Zwei junge Forchheimer standen wegen einer Schlägerei am Bahnhof vor Gericht. Ein Zeuge wurde so stark eingeschüchtert, dass er nicht aussagen konnte.
Erst nach fast drei Stunden legte der heute 20-Jährige ein Geständnis ab. Vor dem Amtsgericht gab er am Montag zu, vor knapp zwei Jahren einen anderen Jugendlichen am Bahnhof Forchheim geschlagen und getreten zu haben. Auch gestand er, nach der Tat über Handy-Nachrichten einen Zeugen unter Druck gesetzt zu haben. Nach verzwickten drei Stunden Verhandlung stellte Jugendrichter Philipp Förtsch den Prozess gegen den 20-Jährigen und seinen mitangeklagten Cousin gegen Auflagen ein.
Was war passiert? Im November 2015 kam es an der Bahnhofsunterführung zwischen den drei jugendlichen Forchheimern zu einem handgreiflichen Streit. Laut Anklage hätten die beiden Cousins geplant, das damals 17-jährige Opfer anzugreifen. Das Opfer kam mit einer Gruppe Jugendlicher aus Nürnberg mit dem Zug an. Dort liefen sich die Drei über den Weg. Es kam zu einer Rangelei, woraufhin sie eine Unterführungstreppe hinabfielen. Dort hätten der damals 18-jährige Angreifer und sein zwei Jahre jüngerer Cousin auf den am Boden liegenden Jugendlichen eingetreten.
Beleidigungen und Drohungen
Dem älteren Cousin wird außerdem Nötigung vorgeworfen, weil er kurz nach der Tat versuchte, einen Augenzeugen über SMS und Whatsapp zu beeinflussen. Laut Angklageschrift habe er den Zeugen aufgefordert, eine falsche Aussage zu machen. Richter Förtsch las aus einem Chat-Verlauf vor. Der Angeklagte schrieb Beleidigungen und Sätze wie "Machst du die Aussage oder nicht?", "Du sagst es genauso" oder "Stell dich darauf ein, dass du Besuch bekommst."
Der jugendliche Zeuge fühlte sich dadurch massiv bedroht, bestätigte ein Polizeibeamter. Der Zeuge habe mehrmals in der Inspektion angerufen und seine Angst geschildert. Ein Verwandter der Angeklagten sei sogar vor der Haustür des Zeugen erschienen. Auch ein Bild der Mutter des Augenzeugen wurde verschickt. Aufgrund der psychischen Belastung durch die Bedrohungs-Situation musste der jugendliche Zeuge sogar in ärztliche Behandlung. Er konnte er am Montag deshalb auch nicht vor Gericht erscheinen.
Der 20-Jährige bestritt die Drohungen zunächst. "Wir waren einmal Freunde. Ich habe nur gesagt, dass er die richtige Aussage machen soll", so der Angeklagte vor Gericht.
Opfer verschläft die Verhandlung
Die zwei Cousins erinnerten sich an den Streit am Bahnhof. Beide gaben an, dass der Geschädigte sie provoziert und als "Asylanten" beleidigt habe. Die drei Jugendlichen kannten sich. Während der Auseinandersetzung habe das vermeintliche Opfer den jüngeren Cousin gegen den Kopf geschlagen. Der ältere habe "aus Reflex" auch einen Faustschlag ausgeteilt. "Die Zwei wollten Ringen. Ich habe sie umarmt und wir alle drei sind heruntergefallen", sagte er vor Gericht. Er bestritt zunächst, dass er das Opfer danach noch getreten habe.
Auch der Geschädigte war am Montag als Zeuge geladen. Weil er den Termin aber verschlafen hatte, erschien er erst verspätet im Amtsgericht. Er meinte, dass er damals beleidigt wurde. "Als Asylant haben sie mich bezeichnet", sagte der Geschädigte. Die Situation sei unübersichtlich gewesen. Die beiden Cousins hätten ihn aber definitiv geschlagen und getreten. Seit dem Vorfall habe es keinen Kontakt mehr zwischen den Drei gegeben. "Nach einer Zeit habe ich gesagt, er soll keine Bestrafung bekommen", meinte der Geschädigte und fügte hinzu: "Ich habe mit der Sache abgeschlossen."
Die beiden Verteidiger Stefan Kohler und Elmir Cenanovic schlugen daraufhin vor, dass Verfahren im Fall der Körperverletzung einzustellen. Während einer Unterbrechung zogen sich der Jugendrichter, die Verteidiger und der Staatsanwalt zu einem Gespräch zurück.
Einstellung unter Auflagen
Ein Deal wurde ausgehandelt: Das Verfahren gegen den jüngeren Cousin wird eingestellt, unter der Auflage, dass er an einem Anti-Gewalt-Training teilnimmt. Innerhalb von fünf Monaten muss er nun fünf Einzelgespräche bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) absolvieren. Der Ältere hingegen legte das Geständnis ab. Richter Förtsch beschloss, dass der Angeklagte neben dem Anti-Gewalt-Training zusätzlich 1500 Euro Geldauflage zahlen muss, damit die Verhandlung eingestellt wird.
Die Geldauflage entspricht dem monatlichen Nettolohn des Angeklagten. In seinem Plädoyer sagte der Staatsanwalt, dass die Geschehnisse am Bahnhof "etwas diffus" gewesen seien. Viel schwerwiegender sei jedoch die Bedrohung nach der Tat. "So kann man nicht mit Zeugen umgehen. Das muss spürbare Reaktionen geben."
Auch Rechtsanwalt Stefan Kohler stimmte zu: "Die Taten danach hatten eine andere Qualität. Da war Druck da - das haben wir auch eingestanden."