Circus Corona weiter im Pech

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Bauschutt aus dem maroden Hauptwohnwagen (hinten)
Bauschutt aus dem maroden Hauptwohnwagen (hinten)
Luciano jongliert
Luciano jongliert
 
Sergio Schmitt und Tarrasch
Sergio Schmitt und Tarrasch
 
Ashley "spielt" mit Araberhengst Ramses. Alle Fotos: Anette Schreiber
Ashley "spielt" mit Araberhengst Ramses. Alle Fotos: Anette Schreiber
 

Regen machte den Haupt-Wohnwagen unbewohnbar. Und wegen der Tierhaltung gibt es Anzeigen gegen den neu gegründeten Zirkus, der seit März auf dem Oberhaider Festplatz festsitzt.

Anette Schreiber "Ihr seid jeden Tag unter Beobachtung!" Carsten Joneitis sagt das in einem Ton, in dem Brisanz deutlich wird. Sergio Schmitt nickt. Schiebt sich die Baseballkappe in den Nacken. Ihm ist die Problematik bewusst: ein zum Abtransport gestapelter Haufen Bauschutt zwischen den Zirkuswagen und ein imposanter hellbrauner Hund, der bei einem Wagen angekettet ist und jeden verbellt, der sich dem Zirkus zu weit nähert. Vom Zirkuszelt ragen nur nur noch die Masten in den Himmel. Vor dem Hauptwohnwagen mit Koch- und Wohnbereich steht der Herd unter dem Vordach, denn der Wagen ist nach eingedrungenem Regen ein Renovierungsfall. "Die Gemeinde kann keine zweite Rettungsaktion machen", gibt der Bürgermeister zu verstehen. Circus Corona hat es schon wieder erwischt, wie die mobile Lehrerin Anna Müller feststellt.

Noch vor seiner allerersten Vorstellung ereilte den kleinen Zirkus in Oberhaid das Auftrittsverbot. Circus Corona, kaltgestellt von den Corona-Verfügungen. Schnell organisierte die Gemeinde mit Bürgermeister Joneitis (SPD) eine Spendenaktion, auch dank bayernweiter Medienberichten kamen in den vergangenen Monaten gut 22 000 Euro zusammen. Viele Sachspenden vor allem auch für die Tiere halfen der fünfköpfigen Familie überdies, die Zeit ohne Auftritte zu überstehen und auch Schulden zurück zu zahlen. Nun ist das Geld weitestgehend aufgebraucht.

Futter für die Tiere

Sergio Schmitt möchte um keine weitere Aktion bitten, wohl aber um Sägespäne, gequetschte Gerste, Zuckerrübenschnitzel, für die fünf Miniponyhengste und den großen Araber Ramses. Schmitt und seine Familie würden lieber heute als morgen arbeiten. Man hofft jeden Tag auf die dafür nötigen Lockerungen. Zugleich wird man mit zusätzlichen Problemen konfrontiert:

Vor kurzem hat ein Regenschaden die mobile Hauptunterkunft mit Koch-, Sanitär - und Wohnbereich zum Sanierungsfall gemacht. Ausgerechnet da, als das Zelt, das vor zu viel Sonneneinstrahlung geschützt werden soll, abgebaut war und man hier nichts unterstellen konnte.

"Ich bin froh, dass ich noch Material habe", sagt Sergio Schmitt, der den Wagen sozusagen entkernt und innen neu aufbaut. Bei der Elektrik hat er spontan kostenlos Hilfe von einer Fachkraft bekommen: "Ich freue mich ja auch, wenn mir geholfen wird, und breche mir dabei jetzt keinen Zacken aus der Krone", ist von der Profihilfe zu hören, die ungenannt bleiben will. So spielt sich das Leben der Familie, dem sonnigen Wetter sei Dank, hauptsächlich im Freien ab: Kochen, Essen, Lernen, Spielen, Zirzensik.

Vieles davon bekommt die Umgebung mit. Und weil die kleine Zirkusfamilie eben recht "öffentlich", das heißt sichtbar lebt, hat es Anzeigen gegeben, berichtet der Bürgermeister. Leute kritisierten, Tiere hätten zu wenig Auslauf und der Hund würde an der Kette gehalten. "Das Veterinäramt ist eingeschaltet, wir stehen in Kontakt."

Vom kurz zuvor erfolgten Besuch des Amtsveterinärs erzählt auch Sergio Schmitt: "Der Veterinär ist erst vor einer halben Stunde gegangen." Man habe mit einander gesprochen, er dem Behördenvertreter einiges erklärt. Warum etwa das große weiße Pferd allein im Auslauf ist: "Ein Hengst, er würde sich mit den Minishetty-Hengsten nicht vertragen." Im Stallzelt sind sie nebeneinander untergebracht. Schmitt betont, das Heu sei trocken und die Tiere hätten im Stall sogar mehr Fläche als vorgeschrieben. Abwechselnd kämen die Tiere in den Auslauf, der jedoch aus verschiedenen gründen öfter abgebaut war.

Weiter im Fokus des Tierschutzes: "Tarrasch". Der sechsjährige Malinois-Rüde, der unter einem Wagen an der Laufkette hängt. Der stammt von französischen Artistenkollegen, mit denen Schmitts letzten Dezember in Forchheim in einem anderen Zirkus auftraten. Die Franzosen verschwanden, wollten den Hund nachholen, was sie aber nicht taten. Schmitts wollten den scheuen und bissigen Rüden ins Tierheim geben, das nahm ihn aber nicht.

"Was hätten wir dann tun sollen? Ihn auswildern ging ja wohl nicht." Also nahm man ihn mit und versucht nun, Tarrasch zu zähmen. Es werde besser mit ihm, sagt Sergio Schmitt. Er gesteht zu, ihm selbst gefalle es auch nicht, wenn er wo einen Hund an der Kette sieht. Aber Tarrasch könne er nicht laufen lassen. Schon wegen der eigenen und fremden Kinder nicht.

Sajosha (6), Ashley (9) und Luciano (11) haben heute letztmals vor den Ferien Unterricht bei Anna Müller. Zwischen ihren Aufgaben und Übungen machen sie Saltos, jonglieren und dergleichen. Lehrerin Müller, offiziell mobile Bereichslehrerin tituliert, hat Verständnis. "Zirkus ist eine andere, eigene Welt." Und Schmitts funktionieren eben nur da.

Spenden werden weitergeleitet

Das weiß inzwischen auch Bürgermeister Joneitis, der aber aus Gründen der Gleichbehandlung keine weitere Rettungsaktion starten kann: "Es gibt so viele andere kleine und Kleinstunternehmen, die in der Existenz bedroht sind." Denen gegenüber wäre es ungerecht.

Das verstehen die Zirkusleute und auch, dass die Menschen hier in Sachen Tiere und Tierschutz genau hinsehen. Sie sind eben jeden Tag unter Beobachtung.

Spenden leitet die Gemeinde wie bisher weiter.