Eine Ära geht zu Ende: Raumausstatter Erich Heinkelmann in der Coburger Straße in Lichtenfels hat seinen Familienbetrieb geschlossen. Die Corona-Krise war kein Grund, jedoch ein Anlass dafür. Einen Nachfolger gibt es nicht.
Wird das alte Gebäude in der Coburger Straße 3 seinen vertrauten Schriftzug "Heinkelmann" behalten? Doch nicht nur als Zeuge der Stadtgeschichte erfährt das Haus, das bereits Anfang des 17. Jahrhunderts in Quellen genannt wird, seinen Wert: 93 Jahre lang hat es die Familie Heinkelmann mit geschäftigem Leben erfüllt, zuletzt als Fachgeschäft für Heimgestaltung durch den 66-jährigen Erich Heinkelmann. Im Laufe der Jahre versorgte dieser seine Kundschaft mit passenden und aufeinander abgestimmten Wandbekleidungen, Bodenbelägen, Gardinen oder Sonnenschutzsystemen.
Dabei scheint der Ursprung des Familienbetriebs ganz anderer Natur zu sein. Oder gar ähnlicher? Im Jahr 1927 heiratete der Großvater Erich Heinkelmanns, der aus Bad Staffelstein stammte und Jakob hieß, in das Wohn- und Geschäftshaus "ein". Als Sattler stellte er aus Leder oder Stoffen Gegenstände zur Verwendung im Umgang mit Tieren her - Sättel und vieles mehr. Das Geschäft florierte zunächst, da die bevorzugte Fortbewegungsart zu Pferde stattfand.
Die fortschreitende Motorisierung und der Rückgang der Pferdehaltung zwangen ihn jedoch bald zum unternehmerischen Umdenken: Mit dem Polstergeschäft und den von ihm eigens entwickelten Patentdrahtmatratzen sorgte er in mühsamer Handarbeit für ein neues Kerngeschäft. Sein Sohn Werner richtete später das Geschäft der Heinkelmanns auf die Raumausstattung hin aus, starb jedoch früh.
Nach 18 Jahren bescheidener Führung durch seine Witwe Kundigunda übernahm 1994 abermals der Sohn der Familie, Erich Heinkelmann - mittlerweile "von der Pike auf" angelernt, das Unternehmen mit zeitweise zwölf Angestellten.
Grüne Farbe und rustikale Eiche
Doch der Beruf hat sich verändert: "Wenn man früher ein Haus gebaut hat, ist man oft zum Raumausstatter gegangen und hat sich vorgestellt. Ich bin dann zu ihnen nach Hause gefahren, habe alles ausgemessen und schließlich 20 Fenster und 20 Böden gemacht", blickt Erich Heinkelmann zurück.
Seine Hauptkunden kamen zu allen Zeiten aus der "Mittelschicht". Viel Werkzeug hatte er immer dabei, denn vor allem die Bodenarbeiten seien sehr maschinenintensiv gewesen.
Heute erfahren Heimtextilien und besonders Gardinen ohnehin einen Rückgang, aber auch der Preiskampf durch die Konkurrenz von Baumärkten sei hart, begonnen bei den Angeboten von Parkett- und Teppichböden hin zu Dekorationsartikeln. Heutige Baumärkte haben viele Produkte und Materialien zur Raumausstattung billiger vorrätig.
Doch Erich Heinkelmann mochte und mag seinen Beruf: "Es ist interessant. Ich konnte mich entfalten und Leute bei ihrem Einrichtungsstil beraten." Das Angebot von Heinkelmann reichte vom Modetrend aus möglichst viel grüner Farbe und rustikaler Eiche Mitte der 1990er Jahre bis hin zu neuen, sanften Pastellfarben und Minimalismus.
Keine Spur von Trauer
Die Überlegung, sein Unternehmen doch fortführen zu wollen, sieht er, selbst kinderlos, kritisch: Wie viele seiner Kollegen hätte er zumindest in das Online-Geschäft einsteigen müssen - besonders nun während der Corona-Krise.
Zeitweise mit geschlossenem Geschäftsbetrieb oder Beratungen mit Terminvereinbarungen sei die Corona-Krise kein Grund, jedoch ein Anlass für Erich Heinkelmann gewesen, das Familienunternehmen nach 93 Jahren zu schließen.
Heute steht Heinkelmann in den beinahe leeren Verkaufsräumen des Gebäudes, einzelne Gardinen und Stoffe liegen noch in den Regalen. Doch von Trauer keine Spur: "Ich bin stolz auf das Geschäft und was wir in den letzten Jahren geschafft haben, aber jetzt ist der Zeitpunkt zu gehen", bekennt er. "Wir" beinhaltet auch seine Schwester Barbara, die vor einigen Jahren mit dem Verkauf von Accessoires für Haus und Garten als "shop in shop" in das Geschäft eingestiegen ist.
Doch auch als Rentner, der gerne drechselt, reist und mit seinem Motorrad unterwegs ist, wird er einen Blick auf das Gebäude haben: Die Vermietung der rund 1000 Quadratmeter großen Fläche ist derzeit seine Hauptaufgabe.
Neues Einzelhandelsgeschäft
Schon 1967 wurde die an das Hauptgebäude in der Coburger Straße 3 angrenzende Scheune ausgebaut und in das Geschäft einbezogen. Heute bietet der einstige Hofraum mit seinen drei umliegenden Fenstern einen besonderen Raum für die Warenpräsentation. Im Laufe der Zeit wurden Teile der Flächen im Erdgeschoss bereits vermietet, etwa zehn Jahre lang an das Bekleidungsunternehmen C & A, das einen Kidstore in der Coburger Straße etablieren wollte. Zuletzt hatte ein Dienstleister der Tagespflege größere Räume links neben dem "Hof" angemietet. Nun soll ein Einzelhandelsgeschäft folgen, verrät Erich Heinkelmann, der seiner treuen Stammkundschaft seinen Dank ausspricht.