Forchheim
Interview

Zwei Unternehmer über Corona-Wirtschaft: "Alle könnten Gewinner sein"

Was beim Corona-Management falsch läuft und was die richtige Antwort wäre, erklären ein Forchheimer und ein Münchner Unternehmer. Ohne Vernetzung wird die Wirtschaft nicht überleben, prophezeien Peter Kaiser und Harald Lais.
Das Foto entstand während des FT-Interviews mit Harald Lais (links) und Peter Kaiser (rechts) im Medical Valley Center Forchheim. Foto: Babara Herbst
Das Foto entstand während des FT-Interviews mit Harald Lais (links) und Peter Kaiser (rechts) im Medical Valley Center Forchheim. Foto: Babara Herbst

Covid-19 greift tief in die wirtschaftlichen Strukturen ein. Ob die staatliche Regulierung zum Vor- oder Nachteil der Gesellschaft ist, darüber wird heftig gestritten. Die Unternehmer Peter Kaiser (Forchheim) und Harald Lais (München) arbeiten auf einer weltweit kooperierenden Plattform (siehe Informationen am Ende des Interviews) zusammen. Im FT-Interview erklären sie, weshalb die Corona-Herausforderungen am besten in Netzwerken gemeistert würden, die nicht nur von wirtschaftlichen Interessen geleitet seien.

Herr Lais, Sie werben für Vernetzung. Dass sich Geschäftsleute zusammenschließen, ist ja nicht ganz neu. Was ist denn so besonders an ihrer Idee der Vernetzung?

Harald Lais: Auf unserer Plattform, die Beziehungen auf höchster Führungsebene fördert, gibt es ein Geheimnis hinter der Vernetzung. Unsere Arbeit ist vom Reziprozitätsprinzip geprägt, also von der Gegenseitigkeit: Wer gibt, gewinnt. Das ist ganz wichtig, bei uns gibt keine Provisionen oder Kommissionen. Wir leben aus der Haltung gegenseitiger Unterstützung. Gerade in Covid-Zeiten ist das ein sehr moderner Gedanke.

Sie sprechen von Beziehungen auf höchster Führungsebene. Sind CEOs nicht eher damit beschäftigt, sich Konkurrenz zu machen, statt sich auszutauschen?

Lais: Gerade auf dieser Ebene gibt es ein hohes Bedürfnis, Mastermind-Wissen auszutauschen. CEOs sind oft sehr einsame Menschen und sie suchen den Austausch auf Augenhöhe.

Herr Kaiser, was erhoffen Sie sich konkret von einer Plattform wie Corporate Connections?

Peter Kaiser: Die Idee, sich gegenseitig durch Empfehlungen zu helfen, habe ich in den letzten Jahren auf lokaler Ebene über das Netzwerk BNI kennengelernt. Durch Corporate Connections hoffe ich, mir einen unternehmerischen Traum erfüllen zu können und international ins Geschäft zu kommen. Beispielsweise geht es bei Planungsaufträgen im Ausland viel auch um rechtliche Fragen, dabei kann mir die Plattform helfen. Außerdem begeistert mich eine Kultur der Exzellenz, weg vom Mittelmaß.

Was befähigt einen Unternehmer, bei Ihnen mitmachen zu dürfen? Wenn jemand wie Peter Kaiser bei Ihnen anklopft, was muss er mitbringen außer mindestens fünf Millionen Jahresumsatz?

Lais: Der Umsatz ist nur eine Kerngröße, die nicht alles sagt. Die Bewerbung wird geprüft, dabei spielt das Persönliche die entscheidende Rolle. Herrn Kaiser zum Beispiel kenne ich schon einige Jahre und ich weiß um seine soziale Kompetenz als Unternehmer. Unsere Plattform gibt es seit 35 Jahren und jetzt starten wir in Deutschland. Dabei haben wir nicht ein einzelnes Unternehmen in Forchheim im Auge, sondern die ganze Region.

Exzellenz, das klingt, als wären kleine Unternehmer Mittelmaß und hätten bei Ihnen keinen Platz.

Lais: Nein, das ist keine Abwertung. Es ist nun mal so: Große Unternehmen haben andere Themen und eine andere Werte-Welt. Wir grenzen nicht aus, sondern bringen zusammen, was zusammenpasst.

Apropos Werte: In Corona-Zeiten ist der Staat bereit, sich heftig zu verschulden, um Unternehmern zu helfen. Ist das nicht eine Solidarität, die Ihre Plattform gar nicht leisten kann?

Kaiser: Manche Branchen vorübergehend stützen, ja. Aber aus meiner Sicht ist das, was momentan läuft, der falsche Weg. Teilweise werden Branchen künstlich am Leben gehalten, denen es schon vor Corona schlecht ging. Für viele Automobilzulieferer etwa war es schon immer eng. Wenn sie jetzt vom Staat gefördert werden, können sie nichts aus der Corona-Krise lernen. Sie sind nicht bereit, neue Wege zu gehen.

Sie glauben also auch in Corona-Zeiten daran, dass der Markt es schon regelt?

Kaiser: Nein, die soziale Marktwirtschaft ist ein wichtiger Baustein. Aber die sozialen Komponenten, die sich der Staat aktuell leistet, können auch behindern. Man muss nicht die unternehmerischen Werte über alles stellen - doch jetzt geschieht das Gegenteil.

Sie waren selbst mal in der Politik aktiv. Wenn sie jetzt ein Söder wären, was würden Sie denn tun?

Kaiser: Einen besseren Ausgleich zwischen Wirtschaft und Sozialem schaffen. Gerade die Gastronomie hat vorbildlich auf Corona reagiert und viel geleistet. Dann darf man sie doch nicht durch einen Lockdown betrafen. Zumal die Analyse der Infektionszahlen belegt, dass die Gastronomie nix dafürkann.

Läuft aus ihrer Sicht wirtschaftspolitisch etwas falsch, Herr Lais?

Lais: Ich bin seit 35 Jahren selbstständig. Dabei habe ich gelernt, Situationen zu akzeptieren und den Wind optimal zu nutzen. Bei unseren weltweiten Konferenzen halten wir uns jedenfalls nicht mit sinnlosen Diskussionen über Politik auf.

Sondern?

Lais: Wir reden nicht über das das, was wir nicht beeinflussen können. Corporate Connections lebt sehr stark vom Pragmatismus. Wir beobachten, dass die Covid-Situation die Gesellschaften in der Bedürfnispyramide auf die unterste Ebene bringt. Es geht um Sicherheit, Gesundheit und Überleben. Als Unternehmer fokussieren wir uns auf den Benefit, den wir durch unseren Einfluss haben.

Sie ärgern sich nicht über die Politik? Über die Einschränkungen?

Lais: Viele Maßnahmen gehen in die richtige Richtung. Aber es wird höchstwahrscheinlich auch einen Bumerang-Effekt geben. Das Risiko einer Insolvenz-Welle ist bei den staatlichen Eingriffen sehr hoch. Was ich mir wünsche, wäre mehr situative Intelligenz. Sehen Sie, ich lebe in München. Da haben wir ein Stadion für 80 000 Zuschauer. Wie kann es sein, was jüngst der Fall war: Im Biergarten durften 500 Leute zusammensitzen, während gleichzeitig das Champions League Spiel nebenan vor leeren Rängen ablief.

Wird die Gesellschaft nach Corona eine andere sein?

Kaiser: So, wie es war, geht es nicht mehr weiter. Wir werden wieder mehr zusammenrücken. Die Arbeitsbedingungen müssen darunter nicht leiden. Corona zeigt, dass vieles auch einfacher werden kann. In meinem Unternehmen zumindest gibt es mehr Zufriedenheit, weil sich die Mitarbeiter auf das Planen konzentrieren können und nicht mehr so viel rumfahren müssen.

Alle rücken zusammen wie auf Ihrer Plattform. Das klingt wie im Märchen: Weil Unternehmen global kooperieren, wird es eine Weltwirtschaft ohne Verlierer geben?

Lais: Es ist wichtig zu verstehen, dass es nicht nur um das Geschäft geht. Nicht zufällig gibt es die Entwicklung hin zur Connectivity, Vernetzung ist nun mal einer der Megatrends weltweit. Das Potenzial lässt sich durch solche Zusammenschlüsse verfünfzigfachen. Alle könnten Gewinner sein, wenn sie sich vernetzen würden. Sie müssten es nur tun.

Das Interview führte Ekkehard Roepert

Weltweites Netzwerk will die lokale Forchheimer Wirtschaft stärken

Plattform Corporate Connections versteht sich als "führende Plattform zur Förderung von Beziehungen auf höchster Führungsebene", sagt Harald Lais, der Geschäftsführender Gesellschafter von Corporate Connections Germany.

Das weltweit aktive Netzwerk baut aktuell Standorte in Osnabrück, München, Wiesbaden und Herzogenaurach auf. Der Forchheimer Unternehmer Peter Kaiser (Chef der Firma Kaiser-Amm TGA-Planung 4.0) hat den Aufbau in der Region übernommen. Mit dem Netzwerk hätten die Unternehmer "wertvolle Unterstützung an ihrer Seite, um ihre Geschäftsfelder auszubauen, die lokale Wirtschaft zu stärken und in über 70 Ländern neue Kontakte zu knüpfen", erklärt Peter Kaiser.

Beteiligung Wer bei Corporate Connections mitmachen will, muss Geschäftsführer, Führungskraft oder Gesellschafter eines Unternehmens sein, dessen Umsatz mindestens fünf Millionen Euro pro Jahr beträgt.

Der Unternehmer Peter Kaiser sagt, dass er auch in Kooperation mit dem Forchheimer Wirtschaftsförderer Viktor Naumann Gespräche mit vielen Forchheimer Firmen führen werde. Das Netzwerk werde landesweit auf über 40 Standorte mit mehr als 2000 Führungspersönlichkeiten ausgebaut. red