Berthold Bächmann mag in Sachen Internet und digitalen Kommunikationsmitteln seinen jüngeren Kollegen vielleicht etwas hinterherhinken.
Generation 60 plus im Job - eine Generation, die besondere Vorteile in ein Unternehmen bringt, die kein junger Mensch bieten kann. Denn durch das Alter hat der Mensch mehr Erfahrungen sammeln können und besitzt demnach auch mehr Fachkenntnisse. Zudem zeichnet sich diese Generation durch Leistungsbereitschaft, Disziplin und Verantwortungsgefühl aus.
Das ist die gut klingende Theorie, doch wie sieht das im Arbeitsalltag aus? Berthold Bächmann beispielsweise ist Serviceleiter der Raiffeisenbank Heiligenstadt. Im September nächsten Jahres geht er in Ruhestand.
Wie lassen sich seine Erfahrungen mit dem aktuellen Zeitgeist im Finanzwesen vereinbaren? "Die gegenwärtige Lage im Finanzwesen ist geprägt durch eine Überwachungs- und Regelungsflut, gepaart mit strengen Sparmaßnahmen in allen Bereichen aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank", erklärt Reinhard Dölfel, Vorstandsvorsitzender der
Raiffeisenbank Heiligenstadt.
Es gebe viele Bewegungen im Finanzsektor, viele Banken und Kunden wollten das schnelle Geld. "Früher kannte der Bankberater jeden Kunden, dessen Wünsche, Sorgen und Probleme", fährt Dölfel fort. Individuelle Beratung sei einem neuen Zeitgeist im Finanzwesen gewichen. Technik und Vorschriften führten zu einer Abkehr von persönlichen Beziehungen. "Doch da ist Berthold Bächmann eine wohltuende Ausnahme, denn er vertritt die alten Tugenden eines ehrbaren Kaufmanns", stellt der Vorstandsvorsitzende fest. Und er räumt auch ein: "Wir können uns richtig streiten, aber das wird nie persönlich und es kommt immer ein richtig gutes Ergebnis heraus."
Gesellschaftlich vernetzt
"Da muss ich aber gleich anbringen, dass ich auf Mails keine langen Antworten schreibe. Ich schlage immer vor, mich anzurufen.
Dann kann ich alles klären", wirft Berthold Bächmann ein.
Reinhold Dölfel ist begeistert von seinem Mitarbeiter, denn dieser kümmere sich sehr um seine Kunden und helfe beispielsweise auch bei Todesfallbearbeitungen. "Er ist gut vernetzt in der Region und arbeitet auch ehrenamtlich; zum Beispiel als Führungskraft bei der Feuerwehr, beim Gartenbauverein, der Kirchenverwaltung oder Sportverein", berichtet Dölfel. Die Zusammenarbeit mit den Vereinen bringe für die Bank ebenfalls Vorteile. Bächmann war auch zwölf Jahre lang Gemeinderat.
Berthold Bächmann selbst sieht seine besonderen Stärke vor allem im Umgang mit älteren Kunden, denn da nutze ihm sein Einfühlungsvermögen. Moderne Kommunikationsmittel wie das Internet dagegen liegen ihm nicht so sehr. "Ältere Kunden sprechen meine Sprache. Und da gilt das gegebene Wort", sagt Bächmann.
Sein Chef zählt weitere Stärken des Mitarbeiters auf: Seriosität, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und seine konservative Einstellung in Geldangelegenheiten. "Die hat vielen seiner Kunden eine Menge Geld gespart. Und von dieser Einstellung lässt er sich auch nicht abbringen", erzählt Reinhard Dölfel.
Berthold Bächmann hat mittlerweile sechs Enkel, bald sind es acht. Er fährt Fahrrad und kümmert sich um den Wald seiner Frau - das hält ihn fit. "Und nächstes Jahr gehe ich in den gefährlichsten Beruf der Welt: Rentner. Denn danach kommt nichts mehr", scherzt Bächmann.
Reinhard Dölfel ist froh, einen Mitarbeiter wie Reinhold Bächmann in seinen Reihen zu haben. Das Alter ist hier kein Thema, denn wichtig sind dem Vorstandsvorsitzenden die sozialen Kompetenzen seines Mitarbeiters.