Zwei Franken suchen sich noch in Berlin

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Haben sich in Berlin noch nicht auf ein Bier getroffen: die beiden Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Bamberg-Forchheim (von links): Thomas Silberhorn (CSU) und Andreas Schwarz (SPD). Grafik/Design: Tanja Friedrich
Haben sich in Berlin noch nicht auf ein Bier getroffen: die beiden Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Bamberg-Forchheim (von links): Thomas Silberhorn (CSU) und Andreas Schwarz (SPD). Grafik/Design: Tanja Friedrich

Zwei Oberfranken befinden sich mitten im Koalitionspoker. Beste Freunde sind Andreas Schwarz (SPD) und Thomas Silberhorn (CSU) noch nicht. Erste Flirtversuche gibt es freilich schon. Ob mehr daraus wird?

Die Geschichte von den zwei Königskindern wird sich derzeit auch an der Spree gerne erzählt. Wenn auch in etwas abgewandelter Form als in der berühmten Ballade fragen sich viele Beobachter im politischen Berlin: Finden die "Schwarzen" und die "Roten" wirklich zueinander? Oder kommen die Parteien nicht zusammen, weil das Wasser am Ende für die Parteien doch zu tief ist?

Während bei den vermeintlichen Großkoalitionären abwechselnd die Herzen höher schlagen und dann wieder die Fetzen fliegen, müssen sich auch Andreas Schwarz (SPD) und Thomas Silberhorn (CSU), die für den Wahlkreis Bamberg-Forchheim im Bundestag sitzen, mit dem Gedanken auseinandersetzen, künftig quasi zu politisch besten Freunden verbandelt zu werden. Gut, die Verbindung wird nur auf Zeit geschlossen. Der Ehe-Vertrag für die Regierungsbank soll maximal vier Jahre halten. Wenn keiner vorher die Scheidung einreicht.

Schwarz, der ehemalige Bürgermeister aus Strullendorf, der für die "Roten" zum ersten Mail in Berlin hockt, bestätigt indirekt die ersten Annäherungsversuche zwischen den fränkischen Sozis und CSUlern an der Spree: "Mit Herrn Silberhorn war ich noch kein Bier trinken. Ich habe ihn neulich mal im Restaurant gesehen. Man sagt halt Hallo", schildert der frischgebackene Bundesparlamentarier die erste kühle Begegnung der fränkischen Bundespolitiker rund um den Reichstag.

Schwärmen klingt anders

"Herrn Schwarz habe ich in Berlin kurz getroffen", bestätigt Thomas Silberhorn kurz und knapp. Schwärmereien klingen anders. Eile beim Näherkommen scheinen die beiden Bundespolitiker aus dem Wahlkreis Bamberg-Forchheim jedenfalls nicht zu haben.

Zumal die Koalitionskinder noch immer nicht wissen, ob sie tatsächlich zusammen kommen wollen. Denn selbst wenn alle Zeichen für ein Kabinett Merkel/Gabriel sprechen, steht die Koalition noch in den Sternen. "Ob es tatsächlich zur großen Koalition kommt, steht ja noch nicht fest", betont Andreas Schwarz und schickt noch ein Warnsignal an die CSU/CDU hinterher: "Wir haben erst am Mittwoch um 15 Uhr die entscheidende Fraktionssitzung. Da wird Sigmar Gabriel verkünden, ob der Mitgliederentscheid über eine mögliche Koalition überhaupt durchgeführt wird." Entscheidend seien die letzten Gespräche in allerletzter Minute.

"In diesen Tagen müssen die letzten gordischen Knoten noch durchstoßen werden. Wenn das nicht passiert, bin ich dafür, nicht eine Koalition um jeden Preis einzugehen", sagt Schwarz. Eine Koalition mache nur dann Sinn, wenn sich die "SPD darin inhaltlich auch wiederfindet", findet Schwarz. Und? Inwieweit findet sich der Sozialdemokrat aus Strullendorf in den Koalitionspapieren wieder? "Man muss schon sagen, eine CDU/CSU-SPD-Koalition wird keine Liebesheirat, sondern bleibt ein Zweckbündnis." Das klingt nicht nach Schmetterlingen im Bauch. Verstand sticht Herz im politischen Berlin. So scheint es jedenfalls.

"Es gab eine Fülle von Meinungsverschiedenheiten. Aber von Ärger oder sonstigen Emotionen lasse ich mich nicht leiten", sagt Silberhorn ganz nüchtern. Gerade wenn es einmal emotional werde, müsse man hochkonzentriert und hellwach sein, findet Silberhorn. Eiskalt bleibt der CSU-Mann auch beim Herzenswunsch der SPD, die Menschen wieder früher in Rente schicken zu dürfen. "Dem Wunsch der SPD, die Rente mit 67 wieder auszuhebeln, dürfen wir nicht nachgeben." Die Reformen der letzten großen Koalition hätten die Rente erst zukunftsfest gemacht. Jetzt dürften die schmaler werdenden Schultern der nächsten Generation nicht sofort wieder überladen werden, findet Silberhorn und ärgert sich vielleicht innerlich doch ein bisschen mehr als er zugeben mag.

Nicht alles eitel Sonnenschein

Auch Schwarz scheint nicht frei von negativen Gefühlen zu sein: "Beim Thema Maut agiert die CSU nicht ehrlich. Da ärgere ich mich schon manchmal, weil hier Populismus statt Politik betrieben wird", sagt Schwarz und kommt schnell wieder auf ein schöneres Thema zu sprechen: "Mit Berlin hab' ich mich schon angefreundet. Mein Büro ist mittlerweile sogar eingerichtet", erzählt Schwarz und schwärmt von der vornehmen Adresse "Unter den Linden" einen Fußweg vom Reichstag entfernt.

Bald will auch Thomas Silberhorn seinen neuen Kollegen aus Franken in Berlin einen Besuch abstatten. "Wir sind so verblieben, dass wir uns einmal zusammensetzen, wenn er sein Büro zum Laufen gebracht hat", verrät Silberhorn, der auf eine "pragmatische Zusammenarbeit" setzt, sobald die Themen den Heimat-Wahlkreis Bamberg-Forchheim beträfen. "Wenn es um regionale Themen geht, werden wir zusammenarbeiten. Wir kennen uns ja. Wir sind uns auch nicht fremd", sagt auch Schwarz und ärgert sich dann doch noch über seinen vielleicht bald neuen Koalitionsfreund:

"Eurobonds konnten wir leider nicht durchsetzen. Durch falsche Klientelpolitik verlängert die Union die Schuldenkrise", ärgert sich Schwarz, während Silberhorn jubelt: "Unser größter Verhandlungserfolg in meiner Verhandlungsrunde ist, dass wir die Vergemeinschaftung von Schulden ausdrücklich ablehnen. Für Eurobonds oder einen Schuldentilgungsfonds gibt es deshalb keinen Spielraum."

Spielraum scheint es stattdessen für die fränkische Männerfreundschaft an der Spree zu geben. Die Chancen für eine politische Romanze stehen nicht schlecht. Auch wenn sich beide Seiten noch ein bisschen zieren.