Erschließung der Langen Meile

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Der Arbeitsdienst beim Straßenbau (o.); Ort und Datum des Fotos sind unbekannt. Das Foto stammt von Unterfeldmeister Max Zweckbronner, der 1935 Zugführer im Ebermannstädter Stammlager war Repros: Manfred Franze.
Der Arbeitsdienst beim Straßenbau (o.); Ort und Datum des Fotos sind unbekannt. Das Foto stammt von Unterfeldmeister Max Zweckbronner, der 1935 Zugführer im Ebermannstädter Stammlager war Repros: Manfred Franze.
 
Georg Wagner
Georg Wagner
 
 

Ganz ohne den Einsatz von Maschinen baute der Arbeitsdienst vor 80 Jahren eine Straße von Ebermannstadt auf das Plateau der Fränkischen Schweiz. Die Nationalsozialisten überhöhten den Bau in propagandistischer Absicht.

Vor 80 Jahren war es erstmals möglich, mit dem Auto von Ebermannstadt aus auf die Lange Meile zu fahren. Über zwei Jahre dauerte es, bis der Arbeitsdienst im Frühjahr 1937 ohne den Einsatz von Maschinen den Bau der neuen Straße vom Krankenhaus hinauf zum Steinbruch abschließen konnte. Für den Arbeitsdienst verpflichtet wurde jeder Deutsche über 18 Jahre.
Es war das größte und schwierigste Projekt, das nach Fertigstellung des Lagergebäudes im November 1934 in Angriff genommen wurde. Und es war nicht unumstritten.


Sechs Meter breit

Die Gemeinde Eschlipp lehnte die Trassenführung über den Hasenberg ab und sprach sich stattdessen für eine Talstraße aus, "wohl mit Rücksicht auf die dort liegenden Waldungen", wie der Wiesent-Bote nicht zu Unrecht vermutete.
Demgegenüber argumentierte das Kulturbauamt Bamberg als planende Behörde, "dass die Bergstraße um 800 Meter kürzer und die Benützung der Talstraße im Winter bei der starken Eisbindung mit Schwierigkeiten verbunden" sei.
Den Bau der Straße hatte Bürgermeister Georg Wagner (1879-1962) angeregt. Der Leiter des Bezirksamts, Ferdinand Waller, unterstützte die Idee nachdrücklich und erreichte, dass das Kulturbauamt Bamberg die Planung übernahm. Es legte die Trasse auf eine Breite von sechs Metern fest und begrenzte die Steigung auf nicht mehr als fünd bis sechs Prozent. Obwohl die Anliegergemeinden - Ebermannstadt, Breitenbach, Niedermirsberg, Drügendorf, Eschlipp - für den Bau den Grund kostenlos abzutreten hatten und der Einsatz von 112 Arbeitsdienstmännern vorgesehen war, summierten sich die Gesamtkosten immerhin auf 130 000 Reichsmark.


Problematisches Gestein

Den Nutzen des Neubaus sah man zu einem in der besseren Erschließung der landwirtschaftlichen Flächen auf der Langen Meile und zum anderen darin, mit der Fortführung der Straße die Verbindung nach Bamberg "um 18 Kilometer" zu verkürzen.
Wie dringlich der Straßenbau war, zeigte sich im Mai 1936, als Pfarrer Fröhlich sein Haus auf dem Feuerstein baute und erstmals ein Auto von Niedermirsberg her mit Baumaterialien auf den Berg wollte. Der Lastwagen blieb auf halbem Weg in dem vom Regen aufgeweichten Weg stecken und musste mit acht Kühen aus dem Morast gezogen werden. Zu diesem Zeitpunkt kämpfte auf der Ebermannstadter Seite der Arbeitsdienst beim Straßenbau über den Hasenberg mit ähnlichen Schwierigkeiten. Wegen des wasserführenden Juragesteins mussten immer wieder Ablaufgräben gezogen und die gefährlichen Rutschgebiete aufgefangen werden.
Im Januar 1936 musste sich der Arbeitsdienstführer Buchner sogar öffentlich gegen das Gerücht wehren, "dass der Bau wegen verschiedener Erdrutsche gesperrt werden" solle. Allerdings räumte er ein, dass "wohl kleinere Erdrutsche vorgekommen" seien. Dies sei "aber nur auf die geologischen Verhältnisse des Berges zurückzuführen".
Genervt und aggressiv zugleich fügte er hinzu: "Wenn die Herrschaften glauben, es besser machen zu können, indem sie immer wieder über die Sache kritisieren und meckern, so frage ich sie, warum sie nicht schon früher selbst den Straßenbau auf diesen Berg begonnen haben. ... Es sind aber meistens solche Leute, denen überhaupt nichts recht ist, was durch das Dritte Reich geschaffen wurde. Ich werde in Zukunft dafür sorgen, dass diese ewigen Kritikaster einmal dahin kommen, wohin sie gehören. Dort können sie dann über ihre eigene Dummheit nachdenken. Wir sind keine Menschen, die sich durch irgendwelche kleinen Ereignisse von ihrem gesteckten Ziel abbringen lassen."


Streit hinter den Kulissen

Hinter dieser Drohung wurde das Zerwürfnis deutlich, das mittlerweile zwischen der örtlichen Lagerführung und den örtlichen Kommunalpolitikern bestand. Die Stadt weigerte sich, das Arbeitsdienstlager weiter auszubauen - so wie es Buchner ständig forderte.
Im Vertrauen auf die für den Lagerbau in Aussicht gestellte Förderung hatte sich die Stadt unverhältnismäßig hoch verschuldet, musste zeitweise sogar die Einnahmen der Stadtwerke verpfänden und verweigerte deswegen den vom Arbeitsdienst geforderten Bau einer Turnhalle. Als im September 1936 die Belegschaft des Stammlagers wechselte, hieß es zum Abschied der 110 ausscheidenden Arbeitsmänner in der Lagerzeitung mit Titel "Die Quetsche", dass "trotz aller Widerstände" der Bau der Bergstraße "ein gutes Stück weiter" gekommen sei.


Standhafter Ort

Sie werde nun "den neuen Kameraden zu treuen Händen" übergeben und werde, "wenn sie dereinst vollendet ist, mehr sein, als nur ein Wirtschaftsweg zur Erschließung von Oedland. Sie werde wie viele andere Werke des Arbeitsdienstes Symbol sein für den schaffenden Willen der neuen deutschen Jugend, Symbol für die deutsche Einigkeit. Steil und in vielen Windungen führt unsere Straße zum Berg hinan. Viele und schwere Hindernisse waren zu überwinden, um die Höhe zu erreichen. Nicht anders ist es auch im Leben eines Volkes".
Die propagandistische Überhöhung des Straßenbaues zum Symbol für die Schaffenskraft des nationalsozialistischen Regimes blieb ohne Resonanz vor Ort. Ohne jegliche Feier machte der Bürgermeister der Stadt Ebermannstadt am 28. September 1936 bekannt, dass "der Bauabschnitt I des Wirtschaftswegbaues Lange Meile bis Kilometer 2,140 beendet" sei und die Straße "bis zu dieser Grenze, also dem Steinbruch, dem öffentlichen Verkehr freigegeben" werde.
Allerdings fehle noch "die Anbringung von Sicherheitsgeländern", so dass die Benützung "auf eigene Verantwortung und Gefahr" geschehe. Die Vertreter des Arbeitsdienstes, des Kulturbauamtes und der Bürgermeister lobten bei der offiziellen Übergabe der Straße an die Stadt die "mustergültige Ausführung" des Bauwerks. Damit war der I. Bauabschnitt aber noch nicht vollendet. Den Herbst und Winter über musste an der Weiterführung der Bergstraße vom Steinbruch bis auf die Höhe des Feuersteins weitergearbeitet werden. Erst im Februar 1937 meldete der Wiesent-Bote, dass der "Wegebau vom Bezirkskrankenhaus bis Kilometer 3 (auf der Höhe des Feuersteins) seinem Ende entgegen" gehe. Und weiter hieß es: "Im Frühjahr wird dann die Straße gewalzt und sodann dem Verkehr übergeben."


Überörtliche Bedeutung

Nach Beendigung des ersten Bauabschnitts im Frühjahr 1937 konnte im Anschluss daran der zweite wegen Finanzschwierigkeiten nicht begonnen werden. Vorgesehen war, den Wirtschaftsweg um weitere 4,2 Kilometer "von Kilometer 3 (auf dem Feuerstein) bis Kilometer 7,2 bei der Einmündung in die Drügendorfer Bergstraße" zu verlängern.
Durch Zufahrtsstraßen sollten Niedermirsberg und Drosendorf an diese Strecke angebunden werden. Die Planung sah weiter vor, die Straße bis Kalteneggolsfeld weiterzuführen und sie dann von Zeegendorf über Mistendorf an die bereits vorhandene Fahrtstraße nach Bamberg anzubinden.
"Mit dem Bau dieser Straße", so hatte man im Februar 1935 bei der Vorstellung des Projekts angekündigt, hätte "sich die Entfernung Ebermannstadt-Bamberg um 18 Kilometer" verringert und alle umliegenden Täler wären an die neue Trasse angebunden. Entsprechend der überörtlichen Bedeutung, die der Straße für die Verkehrsführung nach Bamberg worden war, hätte die Fortführung des Projekts Priorität gehabt.
Aber dem Bezirksamt fehlte für den Weiterbau das Geld zur Finanzierung der veranschlagten Kosten in Höhe von 78 000 RM. Deswegen verschob man zunächst die Fortsetzung des Straßenbaus um ein Jahr auf 1938 und setzte dafür die Ebermannstädter Arbeitsdienstabteilung zu Arbeiten für den Reichsparteitag in Nürnberg und daran anschließend zur Kultivierung von Ödland im benachbarten Pretzfeld ein.
Als hier im April 1938 die Arbeit beendet war, kehrte die Arbeitsdienstabteilung aber nicht mehr in ihr Stammlager nach Ebermannstadt zurück, sondern wurde in die Rhön verlegt.