Der dritte Anlauf, den Ärmelkanal schwimmend zu durchqueren, ist missglückt: Eine schlechte Wetterprognose wurde Peter Hücker zum Verhängnis, der Kapitän brach das waghalsige Abenteuer aus Sicherheitsgründen ab. Doch Hücker gibt nicht auf. Jetzt sowieso nicht.
Ein zu knappes Zeitfenster, ein vielleicht falsch ausgewählter Kapitän. Wie dem auch sei: Peter Hücker ist auch im dritten Versuch gescheitert, den Ärmelkanal von England nach Frankreich zu durchschwimmen. Dabei fühlte er sich blendend, selbst nach vielen Stunden in der trüben Brühe. Anders als bei seinen Versuchen zuvor gab er nicht von selbst auf, sondern musste sich der Entscheidung des Kapitäns im Begleitboot beugen. Im Interview spricht der Igensdorfer von dem Abenteuer, fehlenden Informationen im Vorfeld, Ärger in der Nachbetrachtung - und einem vierten Anlauf in naher Zukunft.
Herr Hücker, den Großteil der Strecke hatten Sie schon geschafft, nur wenige Stunden fehlten bis zur französischen Küste. Dann brach der Kapitän das Rennen ab. Warum?Peter Hücker: Ich bin am Vormittag ins Wasser.
Die ersten zwölf Stunden verliefen vernünftig, dann hatte der Wind zugenommen, bis Windstärke 5 am Nachmittag. Dann kam die Vorhersage, dass sich der Wind in der Nacht bis auf Stärke 7 verstärken sollte. Da wurde dann aus Sicherheitserwägungen die Entscheidung getroffen, das Rennen abzubrechen.
Wie haben Sie das aufgenommen?Zu dem Zeitpunkt war ich 13,5 Stunden unterwegs und wollte eigentlich gerade meine Tagesschwimmbrille gegen meine Nachtschwimmbrille mit der Blinkleuchte ersetzen. Unter dem Sicherheitsgesichtspunkt habe ich die Entscheidung verstanden. Windstärke 7 heißt ganz starke See. Mein Team musste sich schon zuvor richtig am Boot festhalten.
Bei dieser Windstärke einen Schwimmer an Bord zu holen, ist ein riskantes Manöver.
In welcher körperlichen Verfassung haben Sie sich gefühlt? Bei ihrem Versuch vor zwei Jahren haben Sie ja von selbst aufgegeben.
Das war diesmal das beste Schwimmen, das ich je hatte, definitiv. Ich war ja in der Lage, vier Stunden unter schwersten Seebedingungen zu schwimmen, ich hätte mir auch noch heftigere Bedingungen zugetraut. Von daher bin ich mit einem guten Gefühl aus dem Wasser, zu wissen, dass ich es geschafft hätte.
Mit dem Boot ging es dann wieder an die englische Küste, dorthin, wo sich die anderen Schwimmer auf ihren Start vorbereiteten. Was Sie dann erfahren haben, dürfte Sie nicht sehr gefreut haben.An dieser Stelle muss ich kurz ausholen: Es gibt nämlich zwei Organisationen, die das Kanalschwimmen anbieten dürfen.
Diese stellen dann Boot und Kapitän, die Crew ist meistens - wie in meinem Fall - aus dem persönlichen Umfeld rekrutiert. Von verantwortlichen Personen der anderen Organisation, der CSPF, habe ich erfahren, dass an diesem Tag kein CSPF-Rennen gestartet wurde, das länger als zwölf Stunden dauern sollte. Eben weil sich starker Wind angekündigt hatte. Für mein Rennen waren aber 17 bis 20 Stunden angesetzt.
Das heißt, Sie hatten eigentlich gar keine Chance, Frankreich zu erreichen?Im Grunde ist das so, rückblickend ist das natürlich bitter. Dass sich die Windverhältnisse so entwickeln würden, wurde mir von meiner Organisation nicht mitgeteilt. Hätte ich diese Informationen gehabt, wäre ich das Rennen gar nicht erst angegangen. Im Nachhinein zweifelt man natürlich über die Auswahl des Kapitäns.
Aber ich habe meine Lehren daraus gezogen.
Soll heißen?Dass ich meinen nächsten Versuch mit der CSPF durchführe, hoffentlich noch in diesem Jahr. Ich weiß, dass ich bei der CSPF bei solchen Bedingungen nicht schwimmen werde, sondern dann, wenn es möglich ist.
Tatsächlich? Sie wollen es dieses Jahr noch einmal versuchen?Die Chancen stehen gut, eventuell in der letzten Septemberwoche zu starten, vielleicht aber auch in der zweiten Oktoberwoche. Bei 80 Prozent liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es klappt. Womöglich auch noch etwas höher.
Sie möchten es unbedingt schaffen, oder?Nach den Erfahrungen des letzten Mals noch mehr als zuvor. Ich weiß ja, dass es geht. Derzeit befinde ich mich in Hochform.
Wenn ich zwei oder mehr Jahre für den nächsten Versuch warte, muss ich mir die Form wieder erarbeiten. Mit meiner Trainerin habe ich schon telefoniert und die Möglichkeiten durchgesprochen. Auch sie war der Meinung, dass ich es nochmal versuchen sollte, in diesem Jahr zu starten.
Im Herbst wird das Wetter aber nicht zwingend besser sein...Die Wassertemperatur ist kein Problem, die halte ich aus. Schwieriger wird es bei der Lufttemperatur und der geringen Dauer des Tageslicht. Man muss viel länger durch die Nacht schwimmen, in absoluter Dunkelheit, da ist psychische Stärke enorm wichtig. Man muss sich im Klaren sein: Kann ich das? Ich bin mir sicher: Ich kann das.
Wenn ich im Oktober starte, würde ich gegen 19.30 Uhr beginnen, dann in die Nacht hinein und müsste rund 6 bis 7 Stunden bei Finsternis schwimmen.
Sie können also praktisch direkt mit den nächsten Vorbereitungen beginnen?Ja, wir müssen ganz viel organisieren, der logistische und finanzielle Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Im schlimmsten Fall wird beim nächsten Versuch keiner aus meinem bisherigen Team dabei sein können, die CSPF hat mir aber zugesichert, ein Team zusammenzustellen. Gerade die Crew ist enorm wichtig: Wir sind optimal abgestimmt, ein eingespieltes und zusammengewachsenes Team. Das gibt ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit. Ich weiß, dass ich mich auf meine Leute zu 100 Prozent verlassen kann und sie nur in meinem Sinne handeln. Ich kenne auch die Leute der CSPF, also meine potenzielle Crew, aber wir sind eben kein eingespieltes Team.
Dieses muss sich dann quasi während meines Schwimmens in die Nacht hinein bilden.
Geht das Training nun nahtlos weiter?All das muss sich natürlich auch mit dem Arbeits- und Familienleben verbinden lassen. Aber logisch: Ich muss darauf achten, dass ich meine Form bis dahin rüber rette oder mich eher noch verbessere. Jetzt gönne ich mir mit meiner Frau erstmal eine Woche Urlaub, aktuell sind wir noch in Exeter, danach geht es noch an die Südspitze und anschließend wieder zurück nach Deutschland. Allzu lange wird es aber wohl nicht dauern, bis ich wieder nach England reise.