"Beispielhaft für Europa"

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Hohem Besuch aus dem Bundes-Landwirtschaftsministerium erläuterte der Leiter des Forstbetriebes Ebrach Ulrich Mergner (Dritter von links), sein Trittsteinkonzept, das Artenschutz und die Nutzung des Waldes vereint. Fotos: Sabine Weinbeer
Hohem Besuch aus dem Bundes-Landwirtschaftsministerium erläuterte der Leiter des Forstbetriebes Ebrach Ulrich Mergner (Dritter von links), sein Trittsteinkonzept, das Artenschutz und die Nutzung des Waldes vereint.  Fotos: Sabine Weinbeer
Farbige Bänder und Nummern an Bäumen weisen darauf hin, dass in der Waldabteilung "Steinkreuz" internationale Waldforschung stattfindet.
Farbige Bänder und Nummern an Bäumen weisen darauf hin, dass in der Waldabteilung "Steinkreuz" internationale Waldforschung stattfindet.
 

steigerwald  Mit dem Trittsteinkonzept sollen kleine Biotope geschaffen und die Artenvielfalt im Wald besser geschützt werden. Gleichzeitig kann der Forstbetrieb weitergeführt werden, wie beim Besuch eines internationalen Teams klar wurde.

von unserer Mitarbeiterin Sabine Weinbeer

Ebrach/Rauhenebrach — "Wir werden die Regenwaldbewohner nur von der Abholzung abhalten können, wenn wir ihnen Möglichkeiten aufzeigen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Deshalb hat der Ansatz von Schützen und Nützen für uns eine nationale und internationale Bedeutung." Das erklärte Thomas Haußmann vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, der gestern mit einem ganzen Team aus dem Referat internationale Waldpolitik den Forstbetrieb Ebrach besuchte. Dabei ging es um das Trittsteinkonzept und um das Marteloscope, ein Projekt, das vom Ministerium im Ebracher Staatswald finanziert wird.
Für Haußmann und seine Mitarbeiter ist die Frage, wie sich die Belange des Artenschutzes im Wirtschaftswald umsetzen lassen, derzeit eine sehr wichtige. Weltweit gehe es um den Schutz der Wälder, gleichzeitig werde der Rohstoff Holz jedoch benötigt, erklärt er. Das integrierte Waldschutzkonzept von Betriebsleiter Ulrich Mergner traf deshalb auf gespannte Zuhörer und Diskutanten.

Biotopbäume

Ulrich Mergner ist Leiter des Forstbetriebes Ebrach und wesentlicher Gestalter des Tritt steinkonzepts, das er in kurzen Zügen erläuterte. Die Konzeption verfolgt den Ansatz, viele kleine Schutzgebiete und Biotopbäume über die gesamte Fläche des Forstbetriebes zu verteilen und damit die Artenvielfalt zu unterstützen, während gleichzeitig der Wald genutzt wird. Untersuchungen aus den Naturwaldreservaten im Forstbetrieb hätten nachgewiesen, so Mergner, dass eine Vergrößerung der unter Totalschutz gestellten Fläche nur eine unwesentliche Stärkung der Artenvielfalt gebracht habe. Im Gegenzug sei es durch die Trittsteine und die Biotopbäume gelungen, bestimmte Arten im Forstbetrieb in die Fläche zu bringen, ob den Schwarzkäfer oder den Ästigen Stachelbart.

Ideale Umsetzung

Ulrich Mergner sieht im Tritt-steinkonzept die ideale Umsetzung des Waldgesetzes, das den Staatsforstbetrieben auferlegt, den Gesamtnutzen des Waldes zu optimieren - also den ökologischen ebenso wie den ökonomischen. Wobei ein stärkeres Augenmerk auf die Ökologie auch ökonomischen Nutzen bringen kann. Weil beispielsweise ein höherer Totholzanteil in den Wäldern mehr Wasser speichert und Nährstoffe einbringt. Durch den hohen Stickstoffgehalt der Luft wachsen die Bäume sehr viel schneller als noch vor hundert oder 200 Jahren. Würde der Wald rein auf Holzernte hin bewirtschaftet, droht eine Verarmung der Böden. Mergner zeigte anhand der Wirtschaftspläne auf, dass das Trittsteinkonzept tief im täglichen Geschäft verankert ist, dass der Forstbetrieb dennoch seiner wichtigen Aufgabe als Holzlieferant nachkommen kann und wie enorm sich die Artenvielfalt in den letzten zehn Jahren entwickelt hat.
Weil dieses Wald-Bewirtschaftungskonzept hier schon umgesetzt wird, hat das European Forest Institute auch hier im Forstbetrieb Ebrach ein Marteloscope installiert. Das Institut mit Hauptsitz in Finnland arbeitet international und vernetzt Forschungs-Institutionen. Die wichtigsten Themen für die Wald-Wissenschaftler sind derzeit invasive Arten und das Sturm-Management. Dabei geht es immer wieder darum, wie der Wald gemanagt werden muss, damit er wechselnden Bedingungen gewachsen ist.
Wie Ulrich Mergner wollen auch die Wald-Wissenschaftler um Daniel Kraus wieder mehr Wissen über die Prozesse im Wald fördern. "Das Marteloscope ist quasi das Waldklassenzimmer", erklärte Kraus beim Besuch in der Waldabteilung "Steinkreuz", wo die Musterfläche liegt. Hier wurde jeder Baum intensiv untersucht, entsprechend seiner ökologischen und ökonomischen Wertigkeit mit einem Punktwert versehen und in eine Software eingepflegt. Anhang dieser Software können nun Forstleute, Studenten oder andere Gruppen auf dieser Musterfläche virtuell ausprobieren, was der eine oder andere Eingriff in 20 oder 30 Jahren nach sich zieht. Der Proband steht mit dem Tablet im Wald, entscheidet sich für die Fällung eines Baumes und kann dann sehen, was in der Nachbarschaft passiert. Fördert er wirklich den Baum, den er fällen wollte? Welche Auswirkungen hat das auf Flora und Fauna? Hat er eine Nisthöhle übersehen? Das Konzept des Forstbetriebs Ebrach bezeichnete Kraus als beispielhaft für Europa und darüber hinaus.
Das Projekt des European Forest Institute (EFI) wird vom Bundesministerium gefördert und Thomas Haußmann folgte sehr gespannt den Ausführungen über den bisherigen Verlauf. Allerdings gebe es bisher nur wenige Forschungen im Wirtschaftswald, das EFI jedoch kann die Erfahrungen von führenden Waldforschern aus ganz Europa einfließen lassen. "Allerdings ist das hier ein didaktisches Instrument, keine hochwissenschaftliche Forschung", betonte Kraus.
"Das Marteloscope ist quasi das, was unsere Revierleiter täglich tun, den Wald genau analysieren und abwägen, wo wichtige Habitat-Strukturen sind und wo man mit gutem Gewissen Holz nutzen kann", so Ulrich Mergner.
Thomas Haußmann, der intensiv nachfragte und diskutierte, zeigte sich beeindruckt von der Arbeit, die in Ebrach geleistet wird, sowohl vom Forstbetrieb als auch vom EFI-Institut. Er ist überzeugt, dass Waldnaturschutz nur durch solch integrierte Konzepte funktionieren kann. "Wir probieren jetzt beispielsweise in Marokko im Nationalpark aus, auch Zedern einzuschlagen und damit dem illegalen Holzeinschlag zu begegnen", erklärte er. Wer Wald schützen wolle, der müsse Wissen transportieren und die Interessen von Natur und Menschen ausgleichen, betonte er.