Entweder hat Fürth ein Denkmal-Problem oder die Denkmalstadt wehrt sich zu Recht gegen den Schutz fragwürdiger Zeitzeugen aus Stein. Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) findet die Ernennung des "Woolworth-Kaufhauses" zum Denkmal "lächerlich".
Auf den ersten Blick hat der viergeschossige Eckbau mit dem flachen Dach und der grauen Fassade wenig mit einem optischen Juwel gemein, das für die Nachwelt erhalten werden müsste. "Unser Wollwordd soll schö sei?", wundert sich eine Frau beim Begutachten der Stoffschuhe in der Auslage für schlappe 5,99.
Über 1500 Denkmäler gibt es in Fürth. Damit ist die Kleeblatt-Stadt einsame Spitze in Bayern. Nun hat die Stadt sogar ein neues Gebäude mit dem wohlklingenden Titel geschenkt bekommen. Denn das Landesamt für Denkmalpflege hat kürzlich das in die Jahre gekommene "Woolworth-Kaufhaus", das die Fürther fränkisch-liebevoll nur "Wollwordd" nennen, in die offizielle Denkmal-Liste aufgenommen.
OB Jung: Unpassender Klotz Das brachte Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) zumindest verbal auf die Palme.
Über die Entscheidung der Denkmalschützer, den "unpassenden Klotz zwischen wunderschönen Häusern" zum Denkmal zu ernennen, machte er sich beinahe öffentlich lustig. Ein Denkmal, so definiert es gleich der erste Artikel im Bayerischen Denkmalschutzgesetz, ist "eine vom Menschen geschaffene Sache (...) aus vergangener Zeit, deren Erhaltung aufgrund ihrer geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen, städtebaulichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit" liegt. Nun soll also der "Woolwordd" für die Nachwelt erhalten werden?
Ein grauer Einkaufstempel Die meisten Fürther dürften sich beim aktuellen Anblick des Gebäudes fragen, welchen Narren die Denkmalschützer an dem grauen Kasten gefressen haben.
Die Experten sagen dagegen: Der Eckbau in Stahlbetonskelettbauweise sei ein seltenes Beispiel einer "bauhistorischen Entwicklung" und daher schützenswert. Das Kaufhaus in der Schwabacher Straße 54 stehe sogar stellvertretend für die gesamte Kaufhausarchitektur der Nachkriegszeit. Der wenig glamouröse Einkaufstempel sei ein sogenannter "Übergangsbau", der die Entwicklung weg vom Stahlbetonbau hin zu einem Bau mit Vorhangfassaden dokumentiere. Im Klartext heißt das wohl: Ein Gebäude muss nicht unbedingt "schön" sein, um den Sprung in die offizielle Denkmal-Liste zu schaffen. Der heute etwas marode wirkende Eckbau stammt übrigens aus der Feder des berühmten Architekten Hans Paul Schmohl.
Als das Amt von der ablehnenden Haltung der Stadt Fürth zur Eintragung des Gebäudes in die Denkmalliste erfahren habe, bat Generalkonservator Mathias Pfeil nach eigenen Angaben den Oberbürgermeister umgehend um die lange
ersehnte Stellungnahme. Schließlich habe das Landesamt den streitbaren Eckbau bereits im Jahr 2013 auf seine Denkmaleigenschaft hin überprüft. Die Stadt Fürth habe sich nicht geäußert, hieß es.
Stadt: Diskussion nicht aufladen Inzwischen schlägt auch die Stadt in dem Fall mildere Töne an. Fürths Baureferent Joachim Krauße beispielsweise will die Debatte nicht "weiter emotional aufladen". Hinter der neuen Zurückhaltung der Stadt vermuten manche folgenden Grund: die eigenen Bürger. Denn viele Fürther würden ihrer Stadt beim Thema Denkmal nicht mehr ganz über den Weg trauen. Zu oft habe sich die Stadt in der Vergangenheit über den Denkmalschutz hinweggesetzt, so die Meinung mancher Kritiker.
Überhaupt nicht "amused" waren die Denkmalpfleger gewesen, als die Stadt Fürth im Sommer 2013 für den historischen Festsaal des Parkhotels eine Abrissgenehmigung erteilte. Auch den aktuellen Bau des neuen Einkaufszentrums in der City mit dem programmatischen Namen "Neue Mitte" sehen die Denkmalschützer kritisch.
Wohl um den Fall zu entschärfen, hat das Landesamt für Denkmalpflege das umstrittene Gebäude vorerst aus der digitalen Denkmalliste herausgenommen. Die Sache ist damit für die Fürther nicht erledigt. Sollte die Stadt der Eintragung des Woolworth-Kaufhauses nicht zustimmen, liegt ein sogenannter Dissensfall vor. Dann muss über den Eckbau im Landesdenkmalrat erneut verhandelt werden.