Als ein Brief Milliarden kostete

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Auf den Tischen stapelten sich die Alben. Durch den Nachlass vieler Sammler wird der Markt regelrecht überschwemmt. Foto: Klaus Gagel
Auf den Tischen stapelten sich die Alben. Durch den Nachlass vieler Sammler wird der Markt regelrecht überschwemmt.  Foto: Klaus Gagel

In der Michelauer Angerturnhalle wurde geboten, was das Sammlerherz begehrt.

"Es ist ein sehr erlesenes Publikum", stellte Rolf Burkhardt beim Blick in die Angerturnhalle fest. Dort hatte der Briefmarkensammlerverein zu seinem Regionaltauschtag 2018 eingeladen.
Anwesend waren viele Spezialisten, was die Händler als auch die Interessenten und potentiellen Käufer anbelangt. Es wurde hervorragendes Material angeboten. "Der Grund dafür ist einfach", wusste Rolf Burkhardt. "Die alten Sammler sterben weg und die Sammlungen drängen alle in den Handel. Der Handel weiß gar nicht mehr, was er mit diesem Riesenangebot anfangen soll, er erstickt regelrecht daran."


Historische Postkarten

Doch es gibt Ausnahmen: "Heimatsachen gehen immer", und so finden sich am Tisch von Rolf Burkhardt immer wieder Interessenten ein, die nach dem aus ihrer Sicht berühmten Schnäppchen suchen. Der gebürtige Michelauer, der inzwischen in Marktzeuln lebt, besitzt selbst eine Sammlung alter Postkarten aus Michelau und Umgebung mit historischen Ansichten. Ein Großteil davon ist auf den Stellwänden im hinteren Teil der Angerturnhalle zu sehen.
Weitere Postkarten hatte der Michelauer Sammler Hans-Joachim Wilhelm beigesteuert. Er widmete sich dabei ausführlich dem Thema "Michelau einst und jetzt". Das Spezialgebiet von Rolf Burkhardt aber ist die Inflation.
"Als am 1. August 1916 die Inflation über die Menschen hereinbrach, kostete ein Brief zehn Pfennige. Als am 1. Dezember 1923 die Zeiten der Inflation vorüber waren, kostete der Brief wieder zehn Pfennige. Zum Höhepunkt der Inflation kostete die Beförderung eines Briefes 100 Milliarden Mark", das alles kann der engagierte Sammler aus seinen Stücken entnehmen.
Die Menschen mussten lernen, in Billionen zu rechnen. Die Lohngelder in den Fabriken wurden in Wäschekörben angeliefert. Spaßvögel nutzten die wertlos gewordenen Tausendmarkscheine, um sich eine Zigarette anzuzünden oder das Wohnzimmer damit zu tapezieren.


Keine Stadtpostmarke von Kiew

Beim Regionaltauschtag war alles geboten, was das Herz begehrt, dafür sorgten schon die professionellen Händler, die von weit angereist waren. "Das Einzige, was ich nicht bekommen habe, ist eine Stadtpostmarke von Kiew", stellte Rolf Burkhardt ironisch schmunzelnd fest.
Das Gesicht des Regionaltauschtages hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Während man früher mit umfangreichen Stellwänden, gespickt mit hochwertigen Briefmarken, das Interesse des breiten Publikums zu wecken versuchte, ist der Regionaltauschtag 2018 schwerpunktmäßig als Sammlerbörse zu sehen. Das gilt eben nicht nur für Briefmarken, sondern auch für Postkarten und Münzen.
Viele Sammler sind eben nicht nur auf ein Sammelgebiet beschränkt. Es ist immer wieder ein gewisse Nachfrage da, und es wird auch verkauft und gekauft. Wer die spezielle Nachfrage bedienen kann unter den Anbietern, "der ist der King", sagte der erfahrene Sammler. Und er wiederholte sich: "Heimat geht immer, je älter desto besser, Postkarten von 1899 und möglichst noch mit einem Michelauer Stempel drauf."
Aber es ist alles schon recht speziell. So suchte ein Sammler nach Briefmarken, auf denen eine weitere Briefmarke abgebildet ist. So gibt es weltweit rund 20 Briefmarken, auf denen der Schwarze Einser abgebildet ist. Die erste Briefmarke Deutschlands wurde seit dem 1. November 1849 im Königreich Bayern ausgegeben. Die älteste dieser Briefmarken stammt aus Kairo. Damals wurde in Ägypten Werbung für eine Briefmarkenausstellung mit dem Schwarzen Einser gemacht. Die Welt ist ein Dorf. Und es sieht ganz danach aus: Der Spezialist unter den Sammlern, der wird weiterleben.