Ebermannstadts erste Turnhalle verschwindet

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Am 1. September 1938 wurden Polizeischüler in Ebermannstadt vereidigt. Repros: Franze
Am 1. September 1938 wurden Polizeischüler in Ebermannstadt vereidigt. Repros: Franze
Der Polizeischüler Oscar Rauser 1940 hat die komplette Ebermannstadter Anlage in einem Bild verewigt.
Der Polizeischüler Oscar Rauser 1940 hat die komplette Ebermannstadter Anlage in einem Bild verewigt.
 
So sieht Ebermannstadts erste Turnhalle heute aus. Foto: Franze
So sieht Ebermannstadts erste Turnhalle heute aus. Foto: Franze
 

Was später dem örtlichen Sportverein als Übungsstätte diente, war in 1930er-Jahren für den Arbeitsdienst der Nationalsozialisten errichtet worden. In den kommenden Wochen soll die Halle Platz für eine Kinderkrippe machen.

Nach einer Entscheidung des Ebermannstadter Stadtrats soll im Februar, spätestens aber im März, die sogenannte Reithalle abgerissen und an ihrer Stelle eine Kinderkrippe errichtet werden. Eine Erklärung, warum die erste Turnhalle Ebermannstadts als Reithalle bezeichnet wird, findet sich nirgends in den historischen Quellen. Gebaut wurde sie 1935 von der Firma Hans Blank nach Plänen für "freitragende Holzbauten" der Nürnberger Firma "Michael Bauer's Söhne". Vo rangegangen war ein langer Streit zwischen dem Ebermannstadter Stadtrat und der Würzburger Gau-Arbeitsdienstleitung.

Schlamm und Dreck

Im Jahr 1933 hatte Ebermannstadt Muggendorf ausstechen können und sich den Zuschlag für die Errichtung eines Arbeitsdienstlagers gesichert.

In aller Eile fertigte der Heiligenstadter Bauunternehmer Karl Schmidt seinerseits einen Bauplan und befürwortete zugleich als
NSDAP-Kreisleiter mit einem ausführlichen Gutachten das Projekt. Gebaut werden sollte auf dem Gemeindeanger am Hasenberg. Aus der Sicht des ersten Lagerleiters war das Gelände aber "ein Sumpf- und Morastloch, ein unfruchtbares Gelände, ein Schmerzenskind unter dem Landbesitz der Gemeinde Ebermannstadt". Als am 2. Oktober 1933 die Arbeitsdienstler mit dem Wegebau begannen, mussten sie über "Tage, Wochen und Monate bis zu den Knien im Schlamm und Dreck" stehen. Weil die Finanzierung der Gebäude für die Unterbringung des Arbeitsdienstes nicht gesichert war, kam es ständig zu Auseinandersetzungen zwischen dem Stadtrat und der Gauleitung in Würzburg.

Als im Juli 1934 der erste Bauabschnitt bezugsfertig war, hatte die Stadt über 50 000 RM Schulden. Sie musste einen Kredit zu Lasten ihres E-Werks aufnehmen und weigerte sich deshalb auch, den zweiten Bauabschnitt auszuführen.

Immer wieder wiesen Bürgermeister und Stadtrat darauf hin, dass sie sich nur im Vertrauen auf die überörtlichen Finanzierungszusagen auf das Projekt eingelassen hätten. Ihnen fehle sowohl für den zweiten Bauabschnitt als auch für die vom Arbeitsdienst geforderte Turnhalle das notwendige Geld. Im Gasthaus des Bürgermeisters namens "Blaue Traube" eskalierte im Juni 1934 der Streit. Der Lagerleiter Heinz Buchner drohte mit Abzug des gesamten Lagers für den Fall, dass die Turnhalle nicht gebaut würde. Darauf erwiderte Bürgermeister Wagner, dass er und die Ebermannstadter sowieso kein Interesse mehr an dem Lager hätten: "Die dort können wieder hin, wo sie hergekommen sind."

Drohendes Fiasko

Nun übernahm das Bezirksamt, wie damals der Vorläufer des heutigen Landratsamt hieß, das weitere Vorgehen. Der Vorstand, Dr. Ferdinand Waller, und sein Stellvertreter, Dr. Heinz Wirsching, setzten alle Hebel in Bewegung, um ein Fiasko zu verhindern.
Sie überzeugten den Bezirkstag - er entsprach dem heutigen Kreistag -, die Regierung von Ober- und Mittelfranken sowie den "Fördererverband für den Arbeitsdienstgau 28", Zuschüsse für den Bau der Turnhalle zu geben. Trotzdem sah sich der Stadtrat von Ebermannstadt angesichts seiner "nach wie vor bestehenden äußerst gespannten Finanzlage" und der zu erwartenden "Einführung der Militärdienstpflicht" außerstande, mit dem Bau zu beginnen. Er stellte dennoch eine Woche später am 25. März 1935 "120 Kubikmeter Bauholz ab Wald ohne jede weitere Verpflichtung" zur Verfügung.

Am 16. Mai 1935 vereinbarte das Bezirksamt mit dem Baugeschäft Blank, zu einem Festpreis von 5025 RM und mit der Stadt als Bauherrn die Turnhalle "längstens bis 15. Juli 1935" zu errichten. Als im September der Bau immer noch nicht fertig und das Dach "regendurchlässig" war, setzte das Bezirksamt der Firma ein Ultimatum von einer Woche. Am 5. Oktober teilte das Bezirksamt der Stadt den Abschluss der Bauarbeiten mit.
Am 4. November 1935 übergab das Bezirksamt der Stadt offiziell die Turnhalle. Laut einem Vermerk solle die Halle auch "dem Turnunterricht der Schulen, den Ebermannstadter Vereinen und den nationalsozialistischen Organisationen dienen und auch als Raum für Massenkundgebungen".

Straßen gebaut

Tatsächlich hatte die Stadt außer dem Bauholz für die Turnhalle keinerlei Zuschuss geleistet. Die Abrechnung ergab Einnahmen in Höhe von 5190 RM bei gleichzeitigen Ausgaben für die Firma Blank in Höhe von 5125 RM.
Allerdings konnte Bürgermeister Georg Wagner diesen Erfolg nicht mehr genießen. Er war am 28. Juni 1935 als ehrenamtlicher Bürgermeister vom Innenministerium abgesetzt worden. Sein Amt übernahm kommissarisch sein Stellvertreter Leonhard Schmitt, Justizinspektor und Ortsgruppenleiter der NSDAP. Unter dessen Ägide errichtet der Arbeitsdienst 1936 anstelle des geplanten südlichen Steinbaus genormte Baracken, sodass eine Vollabteilung des Arbeitsdienstes untergebracht werden konnte. Die halbjährlich wechselnden Mannschaften bauten die für die Erschließung der Langen Meile dringend notwendige Straße. Allerdings nur den Bauabschnitt 1 bis zum Steinbruch. Im September 1936 wurde sie für den Verkehr freigegeben.
Der zweite Bauabschnitt mit einer Länge von 4,2 Kilometer sollte zwischen Frühjahr 1938 und Frühjahr 1940" ausgeführt werden. Weil aber die erforderlichen Baukosten in Höhe von 78 000 RM nicht finanziert werden konnten, wurde die Arbeitsdienstabteilung "7/280 Richard Wagner" zu Kultivierungs- und Wegebauten in die Alte Reuth nach Pretzfeld abgezogen und nach Beendigung der Arbeiten im März 1938 nach Oberelsbach in die Rhön verlegt.
Die leerstehende Anlage mietete das Polizeipräsidium Nürnberg-Fürth zur Ausbildung ihrer Schutzpolizei an. Bis 1941 konnten drei sogenannte Hundertschaften im "Weißen Haus" an der Wiesent Lehrgänge absolvieren. Danach belegte eine Einheit der Nürnberger Feuerschutzpolizei die Anlage.
Nach Kriegsende war die "Polizeischule" zunächst Auffanglager für Flüchtlinge, stellte 1954 der Realschule und 1970 dem Gymnasium Fränkische Schweiz Klassenräume zur Verfügung, beherbergte für Jahre die "Jugendinitiative" und ist heute Unterkunft für Kindergarten, Stadtbücherei, Mütterzentrum und eine Schreinerei.
Die "Reithalle" nutzt der TSV Ebermannstadt. Sie war Festhalle und diente den Brieftaubenzüchtern als Lagerraum. Nun endet die Geschichte von Ebermannstadts erster Turnhalle.