So verschenken Sie bei der Wahl keine Stimme

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Grafik: Franziska Schäfer
Grafik: Franziska Schäfer

Bei keiner anderen Wahl hat der Bürger so viele Möglichkeiten, das Ergebnis zu beeinflussen, wie bei der Kommunalwahl. So kann man etwa seinem Lieblingskandidaten Extra-Stimmen zukommen lassen oder unsympathische Kandidaten von der Liste streichen. Vieles ist möglich - wenn man weiß, wie.

Maria Rosenberger kommt aus der ehemaligen Stadtbücherei. Sie hat sich dort ihre Briefwahlunterlagen abgeholt. "Weil ich meine Stimmen auf verschiedene Kandidaten verteilen will und dazu meine Ruhe brauche", sagt die Forchheimerin. "Bei der Stadtratswahl wähle ich parteiunabhängig die Leute, die ich für fähig halte." Wie sie das machen muss, da ist sich die 58-Jährige ihrer Sache sicher. Eigentlich. Dass man aber auch einzelne Kandidaten von Parteilisten streichen kann, davon hat sie bisher noch nie etwas gehört.

Hier kann Frithjof Dier Abhilfe schaffen. Der Kreiswahlleiter am Forchheimer Landratsamt kennt sie alle, die Chancen und Tücken der Kommunalwahl.
Er weiß: "Die Kommunalwahl ist eine große Demokratie, die gelebt wird, aber hier werden auch die meisten ungültigen Stimmen abgegeben." Damit das am Sonntag nicht passiert, haben wir im Folgenden die Besonderheiten und Möglichkeiten der Kommunalwahl zusammengefasst.

"Nichts falsch machen kann, wer einfach ein Listenkreuz oben bei einer Partei macht", erklärt Dier. In diesem Fall werden die Stimmen - für den Kreistag sind es 60, für den Forchheimer Stadtrat 40 Stimmen - an die Kandidaten der Parteiliste verteilt. Wird ein Kandidat mehrmals aufgeführt, erhält er auch mehr (maximal drei) Stimmen.

Ungeliebte Namen streichen

Wenn dem Wähler die Parteilisten im Ganzen nicht zusagen, kann er auch mit Streichungen nachbessern. "Wenn ich einen Kandidaten von der Liste streiche, bekommt er keine Stimme und die nachfolgenden Kandidaten rücken quasi einen Platz nach oben", erläutert der Kreiswahlleiter. Ist ein Kandidat mehrfach aufgeführt und der Wähler möchte ihm aber trotz Listenkreuz nur eine Stimme geben, kann man auch die Mehrfachnennungen streichen. In diesem Fall würde der Kandidat eine Stimme erhalten.

Umgekehrt kann der Wähler auch einzelnen Kandidaten, die er besonders unterstützen möchte, Extra-Stimmen geben. Das nennt man kumulieren oder häufeln. "Jedem Kandidaten kann ich auf meinem Stimmzettel bis zu drei Stimmen geben", sagt Dier. Dazu trägt man einfach eine Zwei oder Drei statt eines Kreuzes vor dem Namen des entsprechenden Kandidaten ein und der Auserwählte erhält entsprechend mehr Stimmen.

Auf diese Weise lassen sich auch mit einem Stimmzettel Kandidaten verschiedenster Parteien und Listen wählen. Das so genannte Panaschieren erlaubt es, Kandidaten querbeet aus allen Listen in den Stadtrat oder Kreistag zu wählen. Aber Achtung: "Hier muss man unbedingt darauf achten, die Gesamtstimmenzahl nicht zu überschreiten", weist Dier auf eine häufige Quelle ungültiger Stimmzettel hin. Wie viele Stimmen ein Wähler hat, steht immer oben auf dem jeweiligen Stimmzettel. Sobald ein Wähler mehr Einzelstimmen vergeben hat, als ihm zustehen, ist der Stimmzettel ungültig.

Keine Stimme verschenken

Durch eine Kombination all dieser Möglichkeiten ist es auch denkbar, dass ein Wähler einzelnen Kandidaten verschiedener Parteien drei Stimmen gibt und zusätzlich eine Liste ankreuzt, auf der wiederum einige Bewerber gestrichen sind. Ein solcher Stimmzettel ist dann zwar relativ kompliziert auszuwerten, aber gültig. Übrigens kann man auch dann ein Listenkreuz bei seiner bevorzugten Partei machen, wenn man die Gesamtzahl seiner Stimmen schon auf einzelne Kandidaten verteilt hat. "Die Liste bekommt nur die Stimmen, die nach den Stimmen für einzelne Bewerber noch übrig sind", sagt Dier. "Wenn es keinen Rest gibt, ist das Listenkreuz zwar überflüssig, der Stimmzettel aber gültig." Wenn ein Wähler sich aber verzählt hat und noch Stimmen übrig hat oder nur wenige Stimmen an einzelne Bewerber vergeben wollte, kann man so sicher gehen, dass keine Stimme verloren geht.

Eine Möglichkeit, die bei der aktuellen Kommunalwahl nicht zur Verfügung steht, ist das Hinschreiben eines eigenen Kandidaten "Wenn bei einer Bürgermeisterwahl nur ein oder sogar kein Kandidat zur Wahl steht, kann jeder Wähler frei einen Kandidaten auf den Stimmzettel schreiben und diesen Kandidaten wählen", erklärt der Kreiswahlleiter. "Bei Stadtrats- und Kreistagswahlen kommt diese Möglichkeit aber nicht zum Tragen." Soll heißen: Wer einen eigenen Kandidaten auf den Listen ergänzt, macht seine Wahl ungültig.

Nicht zu viele Stimmen vergeben

Überhaupt warnt Dier davor, Bemerkungen auf den Stimmzettel zu schreiben, auch das würde den Stimmzettel ungültig machen. Allerdings machen dies nur die wenigsten Wähler. "Auf den meisten ungültigen Stimmzetteln wurden einfach zu viele Stimmen abgegeben", so die Erfahrung des 52-Jährigen. Wer allerdings erst einem Kandidaten Stimmen gegeben hat und sich dies dann noch anders überlegt - etwa, weil sonst die Gesamtstimmenanzahl überschritten wäre - kann das Kreuz oder die Zahl natürlich wieder streichen.

Um diese vielfältigen, aber doch komplizierten Möglichkeiten zur Wahl zu nutzen, entscheiden sich immer mehr Bürger für die Briefwahl. "In manchen Gemeinden liegt der Anteil der Bürger, die Briefwahl beantragt haben, zwischen 40 und 50 Prozent", berichtet Frithjof Dier. Bürger, wie Maria Rosenberger. "Im Wahllokal fühle ich mich gestresst, wenn ich mir noch überlege, wem ich meine Stimmen gebe, und hinter mir schon der nächste wartet", erzählt die Forchheimerin. Zu Hause könne sie da viel ehrlicher ihre Kreuzchen machen, ist die 58-Jährige überzeugt. Als störend empfindet sie nur, dass die Briefwahl vergleichsweise aufwändig ist: "Am liebsten wäre es mir, wenn man einfach online wählen könnte!"

Diese Möglichkeit wird es aber zumindest bei dieser Kommunalwahl (noch) nicht geben. Allerdings können interessierte Bürger schon einmal für die Kreistagswahl üben: Das Landratsamt Forchheim bietet auf seiner Homepage einen interaktiven Probe-Stimmzettel an, bei denen jeder überprüfen kann, ob seine Wahl gültig wäre.