Ein Investor will Wohnraum für Flüchtlinge und sozial schwache Familien schaffen. Einige Anwohner sehen das Projekt kritisch.
Schon seit etlichen Monaten diskutiert der Baiersdorfer Stadtrat Möglichkeiten des sozialen Wohnungsbaus und der Flüchtlingsunterbringung. Vor allem nachdem eine Containerlösung für Asylbewerber verworfen worden war, kam als Standort für feste Gebäude des sogenannte Reichel-Grundstück ins Gespräch.
Das Gelände mit einer bebaubaren Fläche von rund 4000 Quadratmeter liegt neben der Mittelschule am Igelsdorfer Weg, der früher als Kreisstraße Baiersdorf mit seinem Ortsteil verband. Er bildet zudem die Baugrenze der Siedlung in der Hut. Im Bebauungsplanverfahren, dessen ersten Schritt der Rat in der Sitzung nächste Woche beschließen will, bringen zum Aspekt "Hochwasser und Entwässerung" das Wasserwirtschaftsamt und das Landratsamt ihre Stimmen verpflichtend ein.
Mit der Bitte nach staatlichen Förderung für Sozialwohnungen trat an Investor an die Stadt heran.
Grenze bei 4000 Euro
Er möchte dort Reihenhäuser errichten. Sie sollen zu einem Drittel Flüchtlinge beherbergen, zwei Drittel sollen Mieter aufnehmen, die aufgrund ihres Einkommens Sozialwohnungen beziehen dürfen.
Für eine vierköpfige Familie liegt diese Grenze bei einem Bruttoeinkommen von 4000 Euro im Monat. Eine Reihe von Stadtratsmitgliedern hat das vergleichbare Projekt desselben Investors in Eckental besichtigt. Man sei davon recht eingenommen, berichtete CSU-Fraktionssprecherin Dorothea Neubauer.
Die geäußerten Meinungen und Fragen der Bürger, die überwiegend aus angrenzenden Straßenzügen kamen, stellten eine bunte Gemengelage aus sachlichen Nachfragen und polemischen Abwertungen dar.
Bürgermeister Andreas Galster (CSU) versicherte, dass die Anrainer zum nötigen Straßenausbau nicht herangezogen werden,
da ihre Anwesen über die Hut erschlossen sind.
Die Stadt sei zu einem freihändigen Verkauf zum ortsüblichen Preis berechtigt. Etliche Stimmen sprachen sich gegen die Einbindung eines Investors aus. "Dann hat man keinen Einfluss, wen man einen Investor reinlässt", war ein mehrfach gehörtes Argument. Ein Engagement des Baiersdorfer Kommunalunternehmens lehnt Galster ab, da es als Strom- und Wasserversorger andere Aufgaben habe. Es müsste das Bauvorhaben zu 100 Prozent mit Fremdmitteln finanzieren und verlöre dadurch seine Spielräume für Investitionen im Bereich der Energieversorgung.
15 Reihenhäuser
Mehrfach wurde die Befürchtung geäußert, die Randbebauung mit vielen Wohnungen in 15 Reihenhäusern fördere
eine Ghettobildung. Das sehen Galster und der Stadtrat nicht so, hätten sie doch immer Wert darauf gelegt, dass zur Ortsgröße passend keine Unterkünfte für Flüchtlinge mehr als 50 bis 60 Personen umfassen.
So etwas wie ein Ghetto erwarten manche Diskussionsteilnehmer auch dann, wenn sozialschwache Personen einziehen. Der angebliche Verlust der Lebensqualität im Erlanger Röthelheim-Quartier durch Sozialwohnungen neben Privathäusern wurde ins Feld geführt. So ruhig und gelassen Galster die Diskussion leitete und auch inhaltsgleiche Diskussionsbeiträge nochmals beantwortete, reagierte er hierauf mit klaren Worten, dass an der alten B 4 zwischen Baiersdorf und Wellerstadt vor Jahrzehnten viele Sozialwohnungen errichtet worden sind.
"Niemand nennt diese Straßen ein Ghetto. Sozialer Wohnungsbau gehört zu Baiersdorf wie die Eisenbahn", sagte Galster in diesem Zusammenhang.
Die abschätzigen, wenn auch verbrämten Äußerungen über Bewohner von Sozialwohnungen haben etliche ältere Anwesende gekränkt, wie sie am Rande der Veranstaltung deutlich sagten. "Ich bin dort aufgewachsen; mein Vater war technischer Zeichner bei Siemens und wir waren mehrere Kinder", verwahrte sich eine Frau gegen unterschwelligen Vorwürfe.