Abwassergebühr künftig gesplittet

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Der Markt Hirschaid will Dächer und versiegelte Hofflächen gesondert berücksichtigen. Grundeigentümer sind zur Selbstauskunft verpflichtet.

Einstimmig entschied sich der Marktgemeinderat Hirschaid unlängst zur Einführung der gesplitteten Abwassergebühr zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Auch wenn es sich dabei um die Abrechnung der Kosten der Reinigung einer Schmutzbrühe handelt, ist absehbar: Die harmlos klingende Neuerung wird einigen Staub aufwirbeln. Vor allem jene Grundbesitzer, die von großen befestigten Flächen Niederschlagswasser in die Kanalisation einleiten, werden in Zukunft stärker zur Kasse gebeten. Denn sie tragen erheblich zur Quantität verunreinigten Abwassers bei, doch kamen sie dafür bisher in der Regel ungeschoren davon.
Dass sich das ändert, ist auf die professionelle Kommunalberatung zurückzuführen, der sich die Marktgemeinde seit geraumer Zeit bedient: Das Büro Dr. Schulte/Röder hat herausgefunden, dass der Kostenanteil der Beseitigung von Niederschlagswasser an den Gesamtkosten der Hirschaider Abwasserbeseitigung bei 19,3 Prozent liegt. Der Schwellenwert von 12 Prozent sei damit deutlich überschritten. Die Kosten der Abwasserreinigung werden somit ungerecht verteilt. Aber nur noch so lange, bis die jetzt beschlossene gesplittete Abwassergebühr eingeführt sein wird. Danach wird weiterhin ein Teil der Gebühr aus dem Wasserverbrauch berechnet. Hinzu kommt künftig ein Faktor, der sich nach der quadratmetergenau zu ermittelnden, versiegelten und an die Kanalisation angeschlossenen ("abflusswirksamen") Fläche bemisst.
Zur Ermittlung der Flächen, von denen Regen- und Tauwasser in die Kanäle geleitet wird, wendet Hirschaid per Gemeinderatsbeschluss das "Wirklichkeitsmaßstabsverfahren" an: Dazu wird eine eingehende Befragung der Grundbesitzer mithilfe von Fragebögen durchgeführt. Die Eigentümer müssen sich aufgrund einer Satzungsergänzung an der Selbstauskunft beteiligen und wahrheitsgemäß mitwirken. Das gilt als ein sehr bürgernahes Verfahren, das nach einschlägigen Erfahrungen auf hohe Akzeptanz trifft.


Bürgernahes Verfahren

Die Selbsterkenntnis der eigenen versiegelten Flächen führt häufig zum gewünschten Nebeneffekt der "Entsiegelung". Das heißt, es wird nach Möglichkeiten geforscht, das Niederschlagswasser umweltgerecht zu versickern (und laufende Kosten zu senken). Die Selbstveranlagung ist zudem für die Gemeinde ein kostengünstiges Verfahren. Ein Nachteil besteht in der allenfalls erforderlichen Nacharbeit: Säumigen Auskunftspflichtigen muss man eventuell "nachlaufen" und bei offensichtlichen Falschangaben muss auch nachgeprüft werden.
Es gäbe eine Alternative: die Flächenermittlung durch Befliegung und Auswertung von Luftbildern. Dies wäre für die Gemeinde teurer und mit einiger Sicherheit würden strittige Fälle auftreten, die bei dem bekannten fränkischen Gerechtigkeitsempfinden ("Mei Rechd will i hom!") in die eine oder andere Auseinandersetzung münden würden. Zudem ist dieses Verfahren mängelbehaftet - oft verhindern Bäume den vollen Überblick - und es besteht weniger Anreiz zur Entsiegelung. All diese Erkenntnisse wurden dem Gemeinderat vom Ingenieurbüro Sauer und Harrer zu bedenken gegeben. Nach reiflicher Überlegung fiel die eingangs erwähnte Entscheidung.
Bürgermeister Klaus Homann (CSU) weist darauf hin, dass die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr für den Markt Hirschaid ein Nullsummenspiel sei, denn unterm Strich darf nach wie vor kein Überschuss erzielt werden. Kostendeckung ist das Ziel und vor allem: Beitragsgerechtigkeit. Sie wird dadurch verletzt, dass zum Beispiel der Besitzer einer großen Werk- oder Lagerhalle, deren Dachwässer in den Kanal geleitet werden, nur analog seinem Wasserverbrauch (Toilette, Waschbecken, Bodenreinigung etc.) Abwassergebühr bezahlt. Für die große Menge Dachflächenwasser, die verunreinigt in der Kläranlage ankommt, fällt bislang keine Gebühr an. Allerdings sind schon bisher einige Unternehmen dazu übergegangen, das Oberflächenwasser ihrer Betriebsstätten auf den Grundstücken versickern zu lassen. Dafür werden Zisternen, Sickerschächte oder Rigolen eingesetzt.