Stadtarchiv Das Bild aus dem Rathaus zeigt den "Öschicher Bauerndoktor" Hofrat Dr. Michael Werner. Der gebürtige Münnerstädter galt als Menschenfreund.
Das Rätsel ist gelöst. Im Sommer letzten Jahres hatte unserer Zeitung über Schätze berichtet, die im Stadtarchiv schlummern. Dabei zeigte Roman Jonas auch ein Bildnis von einem bärtigen Mann, von dem nichts bekannt war. Auf die Veröffentlichung hin hatte er nichts Neues erfahren, es war seine eigene Frau, Rita Jonas, die dem bärtigen Mann auf die Spur gekommen ist.
Bekannt war zuvor lediglich, dass das Bild im Mai 1996 aus dem Rathaus ins Stadtarchiv gekommen ist. "Ohne jeden Hinweis auf die Identität der vollbärtigen Person", sagt Roman Jonas. Ob das Bild im Rathaus hing, oder in irgendeiner Schublade lag - auch das wusste niemand. Es gab zwar eine Vermutung, dass es sich um den Münnerstädter Steinmetz Hieronymus Glückstein handeln könnte, aber die Zeit passte nicht. Der Münnerstädter Künstler Horst Kreutz sah sich das Bildnis ein wenig näher an. Obwohl es so aussieht - ein Foto ist es nicht. Es handelt sich um eine Zeichnung, deren Entstehung auf die Jahre zwischen 1900 bis 1920 geschätzt wurde.
Jetzt kommt Rita Jonas ins Spiel, die genau wie Roman Jonas ehrenamtlich im Stadtarchiv mitarbeitet. Sie widmet sich unter anderem den Bänden der Münnerstädter Volkszeitung aus den Jahren 1884 bis 1935, durchforstet sie nach interessanten Themen und schreibt diese heraus. Dabei ist sie mehrfach auf den Namen Dr. Michael Werner gestoßen, der am 28. August 1838 in
Münnerstadt als Sohn eines Nagelschmiedes geboren wurde. Nach einem Blick ins Personalregister war klar: Die bisher unbekannte Person auf dem Bild ist der "Öschicher Bauerndoktor" Michael Werner.
Der ist Rita Jonas inzwischen bestens bekannt, hat sie doch mehrere Veröffentlichungen aus seiner Zeit aus den Zeitungsbänden abgeschrieben. Im Archiv werden aber auch neuere Zeitungsartikel aufbewahrt, der letzte zu diesem Thema ist am 3. August 2016 erschienen. Da wurde das restaurierte Grabmal des Arztes auf dem Aschacher Friedhof übergeben.
"Er war ein vielseitiger Mensch", sagt Rita Jonas. Er war Arzt für die Landbevölkerung, aber auch Badearzt in Bad Bocklet. Zahlreiche Veröffentlichungen gehen auf ihn zurück. Dr. Michael Werner war unter anderem viel in der Rhön unterwegs, er dokumentierte die Burgen der Region. "Und er hat das Rote Kreuz in Aschach etabliert", so Rita Jonas. Bekannt geworden ist er vor allem wegen seiner Gedichte, er hat aber auch Romane und Theaterstücke verfasst. Seine literarischen Werke veröffentlichte er unter dem Pseudonym Armin Werherr.
Schon zu Lebzeiten widmete ihm die Münnerstädter Volkszeitung mehrere Artikel, so beispielsweise am 29. Februar 1908 anlässlich seiner "40-jährigen Jubiläums als Arzt im Nachbarorte Aschach, aber auch als Dichter von echtem, deutschen Geiste verdient er erwähnt zu werden, hat ihn doch seinerzeit Altreichskanzler Bismarck verehrt und öfters besucht."
Abitur in Münnerstadt
Am 28. August 1918 erschien dann anlässlich des 80. Geburtstages von Hofrat Dr. Michael Werner ein ausführlicher Artikel von Dr. Bernhard Rost. Der verwies zunächst einmal drauf, dass Michael Werner an Goethes Geburtstag geboren wurde. Im Lebenslauf berief sich Rost auf Franz Brümmer, der Werner in sein "Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten" aufgenommen hatte. Danach legte Michael Werner sein Abitur 1857 in Münnerstadt ab, seine Eltern hätten es gerne gesehen, wenn er Theologe geworden wäre, aber er ging zum Studium der Medizin nach Würzburg. 1863 kehrte er nach Münnerstadt zurück, wo er sich als praktischer Arzt niederließ. 1967 aber wechselte er nach Maßbach und 1968 nach Aschach, wo er bis zu seinem Lebensende am 15. Februar 1921 blieb.
Dr. Bernhard Rost ging in seinem Geburtstagsartikel vor allem auf die literarische Seite des "namhaften Sohnes Münnerstadts" ein und kommt zu dem Schluss: "Seine Stärke ist das Gedicht, das lyrische und das epische. Immer und immer wieder habe ich die beiden Gedichtsammlungen vorgenommen und mich daran herzlich erfreut, erquickt und erhoben und dabei wieder und wieder aufs lebhafte bedauert, dass so ein starkes Talent, das etwas zu sagen weiß, nicht in weitesten Kreisen des deutschen Volkes bekannt ist. Es wird eine mir liebe Aufgabe sein, hier etwas nachzuholen, auf Werners Gedichte und deren Bedeutung hinzuweisen, wo ich kann und Gelegenheit dazu ist mir als Lehrer der Literatur zur Genüge geboten. Dieses Versprechen soll meine Gabe sein, die ich dem 80-jährigen Dichter spende, und seine Geburtsstadt sollte sich gleichfalls angelegen sein lassen, ihren hoch geschätzten Sohn zu ehren, der mit treuem Herzen an ihr hängt und ihr mehrfach in seinen Dichtungen gedenkt." Dazu zitiert Bernhard Rost den Anfang des Gedichtes "Die Heimkehr".
Dann beklagt er, dass er einige Gedichte wiedergeben würde, hätte er nur mehr Platz. "Da aber die Zeitung in der schweren Kriegszeit mit dem Raum sparsam sein muss, so bleibt den Lesern nichts anderes übrig, als sich die Wernerischen Gedichte zu kaufen."
Am 15. Februar 1921 gestorben
Am 17. Februar 1921 verkündete die Zeitung dann den Tod des 82-jährigen Dr. Michael Werner in Achach. Am 26. Februar 1921 erschien ein Bericht im Zusammenhang mit seiner Beerdigung zwei Tage zuvor.
Das Bild des zunächst unbekannten bärtigen Mannes ist nun im Münnerstädter Stadtarchiv der recht umfangreichen Sammlung zu Dr. Michael Werner zugeordnet worden.