Bei Adidas ist es schon lange selbstverständlich, in vielen anderen Unternehmen noch immer die Ausnahme: Jetzt sollen gesetzliche Vorgaben dafür sorgen, dass der weibliche Anteil an der Spitze von 108 großen deutschen Firmen wächst.
Es ist nicht einfach mit den erfolgreichen Frauen. Es gibt sie schon, auch ohne Quote, aber sie sind ganz schwer zu erreichen, eben weil sie so erfolgreich sind. Bei Adidas sind das zum Beispiel die Aufsichtsratsmitglieder Kathrin Menges, Vorstandsmitglied bei der Henkel AG in Düsseldorf, oder Katja Kraus, frühere Fußball-Nationalspielerin und jetzt Geschäftsführende Gesellschafterin der Jung von Matt Sports Group in Hamburg.
Adidas ist die Ausnahme. Der fränkische Sportartikelriese gehört zu den Unternehmen, die die vom Gesetzgeber in Berlin geforderte Frauenquote bereits erfüllen: Vier von zwölf Posten im Aufsichtsrat sind mit Frauen besetzt; neben Menges und Kraus sind das die Betriebsrätinen Sabine Bauer und Heidi Thaler-Veh. "Das kollegiale Miteinander von Männern und Frauen gehört bei Adidas schon immer zur Unternehmenskultur", sagt Thaler-Veh.
Die Betriebsrätin im Versandzentrum in Uffenheim muss es wissen; sie war die erste "Quotenfrau" bei Adidas, und zwar zu einer Zeit, als eine Frauenquote noch gar kein Thema war. "Ich bin seit 25 Jahren dabei", sagt die Arbeitnehmervertreterin. Ein Männer-Frauen-Problem habe es nie gegeben. "Es zählt, dass wir gemeinsam erreichen, und da bringt sich jeder ein, völlig egal ob Männlein oder Weiblein".
Zur jetzt auf den Weg gebrachten gesetzlichen Frauenquote hat Thaler-Veh eine differenzierte Meinung. "Ich bin immer skeptisch, wenn etwas in Stein gemeißelt und gesetzlich festgelegt werden muss, was sich auch anders und flexibel lösen lässt", sagt sie. Gerade in der freien Wirtschaft mit ihrer hohen Dynamik sei Regulierung eher schädlich als nützlich.
Auf der anderen Seite sei es unübersehbar, dass es Frauen nach wie vor sehr viel schwerer haben als Männer, in führende Positionen zu kommen. "Gut, viele Frauen wollen das gar nicht, aber die Ungleichbehandlung etwa auch bei der Bezahlung ist ja nicht zu übersehen", sagt die Betriebsrätin. Sie hofft, dass das Quotengesetz eine gesellschaftliche Veränderung anschiebt, dass sich mehr Frauen "trauen", Führungspositionen zu übernehmen. "Vielleicht haben wir ja schon in ein paar Jahren die erste Frau im Vorstand. Schlecht wär's nicht", sagt Thaler-Veh. Und gut sei in jedem Fall, dass jetzt über Frauen und ihre Rolle in der Wirtschaft geredet wird. Adidas steht mit einer Frauenquote von 33 Prozent im Aufsichtsrat vorbildlich da.
Alleine unter Männern Andere fränkische Unternehmen, die unter die Quoten-Vorgabe fallen, müssen noch aufholen. So sitzt bei den Nürnberger Versicherungen nur eine Frau im zwölfköpfigen Aufsichtsrat. Eine Ein-Frau-Show ist auch der Aufsichtsrat beim Druckmaschinenhersteller König & Bauer in Würzburg. Vier Frauen haben es in den 20-köpfigen Aufsichtsrat bei Siemens geschafft.
Die Führungsetagen in deutschen Großunternehmen werden weiblicher. Nach der Verständigung im Koalitionsausschuss von Union und SPD über letzte strittige Punkte soll der Gesetzentwurf zur Frauenquote am 11. Dezember vom Kabinett verabschiedet werden. Das neue Gesetz baut auf drei Säulen:
Welche Unternehmen sind betroffen? Bei Neuwahl von Aufsichtsräten voll mitbestimmungspflichtiger sowie börsennotierter Unternehmen gilt ab 2016 eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent. Betroffen sind davon 108 Großunternehmen mit jeweils über 2000 Mitarbeitern sowie zusätzlich sechs Konzerne, die nach europäischem Recht (SE) organisiert sind - wie etwa die Allianz, der Axel Springer-Verlag oder die BASF.
Die Quote wird erstmals wirksam bei Nachbesetzungen, später dann bei turnusgemäßer Neuwahl des gesamten Aufsichtsrates. Wird die Quote nicht erreicht, bleiben die entsprechenden Stühle im Aufsichtsrat frei. Ausnahmen oder eine Härtefallregelung gibt es für diese Unternehmen nicht.
Rund 3500 börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen werden bereits ab 2015 verpflichtet, sich auf verbindliche Zielgrößen für die Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, Vorstand und in den obersten Management-Ebenen festzulegen. Die Zielgröße muss höher sein als der Ist-Zustand. Die ersten Zielgrößen müssen noch innerhalb dieser Wahlperiode (bis 2017) erreicht werden und dürfen nicht nachträglich gesenkt werden.
Über die Entwicklung ist nach der ersten Bestandsaufnahme 2017 künftig alle fünf Jahre zu berichten - und zwar im regulären Lagebericht laut Handelsgesetzbuch. Sanktionen bei einem Rückfall unter die bisherige Frauenquote sind nicht vorgesehen.
Die Koalition setzt hier auf öffentlichen Druck. Unter diese Regelung fallen Großunternehmen, die der Mitbestimmungspflicht unterliegen, aber auch kleinere Unternehmen ab 500 Mitarbeitern, sofern sie börsennotiert sind.
3. Die Quote sowie die Regelungen zur Frauenförderung gelten auch für öffentliche Unternehmen des Bundes (wie etwa die Bahn) und auch für Mandatswahlen zu Aufsichts- oder Entscheidungsgremien im Einflussbereich des Bundes. Dazu muss das Bundesgleichstellungsgesetz wie auch das Gremienbesetzungsgesetz des Bundes geändert werden.