Ich weiß nur, dass die Partie RB Leipzig gegen Wolfsburg am 19. Oktober 2019 mein 100. Bundesliga-Spiel als Assistent war. Ich würde schätzen, dass 95 Prozent davon mit Deniz Aytekin waren. Dazu kommen Einsätze in der 2. Liga und im DFB-Pokal. Die Zahl dürfte also irgendwo zwischen 150 und 200 liegen. An mein erstes unter ihm kann ich mich noch gut erinnern: Das war das Duell zwischen Hannover und Bremen am dritten Spieltag der Saison 2012/13.
Haben Sie sich Dinge von ihm abgeschaut?
Vor allem als junger Schiedsrichter schaut man sich bei den erfahreneren Kollegen viel ab. Und speziell von Deniz kann man viel lernen. Man sollte den Stil eines anderen aber nicht kopieren, sondern sehen, was davon für einen förderlich ist, und dann versuchen, das bei sich einzubauen.
Was glauben Sie, schätzen die Fußballprofis an Deniz Aytekin?
Ich denke, es ist einfach seine Persönlichkeit. Er ist verbindlich und konsequent, wenn es darauf ankommt. Stets authentisch. Seine Entscheidungen sind transparent, berechenbar und nachvollziehbar. Und er ist vor allem sehr kommunikativ, auch im Umgang mit seinen Assistenten.
Was war Ihr bisheriges Highlight als Linienrichter?
Das DFB-Pokalfinale 2017 zwischen Dortmund und Frankfurt. Die Kulisse von 80 000 Zuschauern hat man bei einem Heimspiel des BVB zwar auch, aber im Berliner Olympia-Stadion in diesem Rahmen ist das etwas anderes. Fast die ganze Fußballwelt schaut zu. Für viele von uns ist so ein Pokalfinale einmalig, denn wir werden alle nicht jünger. Wer weiß, ob es so eine Chance wieder gibt? Zudem war ich beim 4:4 im Revierderby vor knapp drei Jahren dabei, als Dortmund zur Halbzeitpause mit 4:0 vorne lag und Naldo für Schalke in der 94. Minute noch ausgeglichen hat.
Deniz Aytekin verdanken Sie außerdem unfreiwillig Ihren ersten und wohl für immer einzigen Bundesliga-Einsatz als Hauptschiedsrichter. Wie kam es?
Es war die Begegnung zwischen Darmstadt und Köln am 27. November 2015. Kurz vor der Pause hat sich Deniz einen Muskelfaserriss zugezogen. Da ich der dienstältere der beiden Assistenten war, musste beziehungsweise durfte ich die Partie zu Ende leiten. Somit bin ich plötzlich und völlig unverhofft in den Fokus gerückt. Ich war total angespannt. Das öffentliche Feedback und das innerhalb des Verbands waren aber positiv. Vorher hatte ich sieben Jahre lang in der 2. Liga gepfiffen.
Wie haben Sie und Deniz Aytekin zusammengefunden?
Ich habe bereits vor knapp zehn Jahren an seiner Seite gewunken. Dann bin ich je eine Saison ins Team von Marco Fritz und Jochen Drees gewechselt. Seit der Spielzeit 2015/16 bin ich durchgehend bei Aytekin. Im Schiri-Team muss es auch menschlich passen, weil man mit An- und Abreise bis zu drei Tage gemeinsam verbringt. Wir reden an so einem Wochenende schließlich nicht nur über Fußball, sondern auch über andere Themen und über Privates.
Vor einem Jahr haben Sie beschlossen, sich komplett auf die Position des Linienrichters und des Video-Referees zu beschränken. Haben Sie die Entscheidung bereut?
Nein. Ich glaube, ich habe die richtige Wahl getroffen. Als Linienrichter ist es mein Ziel, mal international zu winken.