Forchheimer Bürger rüsten auf

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Pfefferspray und CS-Gas werden immer mehr nachgefragt. Foto: Archiv
Pfefferspray und CS-Gas werden immer mehr nachgefragt. Foto: Archiv

Die Dämmerung und die immer weiter steigende Zahl von Einbrüchen machen Menschen Angst. Immer mehr legen sich gefährliche CS-Sprays zur Selbstverteidigung zu oder beantragen sogar den Kleinen Waffenschein.

Die Franken verspüren ein gesteigertes Bedürfnis nach Sicherheit. Immer mehr holen sich Pfeffersprays und Schreckschusspistolen ins Haus. Waffenhändler aus der Region gehen Gesprächen derzeit aus dem Weg, geben keine Auskunft. Aber Fakt ist, dass Privatkunden vermehrt kaufen, was an frei verkäuflichen Waffen und Verteidigungsmitteln angeboten wird.

Kein Blatt vor dem Mund nimmt der Verband deutscher Büchsenmacher und Waffenhändler (VDB). "Das persönliche Sicherheitsbedürfnis in der Bevölkerung ist enorm gestiegen", sagt Ingo Meinhard vom VDB. Der Absatz an frei verkäuflichen Verteidigungsmitteln habe sich heuer im Schnitt verdoppelt, einige Geschäftsleute verkauften gar die vierfache Menge. Vor allem nach den Terroranschlägen von Paris gebe es mehr Menschen, die Waffengeschäfte aufsuchen und sich dort beraten lassen. "Die Leute erklären, sie würden sich unsicher fühlen", so Meinhard.

Das bayerische Innenministerium bestätigt einen Zuwachs bei der Erteilung der sogenannten Kleinen Waffenscheine, die dazu berechtigen, dass man Schreckschusswaffen mit sich führen darf. Ende Oktober 2015 gab es laut Statistik 46.690 solcher Berechtigungen - 3161 mehr als noch ein Jahr zuvor. Über die Gründe, die zu dieser Zunahme führten, schweigt das Ministerium.


Anzahl steigt gering

Obwohl die Zahl der Anträge auf Erteilung kleiner Waffenscheine auch im Landkreis Forchheim gestiegen ist, kann Mario Saß, Sachbearbeiter für Waffenrecht am Landratsamt Forchheim, von keinem signifikanten Anstieg sprechen. Von 38 beantragten Kleinen Waffenscheinen wurden 35 erteilt. Das sind im Vergleich zum Vorjahr neun erteilte Waffenscheine mehr.

Auf den ganzen Landkreis und der Stadt Forchheim betrachtet, liegt die Zahl eher im unteren Durchschnitt. Kein Vergleich zum Jahr 2003, als dieser Waffenschein Pflicht wurde. Da waren Ordner voller Anträge auf Saß'
Schreibtisch.

Da Schreckschusswaffen frei verkäuflich sind, braucht man zum Erwerb keinen Waffenschein. Er berechtigt lediglich dazu, die Waffe in der Öffentlichkeit zu führen.

Ob durch die Kleinen Waffenscheine ausschließlich beantragt werden, um ein höheres Sicherheitsgefühl zu haben, kann Mario Saß so nicht beantworten. Manche Leute kaufen Schreckschusswaffen auch, um damit die Silvesterknaller schießen zu können. "Man könnte vermuten, dass es auch mit Silvester zusammenhängt, denn auffällig ist, dass die meisten Anträge im Dezember eingehen", sagt Saß.

Als Besitzer des Kleinen Waffenscheins dürfen die Silvesterfeiernden dann mit ihrer Schreckschusspistole zum drei Straßen weiter entfernten Nachbarn gehen, ohne diese in einem verschlossenen Koffer herumtragen zu müssen, und dort schießen.

Große Waffenscheine werden im Landkreis Forchheim kaum erteilt, auch Neuanträge dafür gibt es kaum. Aber auch dieser Schein würde nur die Erlaubnis, scharfe Waffen in der Öffentlichkeit zu führen, geben. Anders ist es mit der Tatsache, dass jemand überhaupt eine Waffe haben darf. Dazu braucht er die Waffenbesitzkarte und die haben einige im Landkreis, in erster Linie Jäger und auch Sportschützen.

Peter Schall ist bayerischer Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, er meint zur Aufrüstung privater Haushalte: "Hier kann es durchaus sein, dass die Bürger glauben, sich gerade nachts mal wehren zu müssen. Es ist ja nun selbst auf dem Land so, dass Fremde ins Blickfeld rücken, da die Flüchtlinge flächenmäßig verteilt werden müssen."

Auch wenn die polizeilichen Statistiken das nicht bestätigen, scheint das Sicherheitsgefühl bei manchen beeinträchtigt. Ursache dafür sind nach Meinung von Peter Schall die vielen bösartigen Einträge in sozialen Netzwerken, mit denen massiv Stimmung gegen die Flüchtlinge gemacht und Kriminalität herbei geschrieben werde. "Genau diese Gerüchte führen dazu, dass der Bürger glaubt, sich bewaffnen zu müssen", so Schall. Zu den meistverkauften Artikeln zählt übrigens ein CS-Gas-Spray. 40 Milliliter gibt es für zehn Euro. 90 Prozent der Kunden sind Frauen. Ein ziemlich gefährliches Stück Sicherheit. Schließlich handelt es sich auch bei den legalen Abwehrsprays um Distanzwaffen.

Das schnell wirkende Pfefferspray ist in Deutschland ausschließlich zur Tierabwehr zugelassen. Nur dann sind der Besitz und das Mitnehmen in der Öffentlichkeit erlaubt. Das gilt auch für alle Varianten wie Pfeffergel und Pfefferschaum. Gegen Menschen darf es nur in einer Notwehrsituation eingesetzt werden, wenn kein anderes geeignetes Mittel zur Verfügung steht.


Absatz steigt um 600 Prozent

Ein Hersteller verzeichnete in diesem Herbst einen um 600 Prozent gestiegenen Absatz von Pfefferspray. Besonders die handlichen Modelle würden in großen Mengen nachgeordert. Für den Kauf, den Besitz und das Mitführen von Pfefferspray gilt in Deutschland ein Mindestalter von 14 Jahren.

Laut Bundesverwaltungsamt sind aktuell 5,79 Millionen legale Waffen im Besitz von Privatpersonen und Vereinen im Waffenregister gespeichert - 290.000 mehr in nicht einmal drei Jahren. Auch die Zahl der Waffenbesitzer nahm zu, liegt jetzt bei 1,54 Millionen.