40 Tage Verzicht: Was soll das?

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Lebensstil  Nach dem Fasching kommt die Fastenzeit. Viele Menschen versuchen, die nüchternen sieben Wochen bis Ostern zu überstehen. Zum Beispiel einige Bürgermeister aus dem Landkreis...

von unserer Mitarbeiterin Johanna Eckert

Kreis Haßberge — Heute ist Aschermittwoch. Für die Christen beginnt damit eine 40-tägige Fastenzeit mit Vorbereitung auf das Osterfest. Um was es dabei geht? Viele Menschen nehmen das mit der Fastenzeit sehr wörtlich, wie eine Studie der gesetzlichen Krankenkasse DAK-Gesundheit zeigt: 75 Prozent der Menschen in Bayern würden in diesen Tagen am ehesten auf Süßigkeiten verzichten, auf Alkohol 74 Prozent. Knapp 40 Prozent würden ohne Fleisch und Zigaretten leben können. Jeder Dritte könnte die Finger von Handy und Computer lassen.
Aber: "Fasten hat nicht zwangsläufig etwas zu tun mit ,nichts essen'", betont Domvikar Paul Weismantel aus Würzburg. Im Mittelpunkt steht viel mehr: "Dass man mal nachspürt, was mich bindet. Nachspürt, ob alles passt und überlegt, wie ich mit den Dingen umgehe und woran ich mich freue", erklärt Hans-Christian Neiber, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde. Dass der Verzicht auf Nascherei, Alkohol und Fleisch ganz unmittelbar mit der Fastenzeit in Verbindung steht, rührt aus dem sehr enggefassten Verständnis des Begriffes selbst, und den Traditionen.

Nicht weniger, mehr!

Laut wissenschaftlicher Ergebnisse gilt Bayern als "Fasten-Hochburg": Knapp zwei Drittel der Bayern haben schon einmal gefastet - so viele wie in keiner anderen Region Deutschlands. Einer von ihnen ist Kreisrat und Bürgermeister von Sand, Bernhard Ruß (SPD): "40 Tage fasten, 40 Tage lang keinen Alkohol habe ich in den letzten Jahren schon bewältigt." In der diesjährigen Fastenzeit will der Politiker auf eine bestimmte Sache jedoch nicht verzichten, sondern etwas mehr machen: "regelmäßig Sport machen." Genauer gesagt, will Ruß an der frischen Luft walken. Denn: "Laufen stärkt den Körper und die Gesundheit. Laufen stärkt den Geist."
Er nutzt die Fastenzeit für Körper und Seele und hofft, Energien zu sammeln, die ihn auch noch nach den 40 Tagen der Fastenzeit als sportlichen Mann dastehen lassen. Wie sein Amtskollege aus Oberaurach, Thomas Sechser (CSU).
Sein kleiner Vorsatz für die nächsten 40 Tage soll auch für den Rest des Jahres Fortsetzung finden: "Ich werde gemeinsam mit meiner Frau Andrea mindestens einmal in der Woche die Walkingstöcke in die Hand nehmen und den wunderschönen Steigerwald erkunden." In diesem Fastenvorsatz sieht er mehrere Vorteile: Zeit mit seiner Frau zu verbringen und die körperliche Fitness auf Vordermann zu bringen.
Mit dem Aschermittwoch geht in den meisten Bäckereien die Krapfenzeit zu Ende. Nicht so in der Steigerwaldbäckerei Oppel in Rauhenebrach.

Gesunde Sünden?

Dort sind sie zwar nicht mehr närrisch, aber über den Ladentisch wandern sie auch noch nach dem heutigen Tag: die Dinkelkrapfen. "Es ist die gesündere Sünde", erzählt Bäckermeister Michael Oppel über sein Produkt, mit dem er den Zeitgeist treffen will. Immer mehr Kunden fragen bei ihm nach natürlichen und regionalen Produkten, die auch für Allergiker geeignet sind. Oppel weiß, dass dieses Bewusstsein für Lebensmittel bei manchen Menschen auch in der Fastenzeit reift. Deshalb bietet er in seinem Familienunternehmen in diesen Tage entsprechende Produkte an.
Ausgenommen von der Fastenzeit, die die Christen in den nächsten sieben Wochen bis zum Osterfest begleitet, sind die Sonntage. "Diese Tage sind für sich allein gesehen jeweils ein kleines Osterfest. Wir gedenken dem Tod und der Auferstehung Jesu und dürfen an diesen Tagen auch jubeln und uns freuen", sagt Pfarrer Hans-Christian Neiber aus Zeil am Main. Fast wunderbar, denn nur noch wenige Tage dauert es, dann öffnen die Eisdielen im Landkreis wieder ihre Pforten. Und was passt zu einem Sonntagsspaziergang besser als eine dicke Kugel Schokoladeneis?

Der Griff nach der Süßigkeit

Für Pater Rudolf Theiler und Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) aus Ebern kommt das aber nicht in die Tüte, denn beide wollen nach der Fastenzeit etwas weniger Gewicht zu tragen haben. "Ganz tragisch wird das an der Tankstelle werden", gibt der Eberner Stadtpfarrer jetzt schon zu, "denn so lange das Kartenlesegerät an der Kasse arbeitet, greife ich immer zu etwas Süßem".
In den nächsten sieben Wochen aber nicht. Er benutzt die Fastenzeit, nicht nur für sich, sondern auch für andere: "Ich will jeden Tag mit einer Person, die mir lieb ist oder die in der Pfarrgemeinde verantwortlich ist, in Gedanken verbunden sein." Was ihn an diesen Vorsätzen hindern könnte? "Das ich selbst zu schlaff wäre", sagt der Geistliche. In diesen Momenten hofft er auf Freunde, die ihn unterstützen. In vielen Kirchengemeinden begleiten Exerzitienkurse die Menschen durch die Fastenzeit, einzelne geben sich der Reinigung des Körpers im Heilfasten hin.
Was man sich bewusst zum Feierabend gönnt, ist in den kommenden sieben Wochen nicht die Zigarette mit dem Gläschen Wein, sondern eher ein Spaziergang in der Natur. Ein kurzer Ausstieg aus der Konsumgesellschaft und dabei den Off-Knopf von TV, Handy oder Computer drücken, auch das kann Teil des Fastens sein. Bürgermeister Jürgen Hennemann etwa hat sich vorgenommen: "Ich werde meine Aktivitäten in Facebook einschränken."