Wenn Eltern auf dem Schulweg zur Gefahr werden

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Bild mit dem Schild an der Johann-Sebastian-Bach-Straße (Kindertagesstätte St. Michael im Hintergrund)
Bild mit dem Schild an der Johann-Sebastian-Bach-Straße (Kindertagesstätte St. Michael im Hintergrund)

Eltern wollen das Beste für ihr Kind. Die Fahrt zur Schule gehört nicht dazu. Viele schreckt das nicht ab, das Phänomen Elterntaxi wird zum Problem.

Bis vor das Schultor fahren. Kurz anhalten, Türen auf, Kinder raus, wieder wenden. Dieses Szenario spielt sich an vielen Schulen tagtäglich so ab. Schnell beschleicht einen das Gefühl, dass - würden es Mauern nicht verhindern - manche Eltern vor der Fahrt ins Klassenzimmer nicht zurückschrecken würden.
Manchmal ist es praktisch, die Kinder auf dem Weg zur Arbeit an der Schule abzuliefern. Manchmal fährt kein Bus, oder der weite Weg bietet keine andere Möglichkeit. Der häufigste Grund ist jedoch: Angst. Was Eltern als fürsorglich verstehen, stellt sich letztlich als das Gegenteil heraus. Denn die Fahrt im Elterntaxi birgt Risiken - für den Straßenverkehr und die anderen Verkehrsteilnehmer. Eine wissenschaftliche Studie der Bergischen Universität Wuppertal im Auftrag des ADAC befasste sich mit diesem Thema.

Befragt wurden Schüler, Eltern und Lehrer an rund 750 Grundschulen in Nordrhein-Westfalen.
Die Studie ergab, dass Risiken vor allem durch regelwidriges Anhalten und riskante Wendemanöver entstehen können. Das Fazit: Je weniger "Elterntaxis" vor den Schulen Halt machten, desto weniger Gefährdung bestehe.

Auch Höchstadts Polizeichef Jürgen Schmeißer ist dieses Problem bekannt. "Alles Einstellungssache", ist seine Meinung. "Jeder will den besten Parkplatz, möglichst nah am Ziel, möglichst wenig Fußweg." In der großen Masse der Schüler wären es zwar nur einige, die mit dem Auto gebracht würden, aber jedes einzelne Fahrzeug könne ein Fahrzeug zu viel sein.


Kinder werden selbstständig

In Zeiten von hohem Verkehrsaufkommen zu den Bring- und Holzeiten sei es kein abstraktes Risiko, ein Kind anzufahren. Dass es in Höchstadt bisher nur wenige Schulwegunfälle gegeben hat, liege daran, dass die Polizei in dieser Hinsicht engagiert ist. Bereits im Kindergarten werden die Kleinen in einem Schulwegtraining auf die Gefahren vor Ort aufmerksam gemacht. Schließlich habe der Schulweg auch erzieherischen Wert: Die Kinder können dabei nicht nur den sozialen Kontakt mit Freunden und Mitschülern pflegen, sondern auch selbstständiger werden.

So fasse die ADAC-Studie als negativen Effekt der Elterntaxis auf, dass durch regelmäßige Hol- und Bringdienste die selbstständige Mobilität der Kinder mehr und mehr verloren gehe.

Die Beweggründe der "Helikopter-Eltern" werden in einer Elternbefragung des ADAC an 14 Grundschulen in 13 Städten in Nordrhein-Westfalen deutlich. Knapp 60 Prozent der Mütter und Väter gaben an, dass sie ihr Kind durch das Elterntaxi vor Belästigungen schützen wollen. Ebenfalls hoch im Kurs lagen die Motive "Rad- und Fußweg sind zu gefährlich", "Schutz vor Witterung" und "Schutz vor Verkehrsunfällen". Zusammenfassend: Schutz vor Gefahr und Bedrohung. Dass die Gefahr gerade durch die Elterntaxis entsteht, wenn sie direkt vor dem Schultor halten und zusammen mit Bussen und Schülern unübersichtliche Verkehrssituationen verursachen, übersehen viele. Problemstellen in Höchstadt sind zum Beispiel laut Schmeißer an der Rothenburger Straße und an der Schwedenschanze. An der Realschule hielten beispielsweise einige Eltern aus Richtung Lonnerstadt am Fahrbahnrand. Das führe dazu, dass die Kinder die Fahrbahn überqueren müssen.


Eltern-Park-Zonen

Bernd Lohneiß, Schulleiter des Gymnasiums, hat keine solche Erfahrungen gemacht. "Die meisten unserer Schüler kommen zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Bus." Nur vereinzelt gebe es Eltern, die direkt vor der Schule halten. Das Gleiche an der Ritter-von-Spix-Mittelschule: "Nur in Ausnahmefällen werden die Schüler mit dem Auto gebracht, etwa bei Verletzungen. Gewohnheit ist das bei den meisten nicht", sagt Schulleiter Michael Ulbrich.

Nichtsdestotrotz - welche Lösungen gibt es, um das Phänomen der Elterntaxis einzudämmen? Der ADAC spricht von gesonderten Haltestellen, auch Kiss-and-Ride-Zonen genannt. Diese sollen etwa 250 Meter vom Schuleingang entfernt liegen und den Verkehr unmittelbar vor der Schule entzerren. Küsschen und ab? Wäre das Problem dadurch wirklich gelöst oder doch nur verlagert?
An der Grundschule Höchstadt-Süd ist ein ähnliches Konzept im Gespräch. "Die Grundschule hatte die Idee, Parkzonen ein stückweit vor der Schule anzulegen. So müssten die Schüler immerhin einige Hundert Meter zwischen Fahrzeug und Schulbank zurücklegen", sagt Polizeichef Schmeißer.
"Was wir tun können, ist, den Eltern die Gefahren vor Augen zu führen und dadurch ihre Einstellung zu ändern." Dieser Meinung ist auch Rosmarie Wagner, Schulleiterin der Anton-Wölker-Grundschule. "Wir müssen an die Vernunft appellieren", sagt sie. Eine andere Lösung hat die Kindertagesstätte St. Michael gefunden.
Dort haben der Träger und Dekan Kilian Kemmer dafür gesorgt, dass eine Einbahnstraße eingerichtet wird. Wo vorher blankes Chaos durch beidseitig parkende Autos und zweiseitigen Verkehr herrschte, geht es heute in geordneten Bahnen zu.
Daniela Bätz, stellvertrende Leiterin der Tagesstätte, ist dankbar dafür. "Zu den Stoßzeiten ist immer noch viel los, aber das ist kein Vergleich zu vorher." Das Problem Elterntaxi ist hier natürlich aus einer anderen Perspektive zu betrachten, denn die Kinder sind schlicht und einfach zu klein, um den Weg alleine zu meistern.
Nicht so die Älteren. Die, die auch heute um acht Uhr wieder bequem im Elterntaxi bis vor die Türe kutschiert und um 13 Uhr von ihren "Helikopter-Eltern" wohlbehalten von dort abgeholt werden.