Der neue CEO des Traditionsunternehmens Piasten will mit innovativen Süßwaren einen der größten Arbeitgeber Forchheims krisenfester machen.
Corona hat Bayerns größten Süßwarenhersteller vor Herausforderungen gestellt. "Für Piasten war es wirtschaftlich ein durchwachsenes und herausforderndes Jahr", sagt Joel Florian Beck. Mitten in der Krise gab es nun einen Wechsel in der Führungsetage der Forchheimer Traditionsfirma. Anfang des Jahres 2021 stieg der 33-jährige Beck zum CEO bei Piasten auf.
Der Grund für die unzufrieden stellende Bilanz: Der Forchheimer Süßwarenproduzent konnte im Krisenjahr weniger Pralinen an den Mann beziehungsweise die Frau bringen. Die Corona-Kontaktbeschränkungen trafen vor allem den Umsatz von Pralinenmischungen stark. "Das sind typische Geschenkartikel, da ist der Markt ziemlich eingebrochen, aber wir sehen eine leichte Erholung", erklärt Beck. Immerhin konnte Piasten im Bereich Dragees wie Schokoerdnüsse und Schokolinsen etwas wachsen.
"Wir haben in der Krise Leiharbeiter reduziert. Wir brauchen immer Leiharbeiter, weil unsere Arbeit sehr saisonabhängig ist. Trotz des durchwachsenen Jahres haben wir eine sehr beständige Belegschaft. Unsere Mitarbeiterzahl von 450 ist gleichgeblieben", betont Beck. Piasten ist der siebtgrößte Arbeitgeber im Landkreis.
Corona vermiest Azubi-Suche
Das Unternehmen ist zudem der größte Ausbilder in der bayerischen Süßwarenindustrie und bildet im Schnitt stets 25 Azubis aus. Im Krisenjahr war es für Piasten noch schwieriger, passenden Nachwuchs anzuwerben - unter anderem weil die Auszubildendenmesse ausgefallen ist. Ein geplanter Schnuppertag bei Piasten musste wegen Corona ebenfalls abgesagt werden. Der Ausbildungszweig, bei dem Piasten aktuell keine neuen Azubis hat, sind die Fachkräfte für Lebensmitteltechnik: Alle drei Stellen wurden nicht besetzt, "weil es keine qualifizierten Bewerber gab".
Um durch das "coronabedingte Tal" zu kommen, mussten Piasten-Mitarbeiter gegenseitig aushelfen, Anlagen oder Schichten wechseln. "Dadurch haben wir uns ganz gut durch das Jahr laviert - auch wenn es nicht zufriedenstellend war. Gleichzeitig haben wir die Corona-Krise genutzt, um Innovationen massiv voranzutreiben", sagt Beck.
Ein Hoffnungsträger für einen der größten Arbeitgeber im Landkreis Forchheim ist ihr neues Produkt "Roncalli-Pralinen". Die Pralinenschachteln kommen im Januar in die Läden und sollen die ersten sein, die komplett ohne Plastik verpackt sind. "Wir haben die erste Praline entwickelt, die komplett ohne Kunststoff bei der Verpackung auskommt. Wenn es leergenascht ist, kann man die gesamte Verpackung ins Altpapier werfen", erklärt der Geschäftsführer.
Neue Kunden für Süßwaren finden
Die plastikfreien Pralinen entsprechen der Vision, die der neue CEO und die Geschäftsführung anpeilen: Piasten soll im Markengeschäft stärker werden. "Künftig wollen wir uns neue Wege trauen - wie mit Roncalli. Wir wollen bewusst Neues ausprobieren, ohne aber die Eigenmarken wie unsere Schokolinsen zu vernachlässigen, um krisenfester zu werden und um neue Kunden zu erschließen", betont Beck. Ein Beispiel für die Strategie sei "Treets - the Peanut Company". Piasten hat die Schokoerdnuss-Marke 2018 auf dem Markt positioniert. Seitdem sei "Treets" zu einer tragenden Säule der Forchheimer Süßwarenfirma geworden. Mit den Schokoerdnüssen visiert Piasten unter anderem über Social-Media-Kampagnen neue Käuferschichten zum Beispiel unter Football-Fans oder aus der Gaming-Szene an.
Kurz nachdem Katjes International im September 2014 das Forchheimer Traditionsunternehmen gekauft hatte, kam Joel Florian Beck aus Düsseldorf nach Franken. Zusammen mit den Piasten-Geschäftsführern Bertram Strohtmann und Rolf Schröppel - seinen "Mentoren" - führt Beck seitdem die Geschicke der Firma. Nachdem Strohtmann nach 25 Jahren bei Piasten in den Ruhestand ging, übernimmt der 33-Jährige die Rolle des Sprechers der Geschäftsführung.
2023 wird Piasten 100 Jahre alt. Wie blickt der neue CEO in die Zukunft von einem der größten Arbeitgeber Forchheims? "Nach dem durchwachsenen Jahr richten wir einen positiven Blick nach vorne", sagt Beck. Viele deutsche Firmen in der Süßwarenindustrie würden bereits zum großen Teil in Osteuropa fertigen. Piasten hingegen hege keine Pläne, die Produktion ins Ausland zu verlagern, betont der Geschäftsführer. "Wir bekennen uns zum Standort Forchheim und wollen ihn auch stärken, stark investieren und weiter modernisieren."
Piastenbrücke macht Probleme
Eine Herausforderung steht Piasten vor Ort in Forchheim bereits im Herbst bevor: Der geplante Neubau der Piastenbrücke im Zuge des ICE-Ausbaus. "Die neue Brücke wird kommen und beschäftigt uns sehr. Für die Baustelle müssen wir viel Platz von unserem Grundstück hergeben. Das wird große Einschränkungen für uns geben", sagt Beck. Die Brücke wird zum Teil auf dem Gelände der namensgebenden Firma zerlegt, dort werden auch Fundamente neu gemacht. Zudem müssen auf dem Piasten-Parkplatz Kanäle neu verlegt werden. "Das sind Kosten, die wir zum Teil selber tragen müssen - das ist bitter. Hoffentlich wird uns die Baustelle nur ein Jahr begleiten."
Zirkus Roncalli als Partner: Plastikfreie Pralinen aus Forchheim
Idee Um ihr Markenportfolio im Bereich Pralinen zu erweitern, hat Piasten in Kooperation mit dem Zirkus Roncalli eine Praline kreiert, die im Januar 2021 auf den Markt kommt. Das Besondere: Die Pralinenverpackung ist ohne Plastik und komplett im Altpapier recyclebar. "Roncalli legt selbst Wert auf Nachhaltigkeit, der Zirkus verzichtet auf Tiere und auf Plastik. Das haben wir zum Anlass genommen, die erste Praline zu entwickeln, die komplett ohne Kunststoff bei der Verpackung auskommt", erläutert der Piasten-Geschäftsführer. Piasten nutzt bei den Roncalli-Pralinen statt äußerer Plastikfolie und Kunststoff-Einleger außen Klebeetikette aus Graspapier und im Inneren Papier-Einleger, in denen die Pralinen platziert werden.
Jahrmarkt-Geschmack Die Pralinen in Form kleiner Heißluftballons haben die Geschmacksrichtungen Gebrannte Mandeln (Cremefüllung mit Caramel-Schokolade, Mandelmousse und gebrannten Mandelstückchen) und Popcorn (Milchcreme-Füllung mit kleinen Popcorn-Stückchen). Die Pralinen bestehen aus 100 Prozent Fair-Trade-Schokolade, auf künstliche Aromen und Farbstoffe werde verzichtet. Eine Schachtel der Zirkus-Pralinen wird zwischen 2,79 und 2,99 Euro kosten.
Endlich einmal eine vernünftige Idee eines Herstellers bei der Vermeidung von Plastik. Ich hoffe, der Verbraucher unterstützt dies entsprechend.