Weppersdorfer Kellerwirt ärgert sich über die Bürokratie

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Kellerwirt Josef Utz aus Weppersdorf war bei einer Demonstration in München gegen die Bürokratieflut in der Gastronomie dabei. Foto: Christian Bauriedel
Kellerwirt Josef Utz aus Weppersdorf war bei einer Demonstration in München gegen die Bürokratieflut in der Gastronomie dabei. Foto: Christian Bauriedel

Gastronomen ärgern sich über die gesetzliche Pflicht, die Arbeitszeiten der Angestelltem minutiös zu erfassen. Auch Andreas Utz vom Weppersdorfer Keller schüttelt den Kopf angesichts der Auflagen.

"Die Arbeitsministerin Andrea Nahles kann gerne selber mal kommen und schauen wie es vor Ort ist", sagt Andreas Utz und öffnet den Fensterladen zum Ausschank. Gerade haben sich die ersten Gäste an eine der Bierbänke gesetzt. Noch ist wenig Betrieb auf dem Keller im Wald bei Weppersdorf. Aber bei Sonnenschein und gegen Feierabend kann sich das schnell ändern.

"Überflüssiger Bürokratismus ist das", sagt Utz. Wie viele seiner Kollegen aus der Gastronomie ärgert sich der 41-jährige gelernte Küchenmeister über die gesetzlichen Auflagen. Seit es den Mindestlohn gibt, wird gefordert, die Arbeitszeit aller Mitarbeiter zu erfassen. Egal ob Festangestellte, Teilzeit oder Aushilfen: Vorgeschrieben ist, zu dokumentieren, wann die Arbeit begonnen, wann beendet, wann eine Pause eingelegt wurde und wie lange somit die tatsächliche Arbeitszeit war.

Demo der Wirte in
München

"Der Mindestlohn ist grundsätzlich keine schlechte Sache", sagt Josef Utz, der seinem Sohn das Familiengasthaus vor vier Jahren übergeben hat. Er war am Montag mit dabei, als mehrere tausend Wirte durch die Innenstadt von München gezogen sind. "Man bräuchte ja fast schon alleine einen im Büro. Als Familienbetrieb ist das nicht möglich", sagt Utz.

Die Demonstration der wütenden Wirte wurde organisiert vom Hotel- und Gaststättenverband. Geht es um die Arbeitszeiten, holt Gerhard Engelmann, Geschäftsführer des Verbands im Bezirk Mittelfranken aus: "Es ist ja eine ganze Litanei, die ein Wirt heute festhalten muss." In einem Arbeitsvertrag, egal ob schriftlich oder mündlich, sei doch schon alles geregelt. "Das ist eine Regulierungswut, die unseren Betrieben aufgebürdet wird", sagt Engelmann. Es gehe nicht um den Mindestlohn als solches. Infektionsschutzgesetz, Temperaturen bei Warenein- und ausgang, Alergene auf der Speisekarte: Die Dokumentationspflicht habe nur das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Gastronomie werde "zugeschüttet mit Auflagen."

Bis zu einer Stunde am Tag müsse er sich mit der Bürokratie beschäftigen, sagt Andreas Utz. Er beschäftigt einen Lehrling und drei Festangestellte. Für die Dokumentation nehme er den Vordruck vom Gaststättenverband. Er wolle auf Nummer sicher gehen, dass gesetzlich alles stimmt.

Drakonische Strafen drohen

Denn die Strafen, die drohen, wenn man sich nicht an die Erfassung hält sind drakonisch. Bis zu 30 000 Euro zahlen Wirte, die nicht oder fehlerhaft dokumentieren. Mehrere Hunderttausend können es sein, wenn man den Mindestlohn nicht zahlt. "Der Zoll lässt nicht mit sich spaßen", sagt Utz. Dass er seinen Mitarbeitern schon lange bevor der Mindestlohn eingeführt wurde mehr gezahlt habe, sei für ihn klar. "Die Leute müssen ihr Zeug ja auch bezahlen. Außerdem kriegst du ja sonst keinen." Die Arbeitszeiterfassung aber störe nur beim eigentlichen Geschäft. Und das sind Biere, die gezapft und Schnitzel, die gebraten werden wollen.

Sebastian Wiedemann von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten kann die Wirte nicht nachvollziehen, die sich gegen eine Dokumentation der Arbeitszeit wenden. "Das Arbeitszeitgesetz sieht es schon lange vor, dass dokumentiert wird. Das Argument mit dem Bürokratiemonster ist nur vorgeschoben." In Wahrheit gehe es darum, dass in der Gastro-Branche seit Jahren unentdeckt das Arbeitsgesetz gebrochen werde, so der Gewerkschafter. Zehn Stunden am Tag sind maximal erlaubt. Mit einer "vernünftigen Dienstgestaltung" gehe das durchaus.

Was tun bei einer Hochzeit?

Fragt man Kellerwirt Andreas Utz nach der Maximalzahl der täglichen Arbeitsstunden, schüttelt er mit dem Kopf: "Wenn ich eine Hochzeit habe, die bis zwei Uhr früh feiern will. Soll meine Bedienung dann gehen und ich die Gesellschaft heimschicken?" Mit der Realität von kleinen Betrieben habe das Gesetz nichts zu tun.
Gewerkschafter Wiedemann sieht das anders: "Ich kann den Dienst so einteilen, dass die Hochzeit bis in die Nacht läuft. Es ist nur die Frage ob ich eine oder zwei Personen zur Verfügung habe."

Andreas Utz hat gerade keine Zeit mehr. Es ist Freitagnachmittag und es soll Matjes mit Bratkartoffeln geben. Sein Vater bringt gerade die Fässer in den Felsenkeller. Und der Vorplatz muss auch noch gekehrt werden. Kellerwirt ist eben kein Bürojob.