Frauen in Männerberufen: Wenn Frauen die Knöpfe drücken

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Seit 30 Jahren übt Christa Butterhof-Lorenz den Beruf als Schornsteinfegerin nun schon aus und hat es bis heute nicht bereut. Foto: Friederike Stark/Archiv
Seit 30 Jahren übt Christa Butterhof-Lorenz den Beruf als Schornsteinfegerin nun schon aus und hat es bis heute nicht bereut. Foto: Friederike Stark/Archiv

Die Kaminkehrermeisterin Christa Butterhof-Lorenz wusste schon als Kind, dass sie einmal in einer typischen Männerdomäne arbeiten will.

Schon mit sechs Jahren wusste Christa Butterhof-Lorenz: Sie wird einmal Schornsteinfegerin. Was sie in diesem zarten Alter noch nicht wusste: Weil sie weiblich ist, wird sie es in diesem Beruf etwas schwieriger haben, sie wird sich unter vielen Männern behaupten müssen und kaum weibliche Kolleginnen kennen.

Wenn in Neunkirchen der Schornsteinfeger klingelt, dann steht sie vor der Türe: Kaminkehrermeisterin Christa Butterhof-Lorenz ist die einzige Bezirksbevollmächtigte in Oberfranken. Ihr Gebiet erstreckt sich auf Neunkirchen, Dormitz und Kleinsendelbach: "Die Leute kennen mich mittlerweile nach elf Jahren und vertrauen auf mein Fachwissen als Schlotfegerin und Energieberaterin", berichtet sie. Bisher hat sie zwei Frauen ausgebildet, sonst ist sie im Landkreis Forchheim alleine auf weiter (Männer-)Flur.

Witze unter der Gürtellinie

Machosprüche und derbe Witze, die unter die Gürtellinie gehen: Zu Beginn hätten viele Kollegen erst einmal ablehnend auf die weibliche Schornsteinfegerin reagiert. "Einmal ist mir richtig der Kragen geplatzt, seitdem ist absolute Ruhe", sagt Butterhof-Lorenz. Ihr Tipp: Auf einen frechen Spruch immer kontern - aber dabei nie selbst unter die Gürtellinie gehen.

Dass sie in ihrem Beruf taff sein muss, war der Schornsteinfegerin von Anfang an klar. Biss, Durchsetzungsvermögen und Schlagfertigkeit - das sind die Eigenschaften, die man als Frau in einem Männerberuf besitzen sollte, um sich zu behaupten. Eine sensible oder schüchterne Frau im Handwerk? "Die hat verloren", sagt Butterhof-Lorenz sofort.

Mit weiblichem Charme punkten

Was ihre männlichen Kollegen können, kann Butterhof-Lorenz genauso gut. Keine Aufgabe ist der Neunkirchnerin zu schwer. "Wichtig ist: Ich bin eine Frau, aber ich kann das genauso leisten." Weil sie sich mittlerweile in ihrem Handwerk einen Status erarbeitet hat, lässt sich Butterhof-Lorenz auch einmal von einem Mann helfen.

Oft kann sie mit weiblichem Charme wesentlich mehr bewirken als ihre männlichen Kollegen. Das kommt bei den Kunden an und so genießt Butterhof-Lorenz das Privileg, die Lieblingsschlotfegerin zu sein. "Heute bedanke ich mich, wenn mir jemand die Tür aufhält. Darüber hätte ich mich früher geärgert", sagt sie.

Eine Frau in einem typischen Männerberuf - das kann auch Vorteile und neue Sichtweisen mit sich bringen, weiß die Schlotfegerin. "Ich denke als Frau anders als Männer", sagt sie. So habe sie in ihrem Arbeitsgebiet neue Dinge eingeführt, zu Terminen fährt sie beispielsweise mit dem Fahrrad.

Eine echte Exotin

Auch wenn der Frauenanteil im Schornsteinfeger Beruf steigt: Butterhof-Lorenz ist immer noch eine echte Exotin. Nach Angaben des Statistik-Portals "Statista" waren im Jahr 2016 8298 Männer und nur 764 Frauen im Schornsteinfegerhandwerk tätig.

Egal ob auf dem Bau, in Schreinereien oder in Malereien: Dass Männer in der Überzahl sind, macht sich in vielen Handwerksberufen bemerkbar. Das weiß auch Werner Oppel, Kreishandwerksmeister in Forchheim. 1150 weibliche Auszubildende im Handwerk gibt es in ganz Oberfranken, im Landkreis Forchheim sind es 82, so Oppel. Besonders stark vertreten ist die Friseur-Innung mit 27 weiblichen Azubis. Echte Exoten sind weibliche Azubis bei Kfz-Mechatronikern (vier), bei den Goldschmieden (zwei) und bei den Steinmetzen (eine).

Er hat in seinem Sanitärbetrieb schon viele Lehrlinge ausgebildet, eine Frau war nicht darunter. "Bei so einem schweren Beruf ist das nicht einfach - Gleichberechtigung hin oder her", sagt Oppel. Besonders bei körperlich sehr anstrengenden Arbeiten würden Frauen schnell an körperliche Grenzen stoßen.

Frauen sind willkommen

Dabei wäre der Handwerksmeister aufgeschlossen für jede Bewerbung, egal ob von Mann oder Frau. Worauf es ihm ankommt: "Man muss lernfähig sein", sagt er. Eine gute Entwicklung gebe es dafür bei Handwerksberufen wie Bäcker. "Da gibt es mittlerweile schon Damen. Das ist kein Problem", sagt Oppel.

Interview: "Vorurteile haben in der heutigen Arbeitswelt keinen Platz"

Im Gespräch erklärt Michael Waasner, Vorsitzender IHK-Gremium Forchheim, was sich in den vergangenen Jahren geändert hat und welche Grenzen es für Frauen gibt. Was sind typische Männerberufe?

Michael Waasner: Den typischen Männerberuf gibt es heute eigentlich nicht mehr. Man kann höchstens sagen, dass es in gewissen Berufszweigen gewisse Tendenzen gibt. Wir als Industrie- und Handelskammer sehen das gerade bei den Eintragungen der Ausbildungsberufe. Da ist der Anteil der männlichen Auszubildenden gerade im Baugewerbe, in der Metall-Elektro-Verarbeitung, bei den Berufskraftfahrern und im Lagerbereich schon deutlich höher.

Wie schwer ist es für eine Frau, sich in einem technischen oder handwerklichen Beruf durchzusetzen?

Frauen, die sich für einen Beruf in diesen Bereichen entscheiden, wissen in der Regel genau, was auf sie in den Berufen zukommt. Die Prüfungsergebnisse zeigen, dass Frauen oft besser abschneiden und sich so auf jeden Fall durch ihre fachliche Kompetenz durchsetzen können.

Wie hat sich die Situation in den vergangenen Jahren verändert: Gibt es mehr Frauen in Männerberufen? In den oben genannten Berufen hat sich der Anteil von Frauen unter den Auszubildenden in den letzten Jahren in der Region Forchheim verdoppelt. Anteilig machen Frauen zwar immer noch einen deutlich kleineren Prozentsatz aus, eine klare Tendenz nach oben ist aber erkennbar.

Mit welchen Vorurteilen werden Frauen in typischen Männerberufen konfrontiert?

Die klassischen Vorurteile sind eher physischer Natur. Da aber die schwere körperliche Arbeit immer weniger wird, ist dieses Vorurteil mehr als obsolet. Einerseits lässt das der Arbeitsschutz gar nicht mehr zu, und andererseits kommen vermehrt Maschinen zum Einsatz, die die Arbeit sowohl für Männer und auch Frauen erleichtern. Diese Vorurteile haben also in der heutigen Arbeitswelt keinen Platz mehr.

Wie viele Frauen arbeiten in der Region Forchheim in typischen Männerberufen?

Konkrete Zahlen aus Forchheim haben wir von den Ausbildungsverträgen, die zum Jahresende 2018 aktiv sind. Von den Ausbildungsberufen aus der Metalltechnik, Elektrotechnik, Bau-Steine-Erden, Chemie-Physik-Biologie, Holz, sowie die Berufskraftfahrer und Lagerberufe sind von insgesamt 231 Auszubildenden lediglich 31 Frauen.

Welche Grenzen gibt es für Frauen in typischen Männerberufen? ?

Grenzen bei der Berufswahl darf es alleine schon wegen dem in Europa gültigen allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nicht geben. Unabhängig davon, sind diese in der heutigen Zeit nicht nötig. Welchen Stellenwert hat das Thema Kinder und Elternzeit? Elternzeit wird auch zunehmend von Männern wahrgenommen und wird auch immer mehr ein Thema bei den männlichen Mitarbeitern. Das Gespräch führte Franziska Rieger