Es gibt noch viele dieser gelben Nato-Schilder in der Fränkischen Schweiz. Bei Manövern waren sie wichtig. Mit der Wiedervereinigung wurden die Manöver weniger. Die Schilder aber blieben.
Die gelben Schilder stehen einfach an den Straßenrändern, in Brückennähe, und kaum jemand weiß, was mit den Zahlen auf den beiden Halbseiten gemeint ist. Eine 50 mit zwei Pfeilen, ein senkrechter schwarzer Strich unterteilt das Schild, eine 100 mit einem Pfeil ist in der zweiten Schildhälfte aufgezeichnet.
Aber es gibt auch andere Varianten davon. Die 30 und die 100, die 30 und die 60 beispielsweise. Bei manchen Schildern ist ein Lastwagen oder ein Panzer abgebildet. Rad- und Kettenfahrzeuge werden damit noch unterschieden. Militärische Lasten-Klasse nennt man diese Schilder oder Military Load Class. Kreiert worden seien diese Nato-Schilder in den 50er-Jahren, sagt Uwe Zeuschel, Bereichsleiter Straßenbau vom Straßenbauamt Bamberg.
Die Zahl beim Doppelpfeil gebe Informationen zum Gegenverkehr, der einfache Pfeil für den Einrichtungsverkehr.
Wenn also zwei Panzer oder militärische Lastwagen sich beim Queren der Brücke begegnen, kann jedes Fahrzeug 50 Tonnen wiegen. Die Brücke hält es aus. Oder 100 Tonnen, wenn nur ein Fahrzeug über die Brücke rollt.
Soldaten kennen die Bedeutung dieser Schilder
Zeuschel weiß, dass die Soldaten aller Nato-Armeen diese Schilder lesen können, die gerade während der vielen Manöverübungen zu Zeiten des Kalten Krieges wichtig waren. Auch Hans Hackl, Weißenoher Gemeinderat und Vorsitzender der vor zwei Jahren gegründeten Reservistenkameradschaft Weißenohe, kennt diese Schilder. Während seiner Bundeswehrzeit kam es zum Fall der Mauer und damit zu einem außerordentlichen Nato-Alarm. Das bedeute, rund um die Uhr das geladene Gewehr am Mann haben, erklärt er.
Über Nacht trafen die ersten Trabants an der Nürnberger Kaserne ein.
Die Menschen, die über die österreichisch-ungarische Grenze in den Westen flohen, wurden in Nürnberg einquartiert. Dann kam es zum Alarm. "Man merkte den Vorgesetzten die Verunsicherungen an", erinnert sich Hans Hackl als Zeitzeuge des einmaligen historischen Ereignisses. Denn damals war nicht klar, wie der Osten darauf reagieren würde. Etwas mulmig sei es ihnen damals schon gewesen.
Orientierung in unvorhersehbaren Situationen
Wäre es zu einem Einsatz gekommen, wären die Nato-Schilder nur zweitrangig interessant gewesen. "Die Stabsoffiziere hätten die Strecke schon vorher auf der militärischen Landkarte erkundet. Dort ist die Traglast der Brücken eingezeichnet", sagt Hackl. Hätte aber eine Kolonne aufgrund unvorhersehbarer Situationen den Weg ändern müssen, wäre eine Orientierung an den Nato-Schildern notwendig geworden.
30/60 steht auf dem Schild an der Brücke an der B2 in Weißenohe. "Ein Leopard 2 mit 70 Tonnen dürfte hier nicht fahren. Oder die Brücke wäre verstärkt worden", erklärt Hackl. Noch wenige Jahre vor dem Fall des Eisernen Vorhangs waren auch in der Fränkischen Schweiz Panzer und Militärfahrzeuge unterwegs, rollten nachts auf den Straßen im Landkreis Forchheim. Irgendwo in den Ortschaften, auf den Wiesen nahe am Waldrand schlugen die amerikanischen oder kanadischen Soldaten ihre Zelte auf. Manöver übungen. Und damit auch Straßenschäden.
Zu Hans Hackls Bundeswehrzeit wurde deshalb auf dem Truppenübungsplatz geübt. Es war schlichtweg auch zu teuer geworden, denn die schweren Panzer verursachten nicht nur Straßenschäden, die Äcker und Wiesen der Bauern waren hinterher oft nicht wiederzuerkennen.
Noch relevant
Doch mit der Wiedervereinigung wurden auch die Manöver weniger. Die Schilder aber blieben. Sie sind noch immer relevant. Es könne sein, dass aus irgendwelchen Gründen ein Manöver stattfinden muss, meint Zeuschel. "Die Bundeswehr transportiert Tieflader und richtet sich schon nach diesen Schildern", ergänzt Zeuschel. Selbst wenn neue Brücken gebaut werden, werden teilweise noch die gelben Nato-Schilder angebracht. Das Straßenbauamt korrespondiert dann mit dem Bundesverkehrsministerium. Noch beschildert werden die meist weniger tragfähigen Brücken.
"Wenn kein Schild an den Brücken steht, gilt 50/100", erklärt Uwe Zeuschel. Laut Wikipedia durften die neuen Bundesländer wegen des Zwei-plus-vier-Vertrags nicht beschildert werden. Sie sind jedenfalls heute noch stumme Zeugen für das ehemals geteilte Deutschland.
Dass trotz der Krisenherde diese Schilder wieder vermehrt in den Fokus des Interesses rücken, befürchtet der Reservist Hackl nicht. Die Bundeswehrsoldaten lernen die Schilder lesen. "Für den zivilen Straßenverkehr sind sie nicht relevant", sagt Zeuschel. Da gelten die roten runden Schilder für den Schwerlastverkehr.