Pfarrer Honung: "Die Ökumene stärkt die Kirchen"

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Der Weißenoher Pfarrer Andreas HornungFoto: FT
Der Weißenoher Pfarrer Andreas HornungFoto: FT

Der Versuch, die fundamentale Trennung zwischen Katholiken und Protestanten zu überbrücken, kommt derzeit nicht vom Fleck. Dass das Wort von der Ökumene aber nicht nur eine hohle Phrase ist, beweist der Weißenoher Pfarrer Hornung.

Kirchliche Bewegungen wie die katholische Schönstatt oder die Evangelische Allianz glauben bei den Menschen eine Sehnsucht nach Ökumene zu spüren.

Wie aber genau soll die dort beschworene Einheit der Christen aussehen? Oder ist die Rede von der Ökumene nur ein Versuch, die Kirche wieder attraktiver zu machen? Antworten könnten Interessierte im Seelsorgebereich Eckenhaid, Stöckach-Forth und in Weißenohe finden. Dort wird das Wort von der Ökumene schon heute mit Leben gefüllt: durch gemeinsame Feste, Andachten oder dem Kirchentausch. Das ist auch das Verdienst des katholischen Pfarrers Andreas Hornung.

Woran erkennt man die Sehnsucht der evangelischen und katholischen Gläubigen nach einer Einheit?
Hornung: Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil begann eine offene und wertschätzende Phase der Ökumene.
Bezeichnend ist, dass sich dieses Konzil selbst auch "Ökumenisches Konzil" genannt hat. Seither wurde vieles zwischen den Konfessionen, besonders auch zwischen der evangelischen und katholischen Kirche erleichtert. Zum Beispiel das Heiraten, ökumenische Gottesdienste oder gemeinsame soziale Projekte. Durch die Annäherung wuchs die Sehnsucht, einmal wieder ganz eins zu sein.

In ihrem Seelsorgebereich gibt es einen sogennanten Kanzeltausch. Was ist damit gemeint?
Der Kanzeltausch am Pfingstmontag bedeutet, dass ein evangelischer Geistlicher in der katholischen Kirche predigt, während die katholische Seite die Liturgie gestaltet - und andersherum ein katholischer Vertreter in der evangelischen Kirche predigt und jene Konfession für den liturgischen Teil verantwortlich ist. Dies löste beim ersten Mal vor drei Jahren ein großes Glücksgefühl und eine große Dankbarkeit aus. Am Grillplatz zwischen Eckenhaid und Eschenau gab es noch die Gelegenheit, miteinander zu essen und ins Gespräch zu kommen. Die gute Resonanz zeigte, dass es einen großen Durst nach ökumenischen Wegen gibt.

Für was genau steht Ihrer Ansicht nach Ökumene?
Ökumene steht nicht für die Vereinheitlichung von Formen, sondern für die Anerkennung und die Freude an der Vielfalt. Das schließt auch die Freude an den jeweiligen Eigenarten mit ein. Echte fruchtbare Begegnung kann nur stattfinden, wenn jeder auch der sein darf, der er ist, ohne sich zu verbiegen.

Tut sich die Kirche einen Gefallen damit, wenn sie ihre Überzeugungen zu stark der Moderne anpasst?
Die Antwort auf die Frage nach der Zulassung Geschiedener und Wiederverheirateter zur Kommunion wird, wenn sie mit Ja beantwortet wird, nicht aus Gründen der Anpassung geschehen. Sie wird deshalb geschehen, weil Christi Bedeutung für diese Lebenssituation eines Menschen dann neu interpretiert wurde.

Wie ist das heute?
Schon jetzt gilt bei allen Vorbehalten des kirchlichen Lehramts, dass die Gewissensentscheidung des einzelnen Gläubigen höchste Priorität hat. Gerade die Aussagen der Bibel über das Verhalten Jesu kann die Kirche dazu veranlassen, Menschen mit Erfahrungen von Scheitern und Lebensbrüchen einen Neuanfang zu eröffnen.

Bedeutet damit Ökumene letztendlich die Gründung einer neuen Konfession?
Es gibt tatsächlich viele Gläubige, die sich frei zwischen den Konfessionen bewegen und sich dabei wahrscheinlich ökumenisch verhalten. Zur Ökumene gehört jedoch auch das Bemühen der evangelischen und der katholischen Kirche, die über viele Jahrhunderte hinweg entstandenen Unterschiede aufzuarbeiten, Brücken zu bauen. So könnte über alle theologische und strukturelle Unterschiede hinweg die von Gott gemeinte und ersehnte Einheit erreicht werden. Durch ein ökumenisches Verhalten kann es keine zusätzliche Konfession geben, da es nur dann ökumenisch ist, wenn es zusammenführt und die Einheit stärkt.

Soll die Leitung der Ökumene evangelisch oder katholisch sein?
Ökumene ist Teil der kirchlichen Identität. Dies gilt sowohl für die evangelische als auch für die katholische Kirche. Sie geht von der Sehnsucht Jesu aus, der gebetet hat, dass alle, die an ihn glauben, eins seien. Die oberste Leitung hat somit Jesus selbst. Als katholische und evangelische Christen können wir gemeinsam auf ihn hören und so unsere Entscheidungen treffen.

Wieso sollte durch die Ökumene der Glaube und der Gottesdienst attraktiver werden?
Christen sind in unserer westlichen Welt zur Minderheit geworden. Die Herausforderungen unserer Zeit an den Glauben sind hoch. Gegenseitig können wir uns inspirieren und stärken. Ein ökumenischer Gottesdienst ist auch darum attraktiv, weil er die Kirche glaubwürdig macht.

Wie das?
Die Ökumene bringt zum Ausdruck, was uns eint: der Glaube an Jesus Christus. Ökumene ist die Feier vieler Glaubenswege, die alle eine gemeinsame Quelle haben. Der ökumenische Glaube ist damit reicher und bunter, umfassender und verwirklicht ein Ziel, das für alle gilt: in Christus eins zu sein, der alle an sich zieht.

Zu welchen Anlässen werden im Seelsorgebereich Weißenohe-Stöckach-Forth ökumenische Gottesdienste angeboten?
Ökumenisch feiern wir im Seelsorgebereich das Dreikönigsfest, insbesondere auch die Sternsingeraktion. An dieser Aktion beteiligen sich evangelische und katholische Kinder. Im Eckental gibt es hierzu einen Aussendungsgottesdienst. Er findet heuer wieder am 3. Januar um 14 Uhr in der evangelischen Kirche in Eschenau statt.

Wie gehen sie mit Gläubigen um, die die Ökumene ablehnen?
Ich empfehle ihnen, neugierig zu sein. Sie sollten es sich nicht nehmen lassen, Gläubigen der anderen Konfession zu begegnen und sie kennenzulernen. Dabei könnte uns auch das Wort des heiligen Paulus zu denken geben: Einer schätze den anderen höher ein als sich selbst, heißt es da.

Das Gespräch führte Petra Malbrich.