Audienz bei Weltstar Anthony Quinn

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Anthony Quinn (Mitte) mit Sonja Kirchberger und FT-Redakteur Michael Schulbert im August 1995 am Rande der Dreharbeiten auf Schloss Thurn Foto: privat
Anthony Quinn (Mitte) mit Sonja Kirchberger und FT-Redakteur Michael Schulbert im August 1995 am Rande der Dreharbeiten auf Schloss Thurn  Foto: privat

Redakteur Michael Schulbert erlebte Hollywood-Legende Anthony Quinn beim Interviewtermin als bescheidenen und geduldigen Menschen.

Es war ein drückend heißer Hochsommertag, als ich im August 1995 nach Schloss Thurn im Landkreis Forchheim fuhr, um Weltstar Anthony Quinn zu treffen. Es hieß, er gebe keine Interviews, aber ich hatte Glück und fragte einfach zur rechten Zeit an. Ja, Journalisten aus Frankfurt seien heute da, um eine Dokumentation über den Film "Seven Servants" zu machen, den Quinn gerade in Franken drehte; ich könne gleich mit dazu stoßen. Also packte ich Schreibblock, Diktiergerät, Fotoapparat und als Geschenk für den Schauspieler ein Bamberg-Buch aus unserem Verlag ein und düste los.

Im Schlosshof traf ich zunächst auf Schauspielerin Sonja Kirchberger, die einige Jahre vorher mit dem Film "Die Venusfalle" Furore gemacht hatte. Sie wirkte viel zierlicher und zerbrechlicher als auf der Leinwand und kam mir sehr scheu vor. Dann begann die Audienz bei dem Mann, der das Kino der 50er und 60er Jahre mit geprägt, unvergessliche Charaktere geschaffen und zwei Oscars gewonnen hatte. Eine Naturgewalt. Es war sein vorletzter Drehtag und er musste eine schwierige Sterbeszene spielen. "Heut' ist er nicht so gut drauf", flüsterte die Crew. Aber dann erlebten wir einen herzlichen Menschen, der mit Engelsgeduld fast eine Stunde lang unsere Fragen beantwortete mit seiner sonoren, bedächtigen Stimme. Und eine allgemeine Erkenntnis bewahrheitete sich auch hier: Je größer der Ruhm, desto bescheidener und freundlicher der Mensch.

"Seven Servants", der Film über einen Hundertjährigen, der trotz seines Reichtums nie zufrieden ist, lief zwar auf Festivals in Locarno und Berlin, war aber kein Publikumserfolg. Nun würde Anthony Quinn, der gebürtige Mexikaner, der im Film zum "ewigen Griechen" wurde, selbst 100 Jahre alt. In seinen Filmen (und in seinen 13 Kindern) lebt er weiter.