Bürgerbegehren für die kleine Lösung

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Rund um das gelbe Mehrfamilienhaus in der Bildmitte soll ein attraktives Zentrum entstehen: rechts das Bibliotheksgebäude mit Veranstaltungsraum und Café, links die teilweise überdachte Zufahrt zur Tiefgarage unter der Wohnanlage. Dazwischen ein kleiner Park und entlang der Fabrikstraße neue Parkplätze. Das Projekt liegt zwischen Kirche und Rathaus sowie der Kindertagestätte St. Anna: Pettstadts neue Mitte könnte so aussehen. Fotomontage: Tschopoff/Grafik & Layout
Rund um das gelbe Mehrfamilienhaus in der Bildmitte soll ein attraktives Zentrum entstehen: rechts das Bibliotheksgebäude mit Veranstaltungsraum und Café, links die teilweise überdachte Zufahrt zur Tiefgarage unter der Wohnanlage. Dazwischen ein kleiner Park und entlang der Fabrikstraße neue Parkplätze. Das Projekt liegt zwischen Kirche und Rathaus sowie der Kindertagestätte St. Anna: Pettstadts neue Mitte könnte so aussehen.  Fotomontage: Tschopoff/Grafik & Layout

Basisdemokratie  Die Pettstadter sollen über eine seniorengerechte Wohnanlage und ihre künftige Begegnungsstätte abstimmen. Bürgermeister Jochen Hack erwidert die Kritik.

von unserem Mitarbeiter  Werner Baier

Pettstadt — Die Ortsbewohner Ulrich Först, Alfons Wicht und Wolfgang Mulde fahren der Gemeinde mit einem Bürgerbegehren, das in einen Bürgerentscheid münden soll, in die Parade: Sie wollen eine Verkleinerung der geplanten seniorengerechten Wohnanlage von 23 auf 13 Wohneinheiten in der Ortsmitte erreichen. Zudem versuchen sie eine Mehrheit unter den Bürgern dafür zu finden, dass der Veranstaltungssaal in der künftigen Begegnungsstätte nicht 120, sondern nur maximal 80 Besucherplätze bieten wird.
Für Bürgermeister Jochen Hack (FWG) kommt das dieser Tage angeschobene Bürgerbegehren gegen den Bebauungsplan Hopfengärten ungelegen, weil "wir schon ziemlich weit sind". Derzeit wird die Ausschreibung für den städtebaulichen Planungswettbewerb vorbereitet. Mit Hochdruck wird man daran nun nicht arbeiten können, denn schlimmstenfalls ist damit zu rechnen, dass der bisherige Investor der Wohnanlage abspringt. Ein solcher Schritt würde das ganze städtebauliche Entwicklungskonzept durchkreuzen. Und davon hängt ab, ob Pettstadt für das angestrebte Dorfzentrum die avisierten 60 Prozent Staatszuschuss bekommt.
Bürgermeister Hack hält denn auch dagegen: Er lädt die Bevölkerung am morgigen Sonntag, 12. Juli, zwischen 11 und 14 Uhr in den Bürgersaal des Rathauses ein, um sich anhand einer illustrierten Präsentation über das mit der Regierung von Oberfranken abgestimmte und vom Gemeinderat mehrheitlich beschlossene Konzept für die Seniorenwohnlange mit Begegnungsstätte zu informieren. Hack selbst will dabei Rede und Antwort stehen. Er kritisiert, dass das Vorhaben "überzeichnet" werde. Man sei doch bereits weit von der ursprünglichen Planung abgerückt und mit dem Investor auf einem guten Weg, sagt Hack.
Die Innenverdichtung Pett stadts durch die Millioneninvestition in Wohnanlage und Begegnungsstätte wurde noch vom vormaligen Bürgermeister Jürgen Schmitt als Gegengewicht zur Ausweisung eines Baugebietes am Ortsrand in die Wege geleitet. Als die ersten Pläne und Modelle vorgestellt wurden, regte sich Widerstand unter einigen Anliegern, denen Größe und Gestalt des Projekts zu weit ging. Andererseits verliefen die Verhandlungen der Gemeinde mit den Eigentümern der von der Baumaßnahme betroffenen Grundstücke rasch erfolgreich.
Nach den ersten, teils gravierenden Einwänden gegen den ursprünglich durchgängig dreigeschossigen, 65 Meter langen Baukörper wurden die Pläne überarbeitet. Die Wohnanlage wurde in mehrere Segmente untergliedert, der Funktionstrakt separiert. Die eingangs erwähnten Nachbarn sind noch immer unzufrieden und fordern abgespeckte Pläne.

Zahlreiche Einwände

Zur Begründung ihres Bürgerbegehrens "Ortsgerechte Verdichtung" führen die Initiatoren an, dass der geplante Neubau der Wohnanlage mit zum Teil drei Vollgeschossen die ortsübliche Bebauung beträchtlich übertreffe. Da die Eigentumswohnungen frei verkäuflich sein sollen, werde die Nutzung ausschließlich durch Senioren nicht gewährleistet. Das aber sei die ursprüngliche Planungsidee gewesen. Die "überdimensionierte, unangemessene Verdichtung" verschärfe die Parksituation in der Fabrikstraße. Durch die Reduzierung des Bauvorhabens auf ein angemessenes Maß solle das erhöhte Verkehrsaufkommen in der Fabrikstraße begrenzt werden.
Auch beim Bürgerbegehren "Neubau Veranstaltungssaal" argumentieren die Gegner der Planung mit dem Verlust der Lebensqualität der Anlieger durch das Verkehrsaufkommen bei Veranstaltungen und die Steigerung des Gefahrenpotenzials vor dem Kindergarten. Sie warnen auch vor den verschärften Parkplatzproblemen durch regelmäßige größere Veranstaltungen.
Dass sie den Neubau der Begegnungsstätte mit Bibliothek und "Eventsaal" für 120 Besucher total in Frage stellen - offiziell geht es den Initiatoren nur um eine Reduzierung auf 80 Besucherplätze - , lassen sie durch drei andere Hinweise erkennen: Sie verweisen auf die Nutzungsmöglichkeit vorhandener Infrastruktur durch Umgestaltung bestehender ungenutzter oder leerstehender Gebäude.
Ferner fürchten sie die Einschränkung der finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde durch eine Erhöhung der Pro-Kopf-Verschuldung für den Bau sowie später den Unterhalt des Gebäudes. Und schließlich warnen sie vor dem Umsatzrückgang der ortsansässigen Gastronomie durch den zusätzlichen Veranstaltungssaal.

Das Prozedere

Das Gegenteil könne eintreten, sagt dazu Bürgermeister Hack. Die Wohnanlage werde privat finanziert und die Finanzierung der Begegnungsstätte seien im Haushaltsplan dargestellt: die richtige Investition in die Stärkung des Standorts.
Zur Unterstützung des Bürgerbegehrens sind nun etwa 160 Unterschriften wahlberechtigter Pettstadter Einwohner erforderlich (zehn Prozent der Wahlberechtigten, die zudem mindestens drei Monate in der Gemeinde wohnhaft sein müssen). Ist diese Hürde genommen, muss der Gemeinderat binnen eines Monats nach Einreichung über die Zulässigkeit des Begehrens entscheiden.
Bei einer Ablehnung kann Klage erhoben werden, bei Zustimmung muss binnen drei Monaten an einem Sonntag der Bürgerentscheid durchgeführt werden. Wurde die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens festgestellt, dürfen die Kommunalorgane bis zum Bürgerentscheid keine gegensätzlichen Entscheidungen mehr treffen und keine gegensätzliche Maßnahmen ergreifen. Der Gemeinderat kann durch ein Ratsbegehren einen Gegenvorschlag zur Abstimmung stellen. Für die Gültigkeit des Bürgerbegehrens ist es erforderlich, beim Bürgerentscheid die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen zu erhalten. Dabei muss die Gesamtzahl mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten erreichen. Das heißt: Wenn mehr als 320 Pettstadter für die Bürgerbegehren stimmen und das die Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer ist, dann steht das Projekt auf der Kippe.
Der Bürgerentscheid wirkt wie ein Beschluss des Gemeinderates. Er hat eine Bindungsfrist von einem Jahr.