Der 31-jährige Karl Bager war wohl der erste Forchheimer, der bei den Kriegshandlungen im Spätsommer 1914 starb. Die deutsche Heeresleitung unternahm viel, um die zunehmenden Verluste aus der Öffentlichkeit zu halten.
Geradezu als ein Musterbeispiel für die Stimmungsmache und die Zensur im Ersten Weltkrieg kann die Titelseite des "Forchheimer Tagblatts" vom 10. August 1914 gelten: Zum einen wird mit dem unkommentiert übernommenen Erlass Kaiser Wilhelms II. zur Erneuerung des Eisernen Kreuzes "in dankbarer Erinnerung an die Heldentaten unserer Vorfahren" gezielt für die nationale Aufopferung geworben.
Zum anderen sollen die von der Heeresleitung ausgegebenen Siegesmeldungen von der Ost- und Westfront Siegesgewissheit verbreiten. Und zum Dritten machte die Meldung über das Verbot der "Rundschau für Schlesien und Posen" deutlich, was passiert, wenn die Presse das "Schweigeverbot über nicht zu veröffentlichende militärische Nachrichten" bricht.
Massenhafter Widerstand Natürlich war der Zeitgeist 1914 ein anderer als heute, die Autoritätshörigkeit ungebrochen und der
Respekt vor Uniformen aller Art groß. Selbst die Sozialdemokratie, die noch am 25. Juli 1914 mit Massendemonstrationen zum Widerstand gegen den drohenden Krieg aufgerufen hatte, schwenkte knapp zwei Wochen später auf den "Burgfrieden" ein, zu dem Kaiser Wilhelm aufgerufen hatte: "Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!"
"Angesichts der ernsten Lage, in die das teure Vaterland durch den ihm aufgezwungenen Krieg versetzt worden ist" - so der Kaiser in seinem Erlass zur Erneuerung des Eisernen Kreuzes - mussten Einsicht und Vernunft zurückstehen. Daran änderte sich auch nichts, als im "Forchheimer Tagblatt" erste Feldpostbriefe realistisch schilderten, wie schrecklich der Krieg an der Front war. Das hieß es sann Beispiel einmal: "Lieber Karl! Es ist eine andere Zeit als in Friedenszeiten, es ist kein Manöver. Wir waren am 11. August bei Lagarde im 1.
Gefecht und ritten auch gleich Attacke auf Artillerie, Infanterie und Maschinengewehre, wo wir Sieger blieben, aber schwere Verluste davontrugen. Bei meiner Schwadron blieben 79 Mann, auch ein Forchheimer, der S. Er war neben mir. Wir machten 1200 Gefangene. Meine Schwadron ist aufgelöst. Es grüßt euch alle Hans."
Zwei Tage nach Veröffentlichung dieser ersten Feldpostbriefe von der Front meldete das "Forchheimer Tagblatt", dass auf Anweisung des Großen Generalstabs "bis auf weiteres Feldpostbriefe in den Zeitungen nicht mehr veröffentlicht werden dürfen".
"Lüttich in unserer Hand" Verlustmeldungen waren dem Generalstab ganz offenbar unangenehm. In der Nachricht über die eroberte "Festung Lüttich" hatte es auf der Titelseite vom 10. August noch geheißen: "Lüttich ist fest in unserer Hand.
Die Verluste des Feindes sind groß. Unsere Verluste werden sofort mitgeteilt werden, sobald sie zuverlässig bekannt sind." Aber so müssen Meldungen von der Front offenbar abgefasst werden.
Das ist im Grunde aber auch heute noch so: Eigene Siege müssen großgeredet, Verluste nach Möglichkeit verschwiegen werden. Mit der Parole "Bürger Forchheims beflagget doch Eure Häuser bei Siegen!" unterstützte das "Forchheimer Tagblatt" in großen Lettern auf seiner Titelseite am 5. September die nationale Front. Und trotzdem: Leid und Tod bekamen auch die Menschen in Forchheim und Umgebung bald zu spüren. Bereits am 18. August meldete der Wiesent-Bote aus Langensendelbach: "Soeben traf die Nachricht vom Kriegsschauplatz ein, daß die beiden Soldaten des Leibregiments Josef Weber, verheiratet und Joh.
Singer, Schreinersohn, ledig, von hier gefallen sind."
Die von den amtlichen Stellen versandten Todesnachrichten trafen allerdings nicht immer zu. Verwechslungen stürzten manche Familien in tiefes Leid. So zeigte ein Vater aus Bieberbach Ende August in der Zeitung an, dass sein "lieber, braver Sohn Georg auf dem Felde der Ehre den Heldentod fürs Vaterland" gestorben sei.
Ein Toter lebt weiter Drei Tage später teilte er auf dem gleichen Wege mit, dass sich die amtliche Mitteilung "glücklicherweise nicht bewahrheitet" habe. "Zu unserer größten Freude können wir mitteilen, daß unser Sohn nach seiner eigenen Mitteilung vom 28. August sich gesund und wohl vor dem Feinde befindet.
Gebe Gott, daß dies ferner der Fall ist." Die Namenstafel, die gegenüber dem 1927 errichteten Kriegerbrunnen am Forchheimer Rathaus angebracht ist, nennt unter der Überschrift "Für Deutschlands Ehre und Freiheit" 308 Gefallene. Unter ihnen war der Leutnant der Reserve Karl Bager. Er war wohl der erste Forchheimer, der im Ersten Weltkrieg sein Leben ließ. Er war bei der Firma Seltsam beschäftigt, 31 Jahre alt. Er fiel am 20. August 1914 in der Abwehrschlacht gegen die in Lothringen angreifenden Franzosen.
In derselben Schlacht war auch der aus Ebermannstadt stammende Rechtsanwalt Hans Weigel vor Verdun schwer verwundet worden. Anfang September starb er im Kriegslazarett Metz im Alter von 28 Jahren. Er war der erste Gefallene, den Ebermannstadt zu beklagen hatte. Der Wiesent-Bote berichtete, dass ihm in der Pfarrkirche eine "ergreifende Trauerfeier" bereitet wurde.
Offensichtlich gab es bei den ersten Gefallenen Bestrebungen der Hinterbliebenen, ihre an der Front gefallenen Angehörigen zu Bestattung nach Hause zu überführen. Denn bereits Mitte September 1914 gab der Forchheimer Bürgermeister Strecker bekannt, dass nach Mitteilung der obersten Militärbehörden "etwaige Anträge auf Ueberführung von Leichen gefallener Kriegen in die Heimat jetzt nicht genehmigt werden, da die Bahnen durch Rücktransport Gefangener und Verwundeter voll in Anspruch genommen" seien. Eine derartige Rückführung wäre im Laufe des über vier Jahre dauernden Kriegs überaus schwierig geworden.
Über zwei Millionen Tote Denn insgesamt mussten im Ersten Weltkrieg rund 2,03 Millionen deutsche Soldaten ihr Leben lassen. Ihre Namen wurden in sogenannten Verlustlisten amtlich erfasst und in jeder Gemeinde veröffentlicht.
Ihnen konnte man entnehmen, ob ein Angehöriger gefallen, verwundet oder vermisst war.
Anfangs des Kriegs erschienen sie fast täglich. Nach Kriegsende umfassten diese Listen insgesamt 31 000 Seiten. Seit August dieses Jahres sind die Namen unter der Adresse
www.verlustlisten.de. Anfangs widmeten die beiden Lokalzeitungen den hiesigen Gefallenen redaktionell noch eigene Meldungen. Als dann die Todesanzeigen zunahmen, sammelte das Forchheimer Tagblatt ab Oktober die Namen unter der Rubrik "Ehrentafel der Forchheimer Gefallenen" und der Wiesent-Bote ebenso mit der Überschrift "Ehrentafel". In fast allen unseren Gemeinden sind für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs Kriegerdenkmale errichtet worden.
Dabei weisen die Inschriften ein sehr unterschiedliches Gedenken aus.
In Forchheim sind die Menschen gefallen "für Deutschlands Ehre und Freiheit", in Gräfenberg heißt es: "Ewig Ehre und Dank / Unseren Kriegern / Für's Vaterland starben / 1914 - 1918 / Sie gaben ihr Leben fuer Deutschlands Recht, / schlafen trotz fremder Erde in seliger Ruh‘ / kannst du bestehen, spaeter Geschlecht, / wenn Deutschland dich fragt: ‚Was gabst mir du?"
Zum Andenken an die Helden In Ebermannstadt steht: "Den Lebenden zur Mahnung den Toten zur Ehr (ohne Namen) Sie mögen ruhen in Frieden." In Gößweinstein sind auf dem alten Denkmal für den Ersten Weltkrieg die Inschriften fast kaum noch lesbar. Stattdessen wurden in der Friedhofsmauer Metallplatten mit den Namen der Gefallenen und Vermissten angebracht.
In Kersbach lautet der Text für die Gefallenen wie folgt: "Dem Andenken unserer gefallenen Helden."