Wieder neun Jahre bis zum Abitur am Gymnasium Höchstadt

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Die Höchstadter Siebtklässler Johanna und Henry gehen unterschiedlich lang zur Schule. Foto: Christian Bauriedel
Die Höchstadter Siebtklässler Johanna und Henry gehen unterschiedlich lang zur Schule.  Foto: Christian Bauriedel
 

An Höchstadts Gymnasium konnten die Eltern zum ersten Mal wählen, ob sie ihr Kind statt in das G8 lieber neun Jahre zur Schule schicken möchten. Das Ergebnis ist eindeutig.

Am Gymnasium in Höchstadt läuft gerade ein Experiment an. Als einziges Gymnasium im Landkreis und als eines von wenigen in Bayern wird im nächsten Jahr die Mittelstufe Plus getestet, bei der die Kinder wieder neun Jahre zur Schule gehen können. Neben dem achtstufigen Gymnasium, das vor einigen Jahren eingeführt wurde. Die Eltern der Kinder, die gerade in der siebten Klasse sind, konnten wählen, was sie für am besten geeignet halten. Im Interview erklären Schulleiter Bernd Lohneiß und Studienrat Kurt Spitzer, der das Projekt betreut, wie die Wahl ausgegangen ist.

Wie haben sich denn Schüler und Eltern entschieden? Für acht oder neun Jahre am Gymnasium?
Bernd Lohneiß: Die Zahlen sind etwa ein Drittel zu zwei Drittel. 91 Schüler haben sich für die Mittelstufe Plus mit einem Jahr mehr entschieden, 43 gehen ins G8. Es handelt sich um eine deutliche Entscheidung und das hatte ich auch so erwartet.

Sie haben damit gerechnet?
Lohneiß: Ja. In Elterngesprächen habe ich immer wieder gehört, dass einfach die Zeit nicht mehr vorhanden ist für außerschulische Aktivitäten. Vielen war der Druck zu hoch. In der Mittelstufe Plus gibt es zum Beispiel weniger verpflichtenden Nachmittagsunterricht. Es gibt mehr Freiraum für private Freizeitgestaltung.

Mehr Zeit für Hobbys war also der Hauptgrund?
Kurt Spitzer: Wir haben die Eltern befragt, warum sie für die neun Jahre sind. Das Argument, mehr Zeit für Auslandsaufenthalte zu haben, hat anscheinend nicht die große Rolle gespielt. Was uns auch überrascht hat, ist, dass auch die Busanbindung in die kleineren Orte nicht so entscheidend war. Kritikpunkt am G8 war mehr Zeit für Sport- und Musikverein zu haben. Entschleunigtes, weniger gehetztes Lernen war entscheidend.
Lohneiß: Wichtig ist, dass die Entscheidung acht oder neun Jahre nichts mit der Note zu tun hat. Wir haben festgestellt, dass sich auch viele Schüler mit sehr guten Noten für die neun Jahre entschieden haben.

Ist die neue Mittelstufe ein Zurückrudern der Politik und das G8 damit gescheitert?
Lohneiß: Gescheitert würde ich nicht sagen. Aber die Gesellschaft fordert diese Schulzeit einfach. Mir wäre es lieber, man hätte auf die Lehrerverbände gehört und deren Vorschlag aufgenommen, generell neun Jahre zu machen. Für die Kinder, die lieber nur acht Jahre lernen wollen, hätte man das G8 als Option anbieten können.

Sie sind eher für neun Jahre bis zum Abitur?
Lohneiß: Ich bin ein Vertreter der neun Jahre. Zwar nicht des alten G9, aber dass einfach die Kinder noch ein Jahr mehr Zeit haben, sich zu entwickeln. Dass manchem Schüler das eine Jahr fehlt, das merkt man zum Teil deutlich.
Wo ist der Unterschied?
Lohneiß: Man merkt es an der Reife. Ob es die geistige oder die körperliche Entwicklung ist oder das Selbstbewusstsein: Dieses eine Jahr vom Kind zum Jugendlichen macht schon viel aus. Die Schüler sind ja oft noch nicht einmal 18, wenn sie an die Uni gehen.

Es gibt 43 Schüler, die das G8 machen werden. Gibt es denn auch hier Vorteile?
Lohneiß: Das G8 hat schon seine Vorzüge. Diese liegen in der individuellen Förderung und den Möglichkeiten der Unterstützung der Schüler. Ob das die Intensivierungsstunden sind oder die Seminare, die auf das wissenschaftliche Arbeiten an der Uni vorbereiten. Man muss schon auch sagen: Viele Schüler kommen ja gut zurecht mit dem G8.
Spitzer: Ich denke, es ist abhängig, welche Jahrgangsstufe man fragt. Zehnt- und Elftklässler, die auf das Ende der Schulzeit zugehen, sagen eher, dass sie nie die neun Jahre gegangen wären. Die Jüngeren, die noch einen längeren Weg vor sich sehen, haben vielleicht mehr Respekt und wollen die Sache eher langsam angehen.

Sie sind gerade die einzige Pilotschule im Landkreis. Wie geht es nun weiter?
Lohneiß: Die Pilotphase läuft zwei Jahre. Dann ist geplant, dass alle Gymnasien es anbieten können, wenn sie wollen.
Spitzer: Die Erfahrungen, die wir mit der Klassenbildung oder eventuellen Problemen machen, tauschen die Projektleiter bei regelmäßigen Treffen aus. Wenn es dann an anderen Gymnasien umgesetzt werden soll, kann man von diesen Erkenntnissen profitieren.

Das Gespräch führte Christian Bauriedel.