Sieben Forchheimer Einrichtungen haben es sich als Ziel gesetzt, psychische Krankheiten in der Bevölkerung von Stigmatisierungen zu befreien.
Knapp zehn Jahre ist es her, dass Irmgard Pees einen wichtigen Schritt gewagt hat. Die Diplom-Psychologin des sozialpsychiatrischer Dienstes "Insel" in
Forchheim ging damals auf die Kollegen anderer Einrichtungen zu. "Sie hat den Stein ins Rollen gebracht", sagt Susanne John vom Awo-Betreuungsverein. Ziel der Zusammenkunft war es, das Thema der psychischen Krankheiten bekannt zu machen, die verschiedenen Stellen in Forchheim zu vernetzen und ein Bewusstsein in der Öffentlichkeit zu schaffen.
"Jedes Jahr am 10. Oktober ist der Tag der seelischen Gesundheit", erklärt Pees. Dieser werde von der WHO (World Health Organisation) alljährlich unter einem "komplizierten" Motto ausgerufen.
Großstädte als Vorbild
Das Motto nimmt sich der Arbeitskreis seelische Gesundheit nicht zu Herzen, den Auftrag dahinter umso mehr und so entwickelten sie nun das zehnte Mal in Folge ein Programm für den Tag der seelischen Gesundheit in Forchheim.
"Ich kannte das aus größeren Städten", sagt Irmgard Pees, "und wollte das für Forchheim ausprobieren." Begonnen wurde mit Infoständen in der Innenstadt an besagtem Tag. Über die Jahre hinweg vergrößerte sich das Programm, mittlerweile sind es mehrere Aktionstage, beginnend am 6. und endend am 24. Oktober.
Die teilnehmenden Gruppen haben sich über die Jahre kaum verändert. "Am Anfang war das Gesundheitsamt noch dabei", erinnert sich Pees, "wir hoffen, dass wir dieses wieder mit ins Boot holen können." Neben der Insel sind der Awo-Betreuungsverein, die Betreuungsstelle des Landratsamts, die Betreuten Wohnformen (wie bei der Insel ist hier die SkF Bamberg der Träger), die Lebenshilfe, der Burnout-Treffpunkt, sowie der Verein der Angehörigen psychisch Kranker (APK) beim Tag vertreten.
Seit 2009 wurden im Rahmen des Tags der seelischen Gesundheit auch Filme gezeigt, die mit dem Thema zusammenhängen. Im Anschluss zu den Veranstaltungen gibt es immer die Möglichkeit ein Gespräch mit den Vertretern der verschiedenen Gruppen zu führen und über die Filme oder Vorträge zu sprechen. 2015 gab es dann zum ersten Mal eine Veranstaltung im Jungen Theater Forchheim (JTF). Es wurde ein Theaterstück mit dem Titel "Drum ist mir alle Freund entrissen" aufgeführt. Der Zuspruch war groß und auch das JTF nahm die Veranstaltung gut auf: In diesem Jahr wird es eine Fortsetzung der Zusammenarbeit geben.
Den einzelnen Mitglieder des Arbeitskreises sind viele Aspekte wichtig. "Die Krankheiten erstrecken sich von harmlos bis tödlich", erklärt Klaus Rudy (APK). Er setzt sich dafür ein, dass psychische Krankheiten auch als Krankheiten wahrgenommen werden. "Wenn jemand an Krebs stirbt, dann erfährt man von allen Seiten Mitleid. Wenn sich jemand in Folge einer starken Depression das Leben nimmt, dann ist die Anteilnahme viel geringer", sagt er.
Es sei ein Ziel die Stigmatisierung der Kranken in der Gesellschaft zu beenden. "Wir wollen, dass die Menschen keine Angst davor haben müssen, wenn sie sich in Behandlung geben", erklärt Gabriele Keck (Burnout-Treff).
Gute Fortschritte
Es habe sich aber viel getan in den letzten Jahren in der öffentlichen Wahrnehmung, sagt Pees. "Präsenz zeigen hilft, um ins Bewusstsein zu kommen", weiß die erfahrene Psychologin.
Um Aufmerksamkeit und den ein oder anderen zusätzlichen Blick zu bekommen, werden am 8. Oktober in der Fußgängerzone mehrere weiße Würfel zu sehen sein. Darauf wollen die engagierten Gruppierungen Vorurteile schreiben, die es über psychische Erkrankungen gibt und diese auch auflösen. Schritt für Schritt wird durch ihre Arbeit die Akzeptanz gesteigert.
Programm zur Aktionswoche
6. Oktober Im Jungen Theater tritt um 20 Uhr Martin Kolbe mit Jean-Pierre von Dach auf. Der Eintritt ist frei, es werden die "Songs from the Inside" gespielt.
8. Oktober Mehrere Info-Stände sind am Samstag von 10 bis 13 Uhr in der Fußgängerzone aufgebaut. Mit beschrifteten Papierwürfeln wollen die Einrichtungen auf sich aufmerksam machen. Die verschiedenen Unterstützungsangebote werden vorgestellt, auch Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) kommt zur Eröffnung. Die Stände sind auf Höhe der Volksbank zu finden.
18. Oktober "Depression - die Not der Angehörigen" ist ein Vortrag von Karl Heinz Möhrmann, dem Vorsitzenden des Landesverbands Bayern der Angehörigen psyisch Kranker. Veranstaltungsort ist die Insel Begegnungsstätte in der Bamberger Straße, Beginn ist um 17.30 Uhr.
24. Oktober "Burnout und Erschöpfungsdepression vorbeugen": Gabriele Keck von der Sebsthilfegruppe Burnout-Treffpunkt lädt ins Mehrgenerationenhaus in der Paul-Keller-Straße. Beginn des Vortrags ist um 19 Uhr, es wird auch eine Einführung in die progressve Muskelentspannung geben.
Konzert von Martin Kolbe
In den 70er und 80er Jahren war Martin Kolbe äußerst erfolgreich im Gitarrenduo mit Ralf Illenberger unterwegs. Nach über 1000 Konzerten in zirka 40 Ländern, sieben gemeinsamen LPs/CDs und zahlreichen Auftritten in Rundfunk und Fernsehen beendeten sie ihre gemeinsame Karriere. Der Grund: Kolbe litt an einer bipolaren Störung, früher manischdepressive Erkrankung genannt.
Pause wegen Erkrankung
25 Jahre lang pausierte der Künstler, bis er 2012 zum ersten Mal wieder öffentlich auftrat. Mittlerweile geht er offen mit seiner Erkrankung um und setzt sich für die Akzeptanz von psychischen Krankheiten ein. "Wir suchen jedes Jahr jemanden, der eine Verbindung hat", erklärt Susanne John vom Awo-Betreuungsverein. Mit Martin Kolbe haben sie den Richtigen gefunden. Er wird am 6. Oktober, um 20 Uhr, im Jungen Theater in der Kasernstraße in Forchheim auftreten. Zwischen den Stücken, bei denen anders als früher der Schwerpunkt nicht mehr auf Gitarrenvirtuosität liegt, wird er seine Lieder kommentieren. Viele davon beschäftigen sich auch mit seiner persönlichen Geschichte und der Krankheit. Die Liedtexte sind auf Englisch. Seine 2014 erschienene CD "Songs from the Inside" verhalf ihm zu einem beeindruckenden Comeback.
Bei der Veranstaltung, die den Auftakt der Aktionstage der seelischen Gesundheit bildet, werden auch Ärzte da sein, mit denen ein Gespräch geführt werden kann. Der Eintritt für die Veranstaltung ist für die Besucher frei, da die"Gesundheitsregion Plus" des Landkreises Forchheim den Abend unterstützt.
Über die Zusammenarbeit mit dem Jungen Theater sind die Organisatoren der Aktionstage sehr glücklich. "Es ist nicht einfach, eine gute Location zu finden", sagt John, "eine gute Zusammenarbeit ist da viel wert." Wie im vergangenen Jahr wird es eine Spendenkasse geben. Der Inhalt wird halb-halb aufgeteilt, so kommt das Junge Theater, das keine Miete für den Abend verlangt, auch zu Geld, das wenigstens die anfallenden Unkosten decken soll.
Rund 100 Menschen finden am Donnerstagabend, 6. Oktober im Jungen Theater in der Kasernstraße 9 Platz, um dem Konzert von Martin Kolbe zu lauschen.