Als endlich der Regen kam

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Versteckt zwischen hohen Seggen liegt das Gewässer, das der Landschaftspflegeverband angelegt hat. Foto: Rainer Lutz
Versteckt zwischen hohen Seggen liegt das Gewässer, das der Landschaftspflegeverband angelegt hat. Foto: Rainer Lutz
 

Ein Feuchtbiotop zwischen Unterlauter, Beuerfeld und Glend zeigt, dass der Regen der vergangenen Wochen einigen Lebensraumtypen sehr gut getan hat. Anderen, wie dem Wald, reicht das Wasser noch lange nicht.

Land- und noch mehr Forstwirte fürchteten schon, es könnte einen dritten Dürresommer in Folge geben. Schon lag das Sommergetreide nach der Saat im staubtrockenen Ackerboden, ohne zu keimen. Auf den Wiesen drohte der Ausfall der ersten Mahd und Waldbäume sterben. Naturschützer blickten mit Sorge auf die Feuchtbiotope in der Region. Dann kam doch noch der Regen. "In den vergangenen vier Wochen sind mehr als 70 Liter pro Quadratmeter gemessen worden", nennt Frank Reißenweber, Geschäftsführer beim Landschaftspflegeverband Coburger Land, eine Zahl.

Die Regenmengen sind von Ort zu Ort unterschiedlich im Landkreis. Aber geregnet hat es überall. Ein Glück, sagt Reißenweber. Und er kann ein Beispiel zeigen, wie sich der nasse Segen ausgewirkt hat. Westlich von Unterlauter führt der Überleiter vorbei, der bei Hochwasser die Fluten der Lauter zum Teil in den Goldbergsee lenkt, um Coburg vor Überschwemmung zu schützen. Diese künstliche Wasserzufuhr - und der Kleinbach als natürliche - halten ein Gebiet feucht, das es so nicht oft in der Region gibt. "Es ist eine feuchte Hochstaudenflur", nennt der Biologe Frank Reißenweber den Fachbegriff, und: "Die Flächen gehören zum großen Teil dem Freistaat Bayern."

Ausgleichsflächen

Es handelt sich um Ausgleichsflächen, die für den Bau des Überleiters angelegt werden mussten. Ein Teil wird nur noch extensiv bewirtschaftet, um wieder mehr Vielfalt zu ermöglichen und die Zeit zu verringern, in der nichts auf der Fläche wächst. Ein anderer Teil ist ganz aus der Bewirtschaftung genommen. Hier wogt im Wind ein Meer aus Großseggen. Wer auf dem Flurweg unterwegs ist, muss schon genau hinsehen, wenn er das kleine Gewässer entdecken will, das dort 2017 vom Landschaftspflegeverband angelegt wurde. Dass es möglich ist, bis in die Nähe des Ufers zu gelangen, zeigt, dass noch immer Wasser fehlt. Wäre genug davon da, würden die Füße im sumpfigen Boden einsinken.

Doch mit Blick auf den Uferrand, kommt Frank Reißenweber zu einem sehr positiven Urteil: "Es ist deutlich zu erkennen, dass der Wasserstand erfreulich gestiegen ist."

Das gilt nicht nur für dieses kleine Gewässer, auf dem gerade ein Blässhuhnpaar im Schilf verschwindet, um sich vor den ungewohnten Besuchern zu verstecken. Einige Kilometer entfernt drohte mit dem Rottenbacher Moor der letzte Lebensraum dieser Art im Landkreis zu verschwinden. Nach den beiden Dürrejahren war der Wasserstand so weit abgesunken, dass der Faulbaum als erster begann, die Fläche zu erobern. Sollte dieses Jahr weiterhin wenigstens einigermaßen nennenswerte Niederschlagsmengen bescheren, dann dürfte das Moor diesen Schlag noch einmal verkraften. Doch sollten derart trockene Sommer in Zukunft häufiger werden, ist es wohl um das letzte Moor dieser Größenordnung in der weiten Region geschehen.

Quellhorizont

Das Feuchtgebiet bei Unterlauter profitiert von einem Quellhorizont, der aus der Bertelsdorfer Richtung Wasser zum Kleinbach bringt. Der Wiesengrund war schon immer feucht. Wenn er ab und an mal nicht ganz so feucht ist, erleichtert das die Mäharbeiten. Jedes Jahr wird ein Teil des Gebietes abgemäht. "Würden wir das nicht machen, gäbe es diesen Lebensraumtyp hier bald nicht mehr", erklärt Frank Reißenweber.

Seltene Arten

Das wäre verhängnisvoll für zahlreiche Arten. Über dem Gewässer zwischen den Seggen schwirren Libellen wie der Plattbauch oder die Azurjungfer. Frank Reißenweber freut vor allem über die Speer-Azurjungfer, die auf der Roten Liste der bedrohten Arten steht.

Hier, und in den Wiesen drum herum ist der Kiebitz noch regelmäßig zu Gast, Wiesenpieper, Neuntöter und sogar der Wachtelkönig wurden schon gesehen. Das Braunkehlchen, das Ornithologen gerade Sorgen bereitet, weil es immer seltener zu sehen ist, kommt hier noch vor. Noch. Offenbar weicht es vor dem Klimawandel immer weiter nach Norden aus. Gleichzeitig kommt mit dieser Veränderung der Lebensbedingungen das Schwarzkehlchen immer häufiger vor. Es wandert aus dem Mittelmeerraum zu und besetzt frei werdende Braunkehlchenlebensräume. Hier, zwischen Unterlauter, Beuerfeld und Glend, kommen zurzeit beide Arten vor. Einer von vielen Aspekten, die für den Erhalt dieses Feuchtgebietes sprechen, über dem Rot- und Schwarzmilan ebenso kreisen wie die Rohrweihe und der Bussard.

So segensreich der Regen war - für die Wälder reicht er noch lange nicht. Noch immer fehlt dort Wasser in tieferen Bodenschichten. Die Waldbauern bangen inzwischen um so gut wie jede der gewohnten Baumarten. Wie es für die leidenden Wälder weitergeht, entscheidet das Wetter der kommenden Jahre.