Das Votum aus dem SPD-Unterbezirk Bamberg-Forchheim war eindeutig. 77 Genossen hatten sich am Aschermittwoch auf den Weg nach Vilshofen gemacht.
Aussagen zur sozialen Gerechtigkeit im Land erwartete Oswin Leim vom Kanzlerkandidaten der SPD, Martin Schulz, beim Politischen Aschermittwoch in Vilshofen. Der Forchheimer Oberbürgermeister Uwe Kirschstein hoffte auf eine Positionierung zum Thema Europa und der neue Kreisvorsitzende Laurenz Kuhmann aus Kirchehrenbach wollte sich "eine Motivation für den kommenden Wahlkampf" holen.
Enttäuscht wurde keiner: im Gegenteil. "Es war ein politisches Hochamt", bekannte Hans Müller aus Gräfenberg, der mit seinen 80 Jahren zum ersten Mal an einem Politischen Aschermittwoch teilgenommen hat. "Martin Schulz war für mich so überzeugend, dass ich nun sicher bin, dass wir die Bundestagswahl gewinnen werden", zeigte sich Müller zuversichtlich.
Laurenz Kuhmann schwärmte: "Das war eine brillante Rede. Das waren genau die Themen, die die Menschen bewegen." Damit meinte er den Appell von Schulz, dass Menschen Respekt gezollt werden müsse und dass Menschen auch mit Mitte 50 noch weiter qualifiziert werden müssten.
Unheimlich glaubhaft
Neu-Mitglied David Fleischer - eines von 900, die in den letzten Wochen der SPD beigetreten sind - bescheinigte Martin Schulz: "Ich habe noch keine so brillante Rede gehört." Da sei noch einmal ein riesiger Unterschied zum österreichischen Bundeskanzler Christian Kern gewesen, der auch sehr sympathisch rübergekommen sei, der sich aber selbst als "Vorband für Martin Schulz" bezeichnet hatte.
"Schulz wirkte locker und vor allem glaubhaft. Er hat Klartext geredet" findet Fleischer, auch was Erdogan und Trump anbelangt. Ihnen hatte Schulz vorgehalten, dass sie mit ihren Äußerungen "an der Demokratie zündeln". Und das dürfe man sagen, einem Präsidenten ebenso, wie einem Pegida-Demonstranten. Fleischer gefiel auch, dass Schulz seine Europa-Kompetenz unterstrich. Die sei angesichts der Flüchtlingsproblematik - die keine deutsche, sondern eine europäische Herausforderung darstelle - wichtiger denn je
Klare Wortwahl
Die klare Wortwahl "wenn Banken Milliarden bekommen und in den Schulen der Putz von den Wänden bröckelt, ist das nicht gerecht" beeindruckte die Genossen. "Es war alles drin, was eine Aschermittwochsrede braucht", fand Oswin Leim. Dabei habe Schulz nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Florett gekämpft; mit wohl gesetzten Nadelstichen gegen die CDU/CSU, die übereinander statt miteinander rede und "nicht mehr ganz beieinander" sei.
Festzelttauglich
Uwe Kirschstein beurteilte die Rede als bewegend und mitreißend zugleich. "Festzelttauglich", urteilte er. Dem Kanzlerkandidaten sei es gelungen, die Menschen mitzunehmen. Vor allem, weil Schulz die brisanten Themen mit Beispielen aus der Lebenswirklichkeit belegt hatte. Ihm sei es gelungen, sich in einen Mittfünfziger hineinzuversetzen, der für die Pflege seiner Eltern aufkommen muss, gleichzeitig die Ausbildung seiner Kinder finanzieren muss und dessen Arbeitsplatz auf der Kippe steht. Für diese Fälle hatte Schulz die Solidargemeinschaft eingefordert. Politik brauche nicht nur Konzepte, sondern auch Herz und Gefühl. "Das war sehr plastisch", fand Kirschstein.
Fehlentwicklungen eingestanden
Martin Schulz, der im Bierzelt mit Martin-Sprechchören frenetisch gefeiert wurde, habe aber auch offen und ehrlich Fehlentwicklungen eingestanden. Das sei nicht nur mutig, sondern vor allem authentisch und ehrlich gewesen, so Kirschstein. "Würselen ist überall", befand der Forchheimer Oberbürgermeister Kirschstein. Er nahm erfreut zur Kenntnis, dass der ehemalige Bürgermeister dieser 40 000-Einwohner-Stadt nahe Aachen die Probleme der Kommunalpolitik nicht vergessen habe. Schulz habe sie total auf den Punkt gebracht, freute sich Kirschstein angesichts der Forderung nach kostenfreien Kindergärten, Schulen und Universitäten.
MdB Andreas Schwarz fand: "Martin Schulz nimmt die Parteimitglieder mit. Er spricht die Gefühle an und mahnt die Partei, sich um alle Menschen der Gesellschaft zu kümmern." Zudem gelinge es ihm, diese Emotionen auf die Partei zu übertragen. So könne es gelingen, das verlorengegangene Vertrauen der Wähler wieder zurückzugewinnen.