Die Abwasserentsorgung steigt in Seßlach ab Juli auf fast das Doppelte wie zuvor

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Die Abwassergebühren steigen zum 1. Juli dramatisch: Werden derzeit noch 1,68 Euro pro Kubikmeter fällig, sind es dann 3,24 Euro. Das ist eine Steigerung um 1,56 Euro, bzw. fast 93 Prozent. Die...

Die Abwassergebühren steigen zum 1. Juli dramatisch: Werden derzeit noch 1,68 Euro pro Kubikmeter fällig, sind es dann 3,24 Euro . Das ist eine Steigerung um 1,56 Euro , bzw. fast 93 Prozent.

Die Grundgebühr wird von jetzt 80 Euro vergleichsweise moderat um zehn Euro auf 90 Euro pro Jahr und Grundstück angehoben.

Angesichts eines durchschnittlichen jährlichen Fehlbetrags von 279.000 Euro in den vergangenen Jahren sieht sich die Verwaltung zu dieser ersten Anpassung nach acht Jahren gezwungen.

In der Vergangenheit profitiert

„Um Gottes Willen, mag mancher beim Blick auf die bald hundertprozentige Erhöhung denken“, gab Bürgermeister Maximilian Neeb (FW) zu Beginn einer langen Diskussion zu. Seßlach habe viel im Bereich Wasser und Abwasser investiert und habe dabei viele Zuwendungen bekommen. Als Beispiele nannte Neeb neue Kanäle und Wasserleitungen, die in Heilgersdorf und Rothenberg oder in der Friedrich-Rückert-Straße in Seßlach verlegt wurden.

Bei der Neukalkulation der Beiträge, die alle vier Jahre erfolge, habe der Preis 2020 noch stabil bleiben können, erläuterte Geschäftsleiter Bernd Vogt, erst danach seien die ganzen Maßnahmen in Angriff genommen worden. „Der neue Preis ist nun mit Weitblick kalkuliert, er schließt zukünftige Maßnahmen mit ein.“ Im Blick hat Vogt dabei etwa schon die anstehende Kanalsanierung in der Autenhausener Siedlung.

Kostendeckend arbeiten

„Vor der Erhöhung waren wir im Landkreis mit die günstigste Kommune, auch danach werden wir nicht unter den teuersten drei sein“, ordnete der Bürgermeister die neuen Tarife ein. Neeb betonte, dass Seßlach gezwungen sei, kostendeckende Gebühren zu erheben. Schon 2021 habe die Rechtsaufsicht des Landkreises bei der Genehmigung des Haushalts verlangt, dass die Abgaben zum 1. Juli 2024 neu zu berechnen seien.

„Wir reden hier von 300 Euro mehr im Jahr für einen Dreipersonenhaushalt“, meldete sich Marcus Werner (CSU) zu Wort. Er könne die Erhöhung nicht mittragen. Ähnlich sah es sein Parteikollege Daniel Angermüller. Eine Splittung der Erhöhung, wie sie Werner anregte, sei nicht möglich, da die Anpassung nur alle vier Jahre möglich sei, entgegnete ihm Vogt. Die Alternative seien Verbesserungsbeiträge, informierte Neeb: Hohe Einmalzahlungen kämen dann auf die Anlieger zu, dies wolle die Verwaltung auf jeden Fall vermeiden.

Auch in den Folgejahren drohen diese „zum jetzigen Zeitpunkt“ nicht, beantwortete er eine Nachfrage von Wolfgang Brasch (SPD). Es könne sogar sein, dass 2028 die Gebühren wieder gesenkt werden, wie es zuletzt in Sonnefeld der Fall war. „Es geht jetzt nicht anders, sonst haben wir in vier Jahren noch größere Probleme“, argumentierte Gudrun Jöchner (FW).

Schließlich beschloss der Stadtrat die Änderung der Gebührensatzung ohne Gegenstimme.

Solarpark Oberelldorf

Zuvor diskutierten die Stadträte ausführlich den Antrag der Firma IBC Solar aus Bad Staffelstein auf Errichtung des Solarparks Oberelldorf . Ziel der Einleitung des Bauleitverfahrens mit Änderung des Flächennutzungsplanes sowie Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes ist der Bau einer Photovoltaik-Freiflächenanlage mit einer Nennleistung von ca. 9,3 Megawatt Peak. Die Lage sei aufgrund der Südausrichtung vielversprechend: Der Park mit neun Hektar Fläche könnte rund 3400 Haushalte versorgen, auch weil er durch einen Speicher sein volles Potenzial ausschöpfe, wie Projektentwickler Toni Dippold erläuterte.

Bürgerbeteiligung verlangt

Schon in der April-Sitzung hatte der Stadtrat das Projekt kontrovers diskutiert und Nachbesserungen bei der Bürgerbeteiligung verlangt. Dippold skizzierte, wie diese aussehen könnte: Die Einwohner Seßlachs könnten Einlagen zwischen 5000 und 10.000 Euro leisten, die mit circa drei bis vier Prozent jährlich fest verzinst würden. Nach sechs bis acht Jahren bekämen die Anleger ihr Geld zurück. 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde kämen der Stadt zugute, das wären rund 21.000 Euro .

Mit Gewerbesteuereinnahmen könne die Stadt in etwa 13 bis 14 Jahren rechnen, so Dippold auf Nachfrage Neebs. Angelegt sei das Projekt auf 30 Jahre. Nach 20 Jahren, wenn die Fremdfinanzierung abgeschlossen sei, komme der „entscheidende Zeitraum“.

Viele Stadträte äußerten Bedenken, das Projekt lasse sich nicht mit der 2021 beschlossenen Selbstbindung vereinbaren, die zu vielen PV-Anlagen im Stadtgebiet einen Riegel vorschieben soll.

Ortssprecher Helmut Neudecker sah mehrere darin definierte Kriterien nicht erfüllt, etwa 500 Meter Abstand zum Ort sowie die gesellschaftliche Akzeptanz unter den Bürgern. Er sagte: „Wenn wir glaubwürdig bleiben wollen, müssen wir das Projekt ablehnen.“

Carsten Höllein (SPD) argumentierte, die Lage sei heute eine andere als 2021: „Das Ziel der Klimaneutralität kann nur mit mehr erneuerbaren Energien erreicht werden.“

Argumente zusammengefasst

„Kein Argument ist ganz falsch“, fasste Neeb die Diskussion zusammen. Zwei Dinge sprachen für ihn für ein „Ja“: Es gebe zum im Stadtgebiet kaum eine bessere, weniger einsehbare Lage. Wichtiger noch, die 21.000 Euro und die Aussicht auf mehr Gewerbesteuer täten dem Stadtsäckel gut.

Im Gremium überwogen jedoch die Bedenken: Zwölf Stadträte lehnten das Projekt ab, nur drei stimmten dafür.