Das Vokalensemble VIP aus Dresden gastierte am vergangenen Samstag im Kellergewölbe des Höchstadter Schlosses vor begeistertem Publikum.
"Ein bewegendes Konzert, technisch blitzsauber, nicht gekünstelt!" So schwärmte Klaus-Dieter Stolper vom Veranstalter pro musica am Ende des musikalischen Genussabends mit einem A-capella-Ensemble im Höchstadter Schlosskeller.
Sehr wichtig oder eher paradiesisch? "The long day closes - Der lange Tag endet" ist eines der bekanntesten englischen Abendlieder von Arthur Sullivan (1842-1900). Die sechs Vokalisten aus Dresden - Martin Neumann, Christian Lutz, Marc Reinhard, Matthias Rabe, Stephan Becker und Johannes Bachmann - hatten dem Konzert diese Überschrift gegeben. Ihr Name, VIP, ist nicht unbedingt das, was man zuerst denkt: Die Abkürzung für "Very Important Person - Sehr wichtige Person". Obwohl auch diese Vokabel passen würde. VIP könnte "Voces in Paradiso" (Stimmen im Paradies) oder "Venit In Praesepio" (Er kam in einen Stall) heißen. Diese Deutungen sind die Titel der beiden CDs der Gruppe. Und paradiesische Stimmen haben die sechs jungen Sänger zwischen 22 und 26 Jahren wirklich.
"Die ursprüngliche Besetzung hatte sich 2003 zusammengefunden", berichtet Martin Neumann, dem die Leitung des Ensembles obliegt. "Wir waren bereits durch den Dresdner Kreuzchor eng miteinander befreundet und spielten damals bei einer Chorfreizeit einen Sketch vor den versammelten Chorkollegen", erinnert er sich.
Anspruchsvolles Hobby "Dies schweißte uns so sehr zusammen, dass wir in derselben Besetzung weiterhin kleine Projekte durchführten." In kürzester Zeit widmeten sich die Männder dann ausschließlich dem Gesang. Allerdings wechselte die Besetzung im Lauf der Jahre häufig: Von den Gründungsmitgliedern sind heute noch drei dabei. "Eigentlich wären wir acht Sänger, aber die zwei neuen Kollegen, die seit Jahresbeginn mitmachen, müssen noch eingearbeitet werden", erklärt der Leiter der Gruppe. Mittlerweile geben die Vokalisten im Durchschnitt 40 Konzerte im Jahr - im In- und Ausland. "Aber wir alle betreiben den Gesang nebenberuflich und studieren oder arbeiten in ganz anderen Fachrichtungen - größtenteils im technischen Bereich." Musik ist und bleibt ihr anspruchsvolles Hobby.
Ein stimmiges Programm Die Zuhörer in Höchstadt konnten ein wohl durchdachtes, stimmiges Programm genießen. "Wir singen passend zum Kirchenjahr im ersten Teil trauernde Musik zur Passionszeit aus Renaissance und Romantik, umrahmt von den einzelnen Teilen einer recht alten Vertonung der ,Klagelieder des Jeremias'", erklärte Matthias Rabe, der in seiner natürlichen Art durchs Konzert führte. Vier kleine Gebete, vertont von Francis Poulenc, erklangen und das Spiritual "Joshua fit the battle of Jericho" beendete den ersten Teil des Abends. Ganz benommen von dem Gehörten begaben sich die Zuhörer in die Pause.
"Es war schön, großartig!", hörte man da schon die Besucher schwärmen. "Ich musste ab und zu die Augen schließen, um den Wohlklang ganz tief in mich aufzunehmen", versuchte eine andere Konzertbesucherin ihre Gefühle auszudrücken. "Eine super Ausstrahlung haben diese sechs jungen Leute", schwärmte Klaus Dieter-Stolper in der Pause. "Man spürte in diesem ernsten Teil eine atemlose Stille und ein geistliches Klima", analysierte er weiter.
Nach der Pause erklang Musik der Romantik und des frühen 20. Jahrhunderts. Englische Songs, wie das titelgebende Lied "The long days closes" sowie heitere Werke von Schumann, Saint-Saens erfüllten das Kellergewölbe. Den Abschluss bildete A-capella-Pop mit dem bekannten Song von Billy Joel "The longest time" und "Crazy little thing called love" von Freddy Mercury.
Eine große Herausforderung "Es ist durchaus eine Herausforderung für uns, in zwei Programmteilen einen Bogen über die vielen Stile und Epochen zu spannen und trotzdem jedem Werk für sich gerecht zu werden", erklärt Martin Neumann im Interview. Die jungen Sänger schafften dies bravourös. Mit einer bewundernswerten Selbstverständlichkeit wechselten sie die verschiedenen musikalischen Stile. "Man merkt, dass sie ausgebildete Stimmen haben, super harmonieren und hervorragend aufeinander eingesungen sind", lobte Georg Schlee, Lehrer am Gymnasium Höchstadt - und als Sänger und Leiter der Vokalgruppe Quindici weiß er, wovon er spricht. "Die Akustik hier ist zwar etwas trocken, aber besser als die in der Fortuna. Es hallt nichts nach trotzdem würde das Gewölbe keinen Fehler verzeihen", fügte er bewundernd an.
Begeistertes Publikum Ein nicht enden wollender Applaus überzeugte die sechs jungen, sympathischen Männer schließlich, noch weiter zu singen. "Ihre Gier und Unersättlichkeit ist so groß, dass wir Ihnen noch eine zweite Zugabe schenken", sagte Matthias Rabe schelmisch. Nach dem Lied "Die Rose", der Vertonung eines englischen Liedes, erklang dann wirklich als letztes Lied der Song der Prinzen vom "Mann im Mond". Noch am Abend zog die Gruppe weiter nach Apolda nahe Weimar, wo am Sonntag wieder die paradiesischen Stimmen von VIP in einem Konzert zu hören sind.