Tradition Die Brauer in der Vereinigung der Privat-Brauereien setzen bei ihren Bieren auf neue Ideen und altes Können.
von unserer Mitarbeiterin Pauline Lindner
Neuhaus — Das Bild ging um die Welt: Barack Obama trinkt beim G7-Gipfel Weißbier. Von seiner Hand fast verdeckt, ist ein Brauereiwappen zu sehen, das der Brauerei Karg in Murnau. Deren Juniorchefin Victoria Schubert-Rapp gehört wie Löwenbrauer Hans-Günter Wirth aus Neuhaus zu den Junioren der Privat-Brauereien-Vereinigung. 21 von ihnen, darunter fünf Frauen, überlegten sich vor einer Weile, wie sie angemessen des 500. Jubiläums des Reinheitsgebots für Bier gedenken könnten.
Wie nicht anders zu erwarten, kam ein besonderer Sud heraus, ganz genau: zwei. Die Bierspezialität mit dem schlichten Namen "20" ist ein Hopfenweizenbock mit 20 Prozent Stammwürze. "16" heißt der Black Imperial Bock mit eben 16 Prozent Stammwürze. Wirths Kollege Martin Schimpf aus Neustetten stellte seine Brauereieinrichtung dafür zur Verfügung.
140 Hektoliter brauten die Junioren insgesamt. "Das sind 40 000 Flaschen", berichtet Wirth. "Zwei Tage waren wir alle beschäftigt, sie in die Kartons zu verpacken. Danach waren wir selbst für ein Feierabendbier zu müde." Ab November ist das Jubiläumsbier im Viererpack mit Probierglas im Verkauf. Mit diesen zwei Bierspezialitäten liegen die Jungbraumeister im Trend der "Craftbeers". In den USA fing es an, dass der Genießer handwerklich hergestelltes Bier bevorzugt. Längst ist die Welle auch über den großen Teich geschwappt. In Berlin boomt es. Und hier in Franken und Süddeutschland?
Zehnte Generation
Hier gibt es - immer noch - handwerklich hergestelltes Bier und innovative junge Brauer. Wirth selber hat es bei seiner Hochzeit unter Beweis gestellt - mit einem speziellen Rotbier. "Hosenscheißer-Bier" gab es dann zur Geburt der Tochter Emilie.
Ob sie einmal die elfte Generation der Familie Wirth wird, die Bier braut? Für die Schwester und seinen besten Freund hat Hans-Günter auch einen solchen Sud gebraut. "Für andere würde ich das auch machen", sagt er, "aber die Mindestabnahmemenge ist 3500 Liter, eben ein ganzer Sud."
Regionale Zutaten
2500 Hektoliter braut Wirth pro Jahr; er setzt dabei ganz auf regionale - man kann sagen familiäre Zutaten. Die Gerste bezieht er von seinem Schwiegervater aus der Oberpfalz. Daraus stellt die Klostermalz in Frauenaurach ("entfernte Verwandtschaft") das Malz her. Der Hopfen kommt überwiegend aus Tettnang am Bodensee. Dort ist Wirths Kollege von der Meisterschule als Brauer und Hopfenbauer tätig. Das Wasser kommt aus dem eigenen Brunnen in Neuhaus. Und die Hefe aus eigener Zucht.
Die Familie Wirth erweitert derzeit ihren Braubetrieb, um den Gär- und Lagerbereich zu erneuern.
Und dabei richtet man auch eine Hefe-Reinzuchtanlage, einen sogenannten Propagator, ein. Alles zusammen garantiert gleichbleibende Qualität, bei allen sieben Sorten, die die Löwenbrauerei im dauernden Angebot hat.
"Ich denke daran, nach dem Umbau Spezialbiere in einem Wechselturnus anzubieten", macht der Juniorchef schon an den nächsten Schritt. Darauf freuen sich die Bierfreunde, so sie schon einmal die (dauernd angebotene) Karpfen-Weiße oder gar den "Holzbock" probiert haben. Sein Name ist eindeutig "irreführend", denn das dunkle Getränk riecht und schmeckt bei der ersten Berührung mit der Zunge wie Sherry. Dann kommt der Biergeschmack und der Abgang ist wie beim Whisky.
"Es wird ja auch in Bourbonfässern gelagert", klärt Wirth auf, während er das bauchige Stielglas schwenkt. Es bilden sich auch beim "Holzbock" die Zähnchen, wie man sie bei Sherry oder Portweinen kennt.