auszuharren möchten bis zum hoffentlich baldigen Frieden".
Einsatz an der "Heimatfront"
Auf die Idee, Frauen und Mädchen wegen ihres erhöhten Einsatzes an der sogenannten "Heimatfront" im Gegenzug auch mehr Rechte einzuräumen, kam dabei niemand. Die Benachteiligung gegenüber den Jungen galt auch für die schulische Bildung. Zum Beispiel durften die Mädchen in Forchheim erst ab dem Schuljahr 1919/20 an das sechsjährige Progymnasium und da auch nur in die "Realkurse", in denen es kein Latein gab, das zu einem Studium berechtigte. Das erste Mädchen, das in einer Latein-Klasse auftauchte, war im Schuljahr 1921/22 Erna Siebenhaar, eine Arzttochter.
Die Verkündung des Frauenwahlrechts im November 1918 rief in der Region keine Freudenstürme hervor. Am selben Tag, an dem es in Berlin erlassen wurde, fand in Forchheim die Wahl des Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrates statt, zu der nur "alle männlichen Einwohner von Forchheim und Umgebung vom 21. Lebensjahre" eingeladen waren.
Ab Dezember 1918 entdeckten dann aber die Parteien auf örtlicher Ebene, welche Bedeutung den Frauen künftig in der Politik zukam. In der Einladung der sozialdemokratischen Parteien zur öffentlichen Volksversammlung am 2. Dezember 1918 in Forchheim hieß es, dass "besonders darauf aufmerksam gemacht" werde, dass "nicht nur Männer, sondern auch die weiblichen Einwohner vom 20. Lebensjahr ab berechtigt" seien, "diese Volksversammlung zu besuchen" und es sogar erwünscht sei, "daß auch die Frauen recht zahlreich miterscheinen." Und die Bayerische Volkspartei (BVP) warb in Forchheim und Ebermannstadt ab dem 17. Dezember 1918 gleichermaßen "Männer und Frauen" zum Eintritt in die Partei.
Am 12. Januar 1919 gingen die Frauen in Bayern erstmals landesweit zur Wahl. Mit 87,9 Prozent Beteiligung übertrafen sie knapp die der Männer (87). Unter den 180 Abgeordneten waren auch acht Frauen, keine aber kam aus der Region.