Julias besonderes Jahr in den USA

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Julia Nedoma aus Rüssenbach in SüdkalifornienFoto: privat
Julia Nedoma aus Rüssenbach in SüdkalifornienFoto: privat

Ein Jahr lang lebte die 21-jährige Julia Nedoma aus Rüssenbach in Südkalifornien. Ein Jahr, in dem sie einiges gelernt hat: über fremde Kulturen, Klischees - aber vor allem über sich selbst.

Über der Eingangstür von Julia Nedomas Haus hängt ein großes Plakat, auf dem in bunten Buchstaben "Herzlich Willkommen" steht. Erst seit ein paar Tagen ist die 21-Jährige wieder in ihrer Heimat Rüssenbach bei Ebermannstadt.

Die zwölf Monate zuvor hatte sie sie im Zuge eines Austausches, den das parlamentarische Patenschatfsprogramm des Bundestages und der US Congress (PPP) organisieren, in den USA verbracht. "Der erste Tag war ein bisschen komisch, aber jetzt stelle ich fest, dass sich hier eigentlich noch alles beim Alten ist", sagt Julia und lächelt. Wenn sie Leute auf der Straße trifft, fragen alle: "Wie war es denn? Erzähl doch mal!"
Doch wie soll sie nur ein ganzes Jahr, das so vollgestopft war mit neuen Erfahrungen, Erlebnissen und Begegnungen, in Worte fassen?

Fremde werden zu Freunden

Während ihrer Zeit in Amerika lebte Julia bei ihrer
"Hostmum", also ihrer Gastmutter, und zwei Hunden in Riverside, Kalifornien.

"Sie hat mich gleich total lieb aufgenommen, integriert und mich bei allem unterstützt", sagt Julia. Dennoch habe sie sich nicht eingeengt gefühlt, jede der Frauen habe ihr eigenes Leben gefühlt. "Es war mehr wie in einer WG." Mit dem Leben in einem amerikanischen Haushalt kam auch gleich die erste Herausforderung: Englisch sprechen. Julia: "Die Amerikaner haben mich gelobt, aber mir kam das Sprechen anfangs doch sehr holprig und auch anstrengend vor. Aber nach zwei Monaten konnte ich total flüssig reden. Es war ein gutes Gefühl, den Leuten alles sagen zu können - und irgendwann versteht man auch den schrägsten Dialekt."

Aus Mexiko und Hunduras

Wenn sie jetzt auf Deutsch von ihren Erlebnissen erzählt, fällt ihr manchmal nur ein englischer Begriff ein; so sehr hat sich die neue Sprache schon in ihrem Bewusstsein verankert.

In den ersten sechs Monaten besuchte Julia das Community College in Riverside. Nach einer Orientierungsphase mit allen internationalen Studenten begann der Collegealltag. Julia belegte Kurse wie Grafikdesign, Film und Business Communication. "Die Zeit am College habe ich geliebt. Schon in den ersten Tagen habe ich ein paar Mädels aus Mexiko und Honduras kennengelernt, mit denen ich auch die restlichen Monate viel Zeit verbracht habe. Wir sind zu einer richtig guten Truppe zusammengewachsen und ich habe wirklich Freunde fürs Leben gefunden", erzählt Julia. Ihre freie Zeit verbrachte sie mit Sportkursen und AGs auf dem Campus, traf sich mit anderen Studenten am Strand oder machte Ausflüge in die Berge.

Da ihre Kurse alle abends stattfanden, nutzte sie die freie Zeit und arbeitete im International Centre, wo sie ausländische Studenten betreute, Bewerbungen sichtete, sich um den Social-Media-Auftritt kümmerte oder die Orientierungswoche vorbereitete. Im International Centre konnte Julia dann auch gleich ihr Praktikum absolvieren, die zweite Herausforderung ihres Austausches. Denn für die zweite Hälfte des Jahres musste sie sich eine bezahlte Vollzeitstelle suchen. "Der Job war wirklich interessant", sagt Julia. "Wir hatten Studenten aus der ganzen Welt, zum Beispiel aus Vietnam oder Japan und ich habe viel über Öffentlichkeitsarbeit gelernt."

Ein großes Abenteuer

Um den Weg zur Uni zurücklegen zu können und mobil zu sein, kaufte sich Julia ein Auto, einen alten Saturn, also eine amerikanische Marke, die heute gar nicht mehr produziert wird. Autofahren in Amerika - das war ein weiteres Abenteuer während Julias Aufenthalt.

"Die Leute hier sagen, wenn man in Südkalifornien Auto fahren kann, kann man es überall", sagt sie und lacht. "Mein erstes Mal auf dem Freeway war der blanke Horror, ich habe Blut und Wasser geschwitzt. Ständig liegt irgendwo ein Reifen oder Müll, jeder fährt, wie er will und überholt auch mal von rechts - es gibt einfach kein System."
Ganz schön schwierig für eine an feste Verkehrsregeln gewöhnte Deutsche. Welche Klischees über Amerikaner sich bestätigen und wie die Amerikaner die Deutschen sehen, auch das hat Julia im Jahr gelernt. "Ich war in Riverside auf meinem ersten Oktoberfest überhaupt. Dort sind alle in komischen Trachten und mit seltsamen Kopftüchern herumgelaufen. Und es gab Essenskombinationen, die bei uns nie auf den Tisch kommen würden", sagt sie und lacht. "Die Amerikaner sind teilweise sehr verschwenderisch, da wird auch bei der größten Dürre der Rasen so stark bewässert."

Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten sei Amerika jedoch nicht: "Die Polizei ist streng und omnipräsent. Du kannst nicht einfach mal nachts an den Strand fahren und gemütlich ein Bier trinken oder mit dem Auto irgendwo anhalten und campen", erinnert sich Julia.

Ihre letzten Wochen in Amerika verbrachte Julia mit Reisen: Canyons, Nationalparks, San Francisco, Las Vegas, Seattle, Boston, Philadelphia und Washington D.C. hat sie besucht. "Ich habe auf jeden Fall viel über das Land, die Leute und andere Kulturen gelernt, aber auch über mich selbst."

Den Kontakt zu ihrer Hostmum, der sie regelmäßig schreibt, will sie weiter aufrechterhalten. "Am meisten beeindruckt hat mich, in so kurzer Zeit so gute Freunde gefunden zu haben, Ich habe das Gefühl, die Mädels schon ewig zu kennen und kann mit ihnen über alles sprechen." Nächstes Jahr wollen sie Julia in Deutschland einen Besuch abstatten und auch ihre Gastmutter hat natürlich eine Einladung bekommen.