Bürger werden zur Kasse gebeten

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Spätestens ab dem Jahr 2021 müssen Städte und Gemeinden das neue Umsatzsteuerrecht für Kommunen anwenden. "Die Neuregelung in § 2b des Umsatzsteuergesetzes bringt für jede Kommune viele, oft grundlege...

Spätestens ab dem Jahr 2021 müssen Städte und Gemeinden das neue Umsatzsteuerrecht für Kommunen anwenden. "Die Neuregelung in § 2b des Umsatzsteuergesetzes bringt für jede Kommune viele, oft grundlegende Veränderungen mit sich", erklärten Bürgermeister Heinrich Süß und Kämmerin Christina Strunk in der Sitzung des Weisendorfer Gemeinderats am Montagabend. Ziel der gesetzlichen Neuregelung sei, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts marktrelevante Leistungen künftig zu den gleichen Bedingungen erbringen sollen wie privatwirtschaftlich organisierte umsatzsteuerpflichtige Unternehmen. Damit habe der Wettbewerbsvorteil kommunaler Betriebe ein Ende.

Bisher unterlagen in der Marktgemeinde Weisendorf nur einzelne Bereiche wie zum Beispiel die Wasserversorgung der Umsatzbesteuerung. Dies hatte sich durch gesetzliche Änderungen im Steuerrecht zum 1. Januar 2016 grundlegend geändert: Danach unterliegen grundsätzlich alle Umsätze der Umsatzbesteuerung. Der Gesetzgeber hat jedoch mit § 2 b UStG eine wichtige Ausnahme geschaffen, um den Besonderheiten im Bereich des hoheitlichen Handelns gerecht zu werden. Auf Antrag konnte man weiter nach "altem Recht" (Stand vor 1. Januar 2016) verfahren, längstens bis 31. Dezember 2020. Der Markt Weisendorf hat diese Option gewählt.

Zukünftig werden einzelne Bereiche, da die Grundlage des Verwaltungshandelns im Privatrecht begründet ist, zwingend der Steuer unterliegen (z. B. Geschirrverleih, Verkauf Standesamtsbücher). Hier muss die Marktgemeinde zukünftig Umsatzsteuer bei den Einnahmen vom Bürger erheben und diese dem Finanzamt abführen. Für Ausgaben in diesen Bereichen fordert die Marktgemeinde die Vorsteuer im Gegenzug vom Finanzamt. Während für die Kommune die Steuer hier wie ein sogenannter durchlaufender Posten gehandhabt wird, ergibt sich unter Umständen für den Bürger eine Mehrbelastung durch den Steueraufschlag.

Die Gemeinde als Unternehmer

Andere Bereiche des Verwaltungshandelns werden, da es sich um rein hoheitliche Tätigkeiten handelt, deren Grundlage im öffentlichen Recht liegt, auch zukünftig nicht besteuert, wie beispielsweise Trauungen oder Ausweise und Pässe, und es ergeben sich für die Bürger keine Änderungen.

"Aufgrund der unterschiedlichen formellen Anforderungen muss eine privatrechtliche Rechnung andere Kriterien erfüllen als ein öffentlich-rechtlicher Bescheid. Die Umstellung auf ein unternehmerisches Handeln erzeugt Verwaltungsaufwand und jeder Sachverhalt muss zugeordnet, steuerlich behandelt und aufbereitet werden, dies bindet Personalressourcen", verdeutlichte die Kämmerin. Auch könnten nicht alle Arbeiten der Marktgemeinde ohne weiteres den beiden Bereichen zugeordnet werden. Vielmehr müsse die Verwaltung selbst die Tätigkeiten dem unternehmerischen Handeln (Steuerbarkeit) oder nicht unternehmerischen Handeln zuordnen (z. B. Beglaubigungen, Lagepläne oder Tätigkeiten im Bereich Freizeit und Kultur oder Seniorenarbeit). In diesen Bereichen habe die Gemeinde zwar einen gewissen Entscheidungsspielraum, muss diesen aber mit pflichtgemäßem Ermessen wahrnehmen.

Die Marktgemeinde kann die Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen kann, was einen Vorteil böte, wenn der Bereich "dauerdefizitär" ist, also kaum Einnahmen vorhanden sind, denen große Ausgaben gegenüberstehen. Für den Bürger ist die Zuordnung zum Bereich des unternehmerischen Handelns, bezogen auf die Besteuerung, nachteilig.

Fachbüro soll helfen

Die Verwaltung schlug deshalb vor, bei der Zuordnung der Tätigkeiten zum unternehmerischen oder nicht unternehmerischen Bereich die zusätzliche monetäre Belastung der Bürger durch die Besteuerung zu berücksichtigen. Die Tätigkeiten sollen, soweit möglich, dem nicht unternehmerischen Bereich zugeordnet werden. Dazu holt sich die Gemeinde die Hilfe eines Fachbüros, um Vor- und Nachteile für Bürger und Gemeinde abwägen zu lassen.