Die Geschichte der Forchheimer Häuser

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Reinhold Glas (l.) unterschreibt sein jüngst erschienenes Buch. Foto: Elisabeth Görner
Reinhold Glas (l.) unterschreibt sein jüngst erschienenes Buch.  Foto: Elisabeth Görner

Geschichte ist lebendig, wenn man sie derart anschaulich präsentieren kann wie Reinhold Gas.

Eine große Zahl von Interessierten hatte sich im Veranstaltungsraum im ersten Stock der Forchheimer Stadtbücherei zur Vorstellung des zweibändigen Werks "Häuserbuch Alt-Forchheim" durch den Autoren
Reinhold Glas eingefunden.
Eine das Häuserbuch ergänzende CD mit über 42 000 Familiennamen hat der Genealoge Edgar Hubrich erstellt. Der Vorsitzende der Gesellschaft für Familienforschung (GFF) und Hauptherausgeber Werner W. Schnabel von der Universität Erlangen-Nürnberg hob in seiner Begrüßungsansprache die große Leistung der beiden - übrigens ehrenamtlich tätigen - Forscher hervor.


Unter Zugzwang gesetzt

Reinhold Glas ließ die Zuhörer seinen Weg von der ersten Idee für das Werk vor mehr als acht Jahren bis zum abschließenden Erstellen eines umfangreichen Registers anschaulich nachvollziehen.

Bei der Vorstellung seines ersten Buchs "Forchheim, Stadt und Bürgerschaft" (2008) hatte er sich quasi selbst unter Zugzwang gesetzt durch seine Bemerkung, dass die schon erkannte Systematik der Gasseneinteilung in 22 sogenannte Hauptmannschaften "zweifellos einen Baustein für eine noch ausstehende zusammenfassende Häusergeschichte darstellt". Noch am selben Abend wurde ein entsprechender Plan gefasst und kurz darauf mit der systematischen Auswertung aller vorliegenden archivalischen Quellen begonnen. Einen Grundstock dafür hatte Glas sogar schon 2006 angelegt.

Bei hiesigen Fachleuten sehr bekannt und auch wichtig waren die in den 1950er Jahren erschienenen vier Heftchen des Pfarrers Martin Förtsch mit dem Titel "Häuserchronik von Alt-Forchheim", in denen dieser auf der Basis der gängigsten Archivalien der Lehensherren nur die als Lehen bestehenden Häuser bearbeitet hat, und das auch nur bis zum Ende des Lehenswesens im Jahr 1848.

Das Stadtarchiv Forchheim und das Staatsarchiv Bamberg wurden für Reinhold Glas dann immer mehr die eigentlichen Fundgruben, wo er in Besitzrechtsverzeichnissen und Zinsbüchern der Lehensherren sowie in den Rechnungsbüchern des bischöflichen Steueramts Forchheim Unmengen an Daten sichten konnte.
Jahr für Jahr sind die Besitzer aller Häuser eingetragen worden; dies schon ab 1544 bei den bischöflichen und ab 1561 bei den städtischen Häusern. Angeordnet waren die Einträge nach den 22 Gassen die gut 260 Jahre bis ins Jahr 1808 fast unverändert Bestand hatten.

Bislang hatte sich aber noch niemand mit der Verortung dieser Gassen beschäftigt und deren Systematik erkannt, zumal Hausnummern erst 1808/09 eingeführt worden sind und bis dahin nur Hausnamen und mehr oder weniger durchschaubare Lagebeschreibungen sowie Angrenzernennung üblich waren. Es stand auch keine Kartenübersicht wie etwa schon in der Reichsstadt Nürnberg zur Verfügung.


Urkunden und Akten

Nach einem ersten Besitzervergleich in der so genannten Besitzfassion von 1809 sind die Forchheimer Häuser komplett nach Hausnummern aufgelistet worden. Man kann deshalb nicht nur überhaupt eine Systematik, sondern eindeutige Strukturen mit Häuserfolgen erkennen.

Mithilfe des Computers konnte man nun jedes einzelne Haus mit der heutigen Straßenbezeichnung sowie mit der alten Hausnummer und der Plan- oder Flurstücknummer versehen und die meisten Häuser und ihre Besitzer bis ins 16. Jahrhundert zurückführen. Auch weiß man jetzt bei vielen schon bekannten Urkunden und Akten, auf welche konkreten Häuser sie sich beziehen. Das rund 1000-seitige Werk von Reinhold Glas erscheint vielleicht im ersten Moment als sehr speziell, aber die Häusergeschichte bietet insgesamt eine Fülle von Informationen - nicht nur zur Bau- und Kunstgeschichte, sondern auch zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, zur Topographie sowie zur Bevölkerungs- und Religionsgeschichte.

Aufgrund der bisher noch nicht genannten Quellen, den "Kapitalen" (Verzeichnisse für Geldverleih), war zum Beispiel zu erfahren, dass sogar die Forchheimer Judenschaft 1772 den Bau der Synagoge mit einer Hypothek finanzierten. Dank der Forschung für das "Häuserbuch" kamen auch bisher ganz unbekannte Dinge zutage oder es wurden Korrekturen früherer Ergebnisse notwendig: dass etwa das heutige Gasthaus zur Blauen Glocke - trotz der entsprechenden Verzierungen an der Frontseite - nicht die Werkstatt des damals weit und breit bekannten Kanonen- und Glockengießers Johann Konrad Roth war, sondern sein 1707 erworbenes privates Wohnhaus.


Ein Bordell in Forchheim

Das "Gieß- und Bohrhaus", in dem Roth bis ins Jahr 1730 arbeitete und das etwas später zugunsten eines Militärhospitals abgerissen worden ist, stand genau an der Stelle, an der aktuell die Zuhörer Reinhold Glas lauschten.

Ein Feixen entlockte eher den männlichen Zuhörern die Information, dass Forchheim von 1406 bis 1549 ein "Frauenhaus", das heißt: ein Bordell, an der Stadtmauer hatte. Wahrscheinlich lag dieses im Bereich der heutigen Wallstraße. Vermutlich musste es der Festungserweiterung nach dem zweiten Markgrafenkrieg weichen.