Die Lyrik stand im Mittelpunkt beim Poxdorfer Kulturtag. Die Kunst der schönen Worte wird auf einem Spazierweg gepflegt, und Schüler experimentierten mit Sprache.
In Arco am Gardasee existiert ein Rilke-Weg, an dessen Stationen der Spaziergänger die Werke des bekannten Lyrikers lesen kann. Drei Stunden ist man etwa auf seinen Spuren unterwegs. In Poxdorf gibt es seit Sonntag ebenfalls einen Lyrikweg. Allerdings ist diese Wegstrecke um Etliches kürzer und führt um das Regenrückhaltebecken im Osten des Orts, das sich zu einem idyllischen Biotop entwickelt hat.
Die Gegend ist beliebt bei Wanderern. Mehrere ausgeschilderte Wege kreuzen sich dort. Jogger und Hundeausführer drehen ihre Runden. Auch am Sonntagnachmittag, als Bürgermeister Paul Steins (CSU) den Weg seiner Bestimmung übergab.
Verbunden sind die beiden Wege durch Johannes Heiner. Der pensionierte Gymnasiallehrer für Deutsch und Französisch befasst sich seit langem mit Rilkes Werk und schreibt selbst Gedichte. In ihrer viel knapperen Diktion sind sie angesiedelt zwischen Aphorismus und japanischem Haiku.
Mit wenigen präzisen Worten will er, so Heiner, den Spaziergänger aufmerksam machen, ihm helfen, seine Eindrücke, die er manchmal nur unbewusst aufnimmt, in Gedanken und Worte zu fassen.
Mit 17 Silben
Die erste Tafel steht an einem kleinen Froschteich. Mit nur 17 Silben hat der japanische Dichter Basho das Erlebnis beschrieben. Ganz bewusst in dessen Bildwelt - inklusive des markanten Plop - hat auch Heiner reagiert, als er die Frösche quaken hörte, und noch eins daraufgesetzt: die Froschaugen, die den Vorbeigehenden anschauen.
"Eigentlich sind es Sprüche, entstanden aus der Begabung, das Wesentliche in kurzen Sätzen zu erfassen", sagt er über sein Werk. Ursprünglich fürchtete er, der Gemeinderat könnte seiner Idee ablehnend gegenübestehen.
Denn "ich bin kein preisgekrönter Dichter und auch noch nicht gestorben". Bei der nahen Eiche legt Heiner dem Leser ans Herz, dass der Baum nicht allein existiert, sondern in der Lebensgemeinschaft dienend für andere ist.
Vor sattgrünen Erlen wuchert der Rohrkolben, Wasseraloe dazwischen und am Rand sperrige Disteln, die ihre Samenschirmchen dem Wind anvertrauen: ein Weiher. Als "ruhiges Auge der Landschaft" und "Oase der Stille" sieht ihn Heiner. Wenn da mal kein Froschkonzert erklingt.
Das sehen und artikulieren, was einem alltäglich begegnet, ist Heiner ein Anliegen. Deswegen initiierte er auch im vergangenen Schuljahr einen Schülerwettbewerb. Alle Grundschulklassen beteiligten sich mit 55 Arbeiten daran. Die Sieger nach dem Lyrikspaziergang, der noch einen Abstecher in Heiners Lyrikgarten am Waldrand umfasste, in der Schule ausgezeichnet. Die vom Fränkischen Tag gestifteten Preise gingen an Celina (1.
Klasse), Sonja, Hermine (beide 2. Klasse), Marie (3. Klasse) und Anna (4. Klasse). Heiner übergab noch zwei Sonderpreise für die besten Texte.
Je einen Buchgutschein und das Gingko-Märchen, ein illustriertes Leseprojekt der Bücherei, erhielten Niklas und Simon. Der Erste beschrieb die Feuerwehr und der Zweite die Kirche, ein überaus beliebtes Motiv der Kinder.
Danach begann der dritte Teil des ersten Poxdorfer Kulturtags mit einer breiten Palette Mitmachmöglichkeiten.
"Ich wollte die Leute aus der Konsumierhaltung im Verhältnis zur Kunst herausholen", sagt Heiner über seine Idee. So bot Birgid Zippelius-Mühlrath internationale Folklore und ihr Mann Hubert Anstöße für Elfchen-Gedichte, Beate Kehm ließ singen, Gerti Friedrich leitete zum Töpfern an und Petra von Stromberg lud zum Besuch in ihre Kunstscheune.
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Heimat ist der Zentralbegriff des Lyrikwegs, aber auch der des Schülerwettbewerbs. Er ist auch das Thema der sechsten Ausgabe, der von Heiner herausgegebenen Literatur-Zeitung online (LZO). Er lädt besonders Besucher des Lyrikwegs ein, ihre Gedanken und Erlebnisse zur Veröffentlichung zu übermitteln.