Ausraster mit Folgen

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Weil er sich unter Alkoholeinfluss nicht mehr unter Kontrolle hat, muss ein Jugendlicher eine Geldstrafe bezahlen.

Zwei tätliche Angriffe auf uniformierte Polizisten, versuchte und vollendete Körperverletzung sowie eine ganze Latte an Beleidigungen kosten einen 19-jährigen Azubi 800 Euro. Jugendrichter Matthias Bachmann verhängte vor dem Amtsgericht Bamberg neben der Geldauflage zudem vier Beratungstermine bei einer Suchthilfe-Einrichtung."Kriegen Sie das mit dem Alkohol in den Griff." Sonst seien bald Führerschein und Ausbildungsstelle weg.

Es hätte ein so schöner Abend sein sollen. Mitte Juli 2019 feiern Schüler, Eltern und Lehrer die Zeugnisausgabe der Realschule Scheßlitz mit einem Abschlussball. Doch in der Seehofhalle in Memmelsdorf kommt es zu unschönen Szenen. Ein offensichtlich schwer betrunkener Schüler, den wir Leo nennen wollen, obwohl er ganz anders heißt, gerät mit einem Vater und einem Lehrer aneinander. Im Spiel sind neben Bier auch Wodka-Orange und andere alkoholische Mischgetränke. Wenn man die um 5.30 Uhr gemessenen Werte zurückrechnet, kommt man auf rund zwei Promille. Der Jugendliche bekommt Hausverbot. Irgendjemand ruft die Polizei. Vor der Tür gibt es Streit mit einem gleichaltrigen Bekannten, es kommt zu einem Handgemenge. "Es tut mir leid, dass ich den kompletten Abschlussball gecrasht habe."

Wüste Beleidigungen

Als die Polizeistreife um kurz nach 22 Uhr eintrifft, sitzt Leo auf einer Parkbank einige Meter vom Ausgang entfernt. Die Beamten wollen seine Personalien feststellen und ihn dazu bringen, einem freiwilligen Atem-Alkoholtest zuzustimmen. Doch die Situation eskaliert. Leo schreit laut herum, schlägt einem der Polizisten den Alkomat aus der Hand. "Ihr Bastarde wisst doch gar nicht, was abgeht. Mein Hund wurde eingeschläfert", lautet einer der wirren Sätze. Mit dem Fuß versucht er, einen anderen Beamten zu treffen.

Garniert wird die Attacke mit Schimpfworten und Drohungen, die Leo die ganze Aktion über herausstößt. Von "Bastarden", "Arschlöchern", "Hurensöhnen" und "Wichsern" ist die Rede, die Drohungen "Ich fick euch!" und "Ich bringe euch um!" fallen. All das können auch die Dutzenden Schaulustigen hören. "Auch nach Jahrzehnten im Dienst bleibt man von diesen Beleidigungen nicht unbeeindruckt."

Der Polizeioberkommissar und der Polizeihauptmeister bleiben ruhig und bringen Leo zu Boden. Auf dem Rücksitz des Dienstwagens geht die Beleidigungsorgie weiter. "Man konnte das Brüllen noch außerhalb des Autos hören." Beim Aussteigen vor der Wache sieht Leo seine Chance und tritt einem seiner Begleiter gezielt gegen das rechte Knie. Nur der fehlende Schwung verhindert, dass außer Schmerzen noch mehr Schaden entsteht. Beide Polizisten jedenfalls bleiben dienstfähig. Beim Entfesseln in der Ausnüchterungszelle sind drei kräftige Männer nötig, damit keinem von ihnen etwas geschieht.

Leos Rechtsanwalt Maximilian Glabasnia aus Bamberg erklärte, sein Mandant könne sich nicht mehr recht an den Abend erinnern, es könne aber durchaus so sein, wie es die Zeuge geschildert hätten. "Er hat sich an diesem Abend bei all seinen Kumpels blamiert. Die Aktion fanden die nicht so cool."

Schon mehrfach auffällig

Ein Mitschüler beschrieb Leo als "feinsten Kerl", wenn er nüchtern sei. Doch wenn er getrunken habe, brächten ihn Kleinigkeiten zum Ausrasten. Das zeigte auch seine Vorgeschichte: Vor zwei Jahren hatte er das Ortsschild von Gundelsheim beschädigt, vor einem Jahr hatte man ihn mit rund fünf Gramm Marihuana aufgegriffen. Wenig später war er mitten in der Nacht mit 1,4 Promille auf der Straße bei Kemmern unterwegs. "In dieser Zeit war ein bisschen viel auf einmal los bei Ihnen", so Jugendrichter Bachmann.

Nun muss Leo 800 Euro an den Verein für Jugendhilfe Bamberg zahlen. Damit folgte Jugendrichter Bachmann dem Antrag der Oberstaatsanwältin Tanja Zechnall. An einigen Stunden gemeinnütziger Arbeit schrammte er nur vorbei, weil Peter Handschuh von der Jugendgerichtshilfe am Landratsamt derzeit wegen der Corona-Krise keine Stelle nennen kann. "Die Pflegeeinrichtungen nehmen im Moment niemanden, und bei der Tafel braucht man nicht mehr so viele Helfer bei der Ausgabe, weil die Essenspakete vorbereitet werden."