Wer bestimmt die Tagesordnung in Forchheim?

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Bevor der Stadtrat über ein Thema abstimmen kann, vergehen oft Monate, mitunter sogar Jahre. Foto: Ekkehard Roepert
Bevor der Stadtrat über ein Thema abstimmen kann, vergehen  oft Monate, mitunter sogar Jahre.  Foto: Ekkehard Roepert

Die Stadträte des Forchheimer Bürgerforums werfen OB Uwe Kirschstein (SPD) vor, "demokratische Spielregeln zu verletzen". Der Umgang mit Anträgen sei aber das kleinere Problem, meint CSU-Rat Udo Schönfelder.

Paul Nerb und Manfred Mauser haben das Gefühl "wie Bittsteller behandelt" zu werden. Die beiden FBF-Stadträte werfen OB Uwe Kirschstein (SPD) vor, er unterlaufe als Chef der Stadtverwaltung "eine substanzielle Einflussnahme der gewählten Bürgervertreter".

Die "Stadtspitze" schiebe die Anregungen der Stadträte "auf die lange Bank" und beschäftige sich "lieber mit dem, was sie selbst als wichtig erachtet", ist Paul Nerb überzeugt. Das Forchheimer Bürgerforum macht seine Vorwürfe an dem "Umgang mit Anträgen" fest. Die würden, "wenn überhaupt nach Jahren und mehrmaliger Mahnung in die Ausschüsse eingebracht". Wie Mauser und Nerb in einer Mitteilung beklagen, hätten sie den "deutlichen Eindruck" dass die Verwaltung "eher lustlos agiert" und die Bearbeitung der Anregungen der Räte "als notwendiges Übel ansieht, das irgendwie abgearbeitet werden muss". Das Warten auf Anträge könne "durchaus Jahre dauern", betont Nerb. Mahnungen würden mit dem Hinweis abgetan, das sei jetzt nicht so wichtig.

Zum Beispiel: Das Bürger Forum beantragte am 1. Juni 2015 eine Gestaltungssatzung der Innenstadt. Ende August 2015 erinnerte das FBF an den Antrag. Eine erneute Erinnerung sei Mitte Dezember 2015 erfolgt. Mauser: "Wiederum kam es zu keiner Reaktion." Im März 2019 fragten die FBF-Räte erneut nach. Der OB und das zuständige Referat hätten dann auf gewisse Vorarbeiten und die "Arbeitsüberlastung" verwiesen. "Bezug auf unseren Antrag wurde nicht genommen", ärgert sich Paul Nerb. "Somit sind nach dem Erstantrag fast vier Jahre vergangen, in denen von Seiten der Stadt keine schriftliche Stellungnahme zu erhalten war und auf eine mündliche Nachfrage eine ausweichende Antwort gegeben wurde."

Pochen auf das "einzige Recht"

Der Begriff "Bittsteller" fällt auch bei den Forchheimer Grünen. Fraktionssprecherin Annette Prechtel vermisst bei der Stadt ein funktionierendes Antragsmanagement: "Solange es das nicht gibt, können wir als ehrenamtliche Stadträte nur reagieren. Momentan ist es nicht befriedigend. Wir müssen einen Weg finden, dass die Bearbeitung der Anträge besser funktioniert." Gewiss bedeute dies "Zusatzarbeit für die Verwaltung", räumt die FGL-Rätin ein. Aber Anträge zu stellen, sei nun mal "das einzige konstruktive Instrument und das einzige Recht" der Räte.

Wobei Annette Prechtel auch sagt, dass es "Verbesserungen" gebe. "Früher verschwanden Anträge sang- und klanglos." Immerhin habe man sich mit OB Kirschstein darauf geeinigt, dass die Anträge "im Stadtrat zur Kenntnis genommen und dort in die zuständigen Ausschüsse verwiesen werden". Dennoch würden viele Themen "durch die Gewichtung des Oberbürgermeisters" ignoriert. Etwa der FGL-Antrag, einen Armutsbericht vorzulegen: "Wir fordern das seit Jahren. Wir haben das bei jüngsten Haushaltsberatungen inhaltlich erneut begründet", erinnert Annette Prechtel: "Doch dann ist der Antrag wieder weg." Auch sehr kurzfristig lösbare Themen würden nicht angegangen. "Auf den Antrag, die Situation der Parkplätze am Königsbad zu prüfen, warten wir nun auch schon vier oder fünf Monate."

Weil, wie Paul Nerb sagt, zu wenige Anträge "den Marsch durch die Instanzen" schafften, würden "wichtige demokratische Spielregeln verletzt".

Er sehe deshalb zwar nicht die demokratische Kultur im Stadtrat in Gefahr, sagt Udo Schönfelder, der Fraktionssprecher der CSU; aber er könne die FBF-Kritik nachvollziehen: "Auch wir haben Anträge gestellt, die wir überwachen müssen, damit sie nicht in Vergessenheit geraten." Schönfelder verweist etwa auf das Thema Bürgerhaushalt: "Man hört und sieht nichts davon."

Er wünsche sich vom Oberbürgermeister "mehr Feedback auf die Anträge", sagt der CSU-Fraktionssprecher. "Aber noch stärker drückt der Schuh, wenn es um den Austausch des OB mit den Fraktionen geht", stellt Schönfelder fest. "Kirschstein bestimmt das Tempo der Tagesordnung. Dabei legt er dem Stadtrat jedes Quartal neue Steine in den Weg, wie zuletzt beim Thema Kolpinghaus. So wird Demokratie missachtet. Die Anträge sind das kleinere Problem. Der größere Frust entsteht, wenn trotz sehr deutlicher Beschlusslagen Sachverhalte nicht weiterentwickelt werden."

Empfunden und beschrieben

Der Oberbürgermeister will sich zu all dem nicht äußern. Über die Stadtsprecherin Britta Kurth teilt er mit: "Es handelt sich um eine Meinungsäußerung beziehungsweise um die Beschreibung des Empfindens einer Gruppierung im Stadtrat. Dazu möchte die Stadtverwaltung keine Stellung nehmen."

Stadtsprecherin Britta Kurth weist lediglich auf Paragraf 25 der Geschäftsordnung des Stadtrates hin. Der regele den Umgang mit Anträgen der Fraktionen.