Versorgung von Flüchtlingen: Ärzte stoßen bald an ihre Grenzen

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Screening durch das BRK in der Erstaufnahmeunterkunft in der Unteren Kellerstraße: Zur Basisuntersuchung der Flüchtlinge gehört auch das Messen der Körpertemperatur. Foto: BRK
Screening durch das BRK in der Erstaufnahmeunterkunft in der Unteren Kellerstraße: Zur Basisuntersuchung der Flüchtlinge gehört auch das Messen der Körpertemperatur.  Foto: BRK

Ob Husten, Schnupfen, Heiserkeit oder Ernsteres: Die medizinische Versorgung von Flüchtlingen stellt Behörden, freiwillige Helfer und Ärzte vor eine besondere Herausforderung. Verständigungsprobleme erschweren Diagnosen.

788 Flüchtlinge leben derzeit im Landkreis , davon sind 45 Prozent in der Stadt Forchheim untergebracht. Dies stellt all jene, die für die medizinische Betreuung der Asylsuchenden zuständig sind, vor eine zunehmende Herausforderung. Nicht nur, dass bei Neuankömmlingen in der Forchheimer Erstaufnahmeeinrichtung eine Erstuntersuchung durchgeführt werden muss - es geht auch darum, den in dezentralen Unterkünften lebenden Flüchtlingen eine ärztliche Behandlung bei akuten Erkrankungen zu ermöglichen.


Screening durch das BRK

Wie die Leiterin des Gesundheitsamtes, Dr. Christiane Fleischmann betont, würden alle Erstuntersuchungen - die so genannten Screenings - ordnungsgemäß durchgeführt. Neben diesen allgemeinen Gesundheits-Checks nach der Ankunft gebe es noch die tiefer gehenden Untersuchungen nach dem Asylverfahrensgesetz. Diese staatlich vorgeschriebene Maßnahme umfasse unter anderem eine Blutuntersuchung auf HIV, Hepatitis B und eine Röntgenuntersuchung zum Ausschluss einer Tuberkulose. Sorgen vor der Verbreitung ansteckender Krankheiten seien unbegründet, versichert die Leiterin des Gesundheitsamtes. Die Flüchtlinge zeigten zwar einen erschöpften Gesamteindruck, ein über dem Bevölkerungsdurchschnitt liegendes Krankheitsrisiko gehe jedoch von den Asylsuchenden nicht aus.

Allerdings sei das Gesundheitsamt wegen der zusätzlichen Dienstaufgaben inzwischen an seine personellen Grenzen gekommen, so dass das Screening dem Roten Kreuz übertragen worden sei. "Im September kam das Landratsamt damit auf uns zu", bestätigt BRK-Kreisgeschäftsführerin Dr. Birgit Kastura. Nachdem eine vierwöchige Testphase gut verlief, führt das BRK die Erstuntersuchungen bei Bedarf nun vertragsmäßig durch - und zwar direkt in der Erstaufnahmeeinrichtung in der Unteren Kellerstraße. Seit Mitte September seien sieben Screenings durchgeführt worden, berichtet Kastura: "Bisher haben wir 328 Flüchtlinge untersucht." Immer wenn ein Bus mit neuen Flüchtlingen zur Erstaufnahmeeinrichtung in die Untere Kellerstraße kommt, wird das BRK verständigt, um das Screening durchzuführen. Oft dabei ist Kreisbereitschaftsleiter Helmut Karg. Mit der sprachlichen Verständigung funktioniere es "teils, teils", berichtet Karg - viele Flüchtlinge verstünden Englisch, andere nur ihre Muttersprache. Aber es finde sich meist jemand unter den Asylbewerbern, der dolmetschen könne. "Für spezielle Fragen haben wir auch Listen in den verschiedensten Sprachen", erklärt der Kreisbereitschaftsleiter. Neben dem BRK sind auch ehrenamtliche Helfer im Einsatz, darunter Ärzte und Apotheker. Wie Karg berichtet, hätten sich Mediziner bereit erklärt, vor Ort gegebenenfalls auch Erstbehandlungen durchzuführen. "Denn jetzt geht es los mit den Erkältungen und Unterkühlungen." Ganz aktuell berichtet Karg von einem Treffen dieser Tage zwischen Helfern und Behördenvertretern: "Bei der Sitzung ist geklärt worden, dass wir jetzt vom Sozialamt Behandlungsscheine bekommen". Damit ist rasche Hilfe vor Ort möglich.


Schneller zur Behandlung

Bevor sich ein akut erkrankter Asylbewerber von einem niedergelassenen Arzt untersuchen lassen kann, muss er sich normalerweise einen Behandlungsschein von der Sozialbehörde im Landratsamt aushändigen lassen. "Doch dies ist nicht immer praktikabel - beispielsweise für Leute, die außerhalb Forchheims untergebracht sind", gibt der Leiter des Referates für soziale Aufgaben, Frithjof Dier, zu. Daher wolle man jetzt an die Gemeinden mit der Bitte herantreten, die Behandlungsscheine durch ihre Verwaltung auszustellen, damit die Erkrankten ohne Umwege zum Arzt gehen können. Abgerechnet würden die Behandlungsscheine, wie auch bei Sozialhilfeempfängern üblich, über das Landratsamt als Vertreter des Freistaates. Die Vergütung entspreche den Leistungen der gesetzlichen Pflichtversicherungen, erklärt Dier. Die Krankenkassen würden damit jedoch nicht belastet, unterstreicht der Sozialamtsleiter.


Sprachprogramm als Arzthelfer

"Gerade hatte ich einen 16-jährigen Flüchtling zur Untersuchung, der kein Wort Englisch sprach", erzählt der Allgemeinmediziner Dr. Thomas Fiermann, der zusammen mit Dr. Gert Schuback eine Gemeinschaftspraxis in Kersbach und Heroldsbach betreibt. Die Verständigung mit den Flüchtlingen sei oft "extrem schwierig". Äußerliche Symptome seien auch ohne Worte einfach zu erkennen - aber bei inneren Erkrankungen werde es ohne Verständigung schwierig. Sein Kollege Gert Schuback behilft sich, wenn's nicht anders geht, mittels eines Sprachprogramms auf seinem Smartphone. "Sayhi" heißt der elektronische Arzthelfer. Was man auf Deutsch hineinspricht, kommt auf Arabisch, oder in 20 weiteren Sprachen, heraus - und umgekehrt. "Wir Allgemeinärzte sind im Prinzip alleine gelassen", kritisiert der Mediziner und bemängelt die behördliche Organisation. Schon ohne Flüchtlinge seien die Wartezimmer proppenvoll. Die Situation sei zwar jetzt noch überschaubar. Bei realistischer Betrachtung würden aber mit Zunahme der Erkrankungen im Winter auch die Grenzen der medizinischen Versorgungsmöglichkeiten erreicht, befürchtet der Arzt - der übrigens privat eine Flüchtlingsfamilie aus Syrien unterstützt. "Man müsste die Politiker mal zur Brust nehmen", ärgert sich der Mediziner über die Regierungsdebatten. Die Träger der Flüchtlingshilfe seien alleine die freiwilligen Kräfte.