Der Radlerclub Hemhofen kümmert sich darum, dass die alten Kerwasbräuche im Ort nicht in Vergessenheit geraten. Dazu gehören neben dem Baumaufstellen unter anderem auch das Raustanzen und das Küchlizammspieln.
Ja was ist nun der Radlerclub Hemhofen? Es sind die Kerwasburschen von früher und von heute, und sie haben weder etwas mit Fahrradfahren zu tun noch mit dem Mischgetränk aus Bier und Limonade.
Kerwa und Kerwasburschen gab es natürlich schon weit vor 1965. Nach Erzählungen wurden in Hemhofen bis zu vier Kerwasbäume aufgestellt: bei der Longutsgunda, beim Wersal (Brauhaus), privat und bei der Mary (Gasthaus zum Schwan). Früher hießen sie auch die "Rehbocksburschen". Im Jahr 1965 gründete sich dann daraus der Radlerclub.
Warum Radlerclub? "Nach Gesprächen mit den älteren Mitgliedern konnte abgeleitet werden, dass in unserem Vereinslokal früher hinten im Saal immer Radball gespielt wurde.
Daher auch wahrscheinlich der Name Radlerclub", erzählt Vorsitzender Michael Ullmann, der 2010 seinen Vorgänger Heinz Sapper abgelöst hat.
Die fünfte Jahreszeit
"Die Kerwa ist unser Hauptanliegen, das Aufstellen des Kerwasbaumes unser Ziel. Die Kerwa ist unsere fünfte Jahreszeit", erklärt der Vorsitzende weiter. Eine Kerwa beginnt aber für die Radler nicht mit dem Bieranstich. Nein, die Mitglieder bzw. die Kerwasburschen treffen sich bereits im Februar zu den ersten Sitzungen. Die Kerwasburschen sind zwar fast alle auch im Verein, aber sie entscheiden eigenständig. Das heißt, der Radlerclub mischt sich nicht ein, steht aber beratend und hilfreich zur Seite.
Laut Ullmann ist es keine Seltenheit, dass beim Baumholen im Wald rund 50 Leute dabei sind: die Alten (Kerwasburschen), der Baumfäller, der Batzn Geo, und sogar ein Arzt, das Mitglied Christian Köhler, ist immer mit
vor Ort. Die Zeckerner Musikanten seien ein großer Partner geworden und unterstützen die Radler und die Kerwasburschen beim Baumreinspielen, beim Küchlizammspieln am Sonntag und am Montag beim Raustanzen. Am Dienstag ist dann immer noch das Kraken (krummer Bam) Aufstellen. Dazu fährt man wieder in den Wald und sucht einen krummen Baum und etwas Müll. Anschließend geht's in verschiedene Wirtschaften, wo es Freibier und auch etwas zu essen gibt. Es ist auch schon mal vorgekommen, dass einer einen Salto vom Tisch gemacht hat vor lauter Glückseligkeit.
Stodlkerwa und Dorffest
Der Verein stellt aber nicht nur den Kerwasbaum auf. Nein, er hat sich dazu verpflichtet, für die Brauchtumspflege in Hemhofen zu sorgen. Die Stodlkerwa war und ist immer noch legendär.
Erst in der Reihendorfer Scheune, dann für ein Jahr auf dem "Russn Helmut" seiner Wiese, ein Jahr später auf der "Ullmanns-Ranch" und seit diesem Jahr in und an der Schafscheune. Die Radler hoffen sehr, dass sie den letzten Standort auch in Zukunft behalten dürfen. Die Atmosphäre dort sei wirklich schön: die alte Schafscheune und zwischen den Obstbäumen die Bänke aufgestellt. Auch am Dorffest nimmt der Club schon seit vielen Jahren teil. Immer wenn kein anderer Verein das Festzelt bewirtschaften möchte, machen es die Radler sehr gerne - die letzten Jahre mit dem TSV Hemhofen zusammen. Beim Gang zum Kriegerdenkmal im November sind sie immer dabei und gedenken ihrer verstorbenen Mitglieder.
Natürlich waren auch ein paar Rückschläge in den Vereinsaktivitäten zu verkraften.
Der Rosenmontagsball, das Schlachtfest und die Ausflüge mussten aus wirtschaftlichen Gründen gestrichen werden, was alle sehr bedauern.
Das Vereinslokal der Radler ist und bleibt die Mary, also der Goldene Schwan. "Unsere Mary bewirtschaftete uns über viele Jahrzehnte sehr gut. Seit Anfang des Jahres ist sie in den wohlverdienten Ruhestand gegangen und seit Mai 2015 haben Stefan und Nadine Geist den Goldenen Schwan übernommen. Wir danken allen Beteiligten, dass wir auf diese Weise unser Vereinslokal nicht verlieren. Und wir hoffen, dass das auch bleibt", sagt Ullmann.
Gleich zwei Urgesteine findet man beim Radlerclub: Karl Bauerreis (83) und Adam Kittler (71) - beide Gründungsmitglieder des Vereins. "Aus den Kerwaburschen, die es schon vor dem Krieg gab, ist der Verein entstanden.
Zuerst der Rehbocksclub, weil der Vereinswirt im Garten einen Rehbock hatte", erzählt Karl Bauerreis.
"Ich weiß noch, wie damals im Jahr 1958 die Rehbocksburschen bei der Kerwa die Baamspitzn von einem anderen Baum in Hemhofen abgschnitten ham", so Adam Kittler. Damals habe es ein bisschen Ärger gegeben, und am Kerwadienstag hatten die Burschen die "Kupfn" (die Spitze) dann beim Rehbock mit viel Tamtam und Musik aufgestellt.
Gern erinnert sich Bauerreis an die vielen Ausflüge deutschlandweit und auch nach Österreich. "Die warn alla schön!" Auch die Rosenmontagsbälle seien einfach super gewesen. Weil es damals (1964) einige Schwierigkeiten wegen der Rosenmontagsbälle gegeben habe, sei dann der Radlerclub gegründet worden.
Karl Bauerreis war 46 Jahre lang Schriftführer und Adam Kittler war die "Allzweckwaffe", das heißt Mädchen für alles oder Allrounder.
"Wenn's Arbeit gegeben hat, da war der Adam immer an vorderster Front", berichtet Bauerreis. Die ersten eigenen Kerwas (Reihendorfer Kerwa) seien in der Winkler-von-Mohrenfels-Scheune in Reihendorf abgehalten worden, erinnert sich wiederum Kittler. Das jüngste Fest war das 50. Jubiläum Ende Oktober dieses Jahres, das die Vorstandschaft hervorragend gemeistert habe.